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Universität La Sapienz: Papst gegen Uni

Ratzinger weicht dem Studentenprotest in Rom

„Ein Riesensieg für die Freiheit der Wissenschaft!“, schreien die einen; „eine Blamage Italiens“, meinen die anderen. Nach anhaltenden Störmanövern hat Papst Benedikt XVI. seinen für heute geplanten Besuch an der römischen Universität La Sapienza abgesagt.

Renato Guarini, Rektor der mit 135000 Studenten größten Uni Europas, hatte den Papst eingeladen, zur Eröffnung des Akademischen Jahrs über die Todesstrafe zu sprechen. Doch dann protestierten 67 emeritierte Physikprofessoren. „Papa Ratzinger“ sei untragbar, weil er vor 17 Jahren den Inquisitionsprozess gegen Galileo Galilei „vernünftig und gerecht“ genannt habe. Linksradikale Studenten formten den Protest zum Volksfest um; riefen – bei Spanferkel und Süßwein – eine „antiklerikale Woche“ aus.

Aktionsgruppen kündigten an, zum Protest am Eingang zur Uni ein „Sit-in“ zu veranstalten – unter der Bronzestatue der Minerva. Die antike Göttin der Weisheit sei, so die Studenten, das „Symbol der freien Wissenschaft“. Absurder ging es nicht. Denn es waren Mussolinis Faschisten, die diese Statue aufgestellt hatten. Und wie der Faschismus mit der „freien“ Wissenschaft umgegangen war, hätten die Studenten durchaus erfahren können. Aber so genau wollten sie es gar nicht wissen.

Und die Professoren hatten falsch zitiert: Ratzingers halber Satz zu Galilei gab nicht seine Meinung wieder, sondern war ein Zitat des Wissenschaftstheoretikers Paul Feyerabend. Außerdem hat der Vatikan, gerade unter Ratzingers Federführung, den vor 375 Jahren verurteilten Galilei längst rehabilitiert.

Umsonst wandten Politiker und Wissenschaftler ein, Wesen der Universität sei der „universale, freie Gedankenaustausch“. Umsonst machten sich selbst linke Denker wie der Philosoph Massimo Cacciari für das „demokratische Grundrecht auf Redefreiheit“ stark. Gelte nicht für den Papst, konterte Studentenführer Francesco Raparelli. „Ein Papst äußert keine Meinungen, er gibt Anweisungen.“

Die Bestürzung über das Einlenken des Papstes im Rest des Landes ist groß. „Bis gestern waren wir ein tolerantes Land“, resümiert die linksliberale Zeitung „Repubblica“ bitter.

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