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Altlast. Der größte Teil des Kunststoffs lagert auf Halden.

© J. Jambeck/Univ. of Georgia

Umweltschutz: Die Plastikflut schwillt an

Der größte Teil der 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoffe ist längst Müll.

Kunststoffe gibt es erst seit einem Jahrhundert. Seit rund 70 Jahren werden sie in größeren Mengen produziert und prägen der Erde zunehmend ihren Stempel auf. 8,3 Milliarden Tonnen Plastik wurden seither insgesamt produziert, berichten Roland Geyer von der Universität von Kalifornien in Santa Barbara und seine Kollegen im Fachblatt „Science Advances“. Der weitaus größte Teil davon lagert nach einer nur kurzen Verwendung auf Deponien oder in der Umwelt. Dort können Kunststoffe erhebliche Probleme bereiten, weil sie kaum abgebaut werden.

Die Hälfte aller Plastikproduktion stammt aus den letzten 13 Jahren

Während andere Massenprodukte wie Zement mit einer Jahresproduktion von 4,1 Milliarden Tonnen und Stahl mit 1,6 Milliarden Tonnen für Konstruktionen verwendet werden, die lange genutzt werden, sind Kunststoffe häufig Verpackungsmaterial. Bei diesem wiederum ging der Trend in den letzten Jahrzehnten zur einmaligen Verwendung als Blister oder Plastiktüte, die anschließend im Müll landet. Wird das Plastik nicht in einer Müllverbrennungsanlage verheizt oder recycelt, sammelt es sich dort immer weiter an.

„Mich hat besonders der rasche Anstieg der Plastikproduktion überrascht“, berichtet der Studienautor Geyer. Von den 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoffe stammt die Hälfte aus den letzten 13 Jahren. 1950 wurden gerade einmal zwei Millionen Tonnen Plastik im Jahr produziert, 2015 waren es bereits 407 Millionen Tonnen.

4,9 Milliarden Tonnen des Plastiks sind längst außer Betrieb und irgendwie in einer Deponie oder direkt in der Umwelt gelandet. Weil Kunststoffe häufig als Mischungen anfallen und nur schwer getrennt werden können, wurden bisher gerade einmal 600 Millionen Tonnen recycelt. Da 90 Prozent davon bereits nach einer Wiederverwendungsrunde endgültig entsorgt werden, fällt diese Menge allerdings nicht allzu stark ins Gewicht. Am höchsten sind die Recyclingraten mit 30 Prozent in Europa, China kommt mit 25 Prozent nicht weit dahinter, während die USA mit einer Wiederverwendungsquote von neun Prozent hinten liegen.

Europa verbrennt am meisten Plastik

Weitere 800 Millionen Tonnen Kunststoffe wurden verbrannt. Erneut stehen die Europäer mit 40 Prozent an der Spitze, China erreicht immerhin 30 Prozent. Die USA melden gerade einmal 16 Prozent. Insgesamt sind damit in Müllverbrennungsanlagen nicht einmal zehn Prozent des Plastiks aus dem Kreislauf ausgeschieden, während der übergroße Rest entweder mit rund 2,6 Milliarden Tonnen noch in Gebrauch ist oder sich als Müll in Deponien und der Umwelt sammelt. „Da stellt sich die Frage, ob das besonders nachhaltig ist“, sagt Geyer.

Immerhin steigen die Raten für das Recycling und Verbrennen in vielen Ländern an. Setzen diese Trends sich fort, dürften bis 2050 insgesamt 34 Milliarden Tonnen Kunststoffe produziert werden. Davon könnten neun Milliarden Tonnen recycelt, zwölf Milliarden Tonnen verbrannt und weitere zwölf Milliarden Tonnen in Deponien und in der Umwelt gelandet sein, schätzen die Forscher. Die Plastikflut dürfte demnach weiter wachsen.

In der Umwelt bleiben die Kunststoffe anscheinend jahrhundertelang erhalten und können Schaden anrichten. In den Meeren nehmen viele Organismen von Schildkröten und Walen bis zu Muscheln und Schnecken dieses Plastik auf, etliche von ihnen sterben daran. Die Auswirkungen an Land sind dagegen bisher kaum untersucht. „Im Prinzip machen wir ein gigantisches Experiment auf dem gesamten Planeten“, sagt Geyer.

Plastikproblem nur mit Maßnahmenbündel lösbar

Mit ihren Daten zur Plastikflut weisen die Forscher auf ein Riesenproblem hin, für das es wahrscheinlich keine einzelne Lösung gibt. „Vermutlich brauchen wir ein ganzes Bündel von Maßnahmen“, sagt Geyer. Dazu gehören geringere Produktionszahlen und höhere Recycling-Quoten. Klassische Kunststoffe können durch nachhaltigere Produkte ersetzt und die Müllverbrennung dürfte weiter ausgebaut werden. Und etliche Kunststoffprodukte sollten länger als bisher verwendet werden.

Auch die kommenden Jahrzehnte dürften also zum Plastik-Zeitalter gehören. Die Verwendung der Kunststoffe aber wird sich verändern.

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