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Umstrittene Broschüre des Umweltbundesamtes: Klima der Konfrontation

Eine Bundesbehörde nennt in einer Publikation "Klimawandelskeptiker" namentlich. Eine Grenzüberschreitung? Die Diskussion darüber flammte jetzt wieder auf - und gibt einen Vorgeschmack auf Ende September. Dann erscheint der erste Teil des neuen IPCC-Berichts.

Darf eine Behörde Journalisten öffentlich vorführen, die etwas anderes schreiben als das, was als breiter Konsens gilt? Diese Diskussion wurde im Mai hitzig geführt, nachdem das Umweltbundesamt (Uba) in der Broschüre „Und sie erwärmt sich doch“ fünf Publizisten unter der Überschrift „Klimawandelskeptiker in Deutschland“ namentlich aufzählte. Nun, vier Wochen vor dem neuen Sachstandsbericht des Weltklimarates, flammte der Disput wieder auf, bei einer Veranstaltung der Wissenschaftspressekonferenz in Berlin. Die Vereinigung von Fachjournalisten hatte, wie auch der Deutsche Journalistenverband, das Uba kritisiert.

Am Donnerstagabend stellte sich der Uba-Pressesprecher Martin Ittershagen der Diskussion und verteidigte die Broschüre. Sie beantwortet auf den ersten knapp hundert Seiten typische kritische Fragen wie „Ist der vulkanische CO2-Ausstoß nicht bedeutender als der des Menschen?“. Dann folgt ein weiterer Teil, in dem unter anderem Michael Miersch und Dirk Maxeiner als „Klimaskeptiker“ benannt werden. „Wir wollten keinen Journalisten vorführen“, sagte Ittershagen. „Das ist vom mittelalterlichen Pranger sehr weit entfernt.“

Das sähen viele Kollegen anders, entgegnete Sven Titz, freier Wissenschaftsautor (unter anderem für den Tagesspiegel). „Es ist völlig in Ordnung, bei falschen Darstellungen die Fehler konkret zu benennen.“ Etwa durch Leserbriefe, E-Mails oder eigene Beiträge. „Aber es steht einer Behörde nicht gut an, gewissermaßen von Amts wegen festzustellen, dass ein Journalist nicht den richtigen Stand der Wissenschaft wiedergibt.“ In der Tat seien die Äußerungen der betroffenen Journalisten, etwa zum angeblich großen Einfluss der Sonne auf das Klimageschehen, fragwürdig. Doch diese Spannung müsse eine Behörde aushalten.

Im Publikum jedoch wurde der Schritt des Uba, die Namen der Autoren zu nennen, eher verteidigt. Sie würden selbst die Provokation suchen und sollten sich nun nicht so zimperlich haben, so der Tenor. Und wie es denn überhaupt dazu komme, dass Minderheitenmeinungen so viel Platz in den Medien erhielten? „Weil diese so funktionieren“, antwortete Christopher Schrader vom Wissen-Ressort der „Süddeutschen Zeitung“. Journalisten neigten dazu, Dinge „gegen den Strich zu bürsten“, weshalb marginale, aber provokante Meinungen verhältnismäßig mehr Raum bekämen. Es war offensichtlich, dass dieses Phänomen ihn persönlich eher unglücklich machte. Doch auch er verwies darauf, dass es in Klimafragen keine letztgültige Wahrheit gibt. „Alle wissenschaftlichen Fakten sind auf einem gewissen Niveau unsicher, selbst Einsteins Relativitätstheorie.“

Ob das Uba bei der nächsten Broschüre genauso verfahre, ließ Ittershagen vorerst offen: „Hinterher ist man immer schlauer.“

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