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Umgang mit Wahrscheinlichkeit: Forscher streiten, ob der Mensch überhaupt vernünftig entscheiden kann

Risikoanalysen geben immer eine Wahrscheinlichkeit dafür an, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt. Ob wir Menschen überhaupt mit solchen „krummen“ Zahlen zurechtkommen, ist umstritten.

Risikoanalysen geben immer eine Wahrscheinlichkeit dafür an, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt. Ob wir Menschen überhaupt mit solchen „krummen“ Zahlen zurechtkommen, ist umstritten.

Für Gerd Gigerenzer, Direktor des Berliner Harding Center for Risk Literacy, steht das außer Frage. Er sieht das Problem an anderer Stelle: „In den Industrieländern kann fast jeder lesen und schreiben, aber den Umgang mit Risiken und Unsicherheiten in dieser technischen Welt hat fast keiner gelernt.“ Er fordert, dass bereits Grundschüler mit Wahrscheinlichkeiten vertraut gemacht werden. „Geometrie und Trigonometrie sind schöne Teilgebiete der Mathematik, doch nach dem Ende der Schulzeit nützen sie uns weitaus weniger als statistisches Denken“, sagt Gigerenzer. Sonst hätte es kaum so viel Aufregung um die Schweinegrippe gegeben, die zu keiner Zeit mehr Opfer forderte als die saisonale Influenza oder der Straßenverkehr. Er ist überzeugt, dass man den Umgang mit Wahrscheinlichkeiten lernen und vernünftig eigene Entscheidungen treffen kann.

Andere Forscher sind wesentlich skeptischer. Sie argumentieren, dass bei der Entscheidungsfindung zwei Systeme miteinander konkurrieren. Zum einen das instinktive. Es ist automatisiert, schnell und vor allem in Situationen nützlich, die sofort Entschlüsse fordern. Etwa bei der Frage, ob man auf einem vollen Bürgersteig nach links oder rechts ausweicht. Das zweite System basiert auf rationalen Überlegungen und agiert vor allem in ruhigen Momenten. Etwa beim Bewerten von Sparmaßnahmen in einem Unternehmen.

Doch oft setzt sich das erste System durch. Und zwar ohne, dass man es merkt. Das zeigt folgendes Beispiel: Ein Plüschtier und ein Ball kosten zusammen 1 Dollar 10, das Tier einen Dollar mehr als der Ball. Was kostet der Ball allein? In einer großen Studie mit 3500 Universitätsangehörigen in den USA nannte weniger als die Hälfte die richtige Antwort (5 Cent). Die Intuition sagt wohl den meisten, es seien 10 Cent und nur selten ist rationale System – einfach nachrechnen – stark genug. nes

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