zum Hauptinhalt
Die Kritiker fordern eine weitere Verlängerung von befristeten Stellen über die bisher geltenden zwölf Jahre hinaus.

© Sebastian Gabsch PNN

Unmut an der Universität Potsdam: Streit um befristete Stellen

In einem offenen Brief fordern Dozierende der Uni Potsdam eine liberalere Praxis bei der Verlängerung von Drittmittelstellen. Die Restriktive Haltung der Hochschule mindere deren eigene Attraktivität.

Eine Gruppe von Dozierenden der Universität Potsdam fordert in einem offenen Brief einen anderen Umgang mit Beschäftigten in Drittmittelprojekten. Die Autor:innen wenden sich gegen die Praxis an der Potsdamer Uni, befristete angestellte wissenschaftliche Mitarbeiter prinzipiell nicht über zwölf Jahre hinaus zu beschäftigen. 

Sie setzen sich für eine nach ihrer Auffassung „reguläre, dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz und somit dem Willen des Gesetzgebers entsprechende“ Umsetzung der Befristungsoption an der Universität Potsdam ein.

[Alle aktuellen Nachrichten zum russischen Angriff auf die Ukraine bekommen Sie mit der Tagesspiegel-App live auf ihr Handy. Hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen.]

Der Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther, reagierte auf den Brief mit Verständnis. „Die Positionierung der Kolleginnen und Kollegen kommt genau zur rechten Zeit“, sagte er dem Tagesspiegel. Er verwies auf die aktuelle Diskussion über die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetz auf Bundes- und Landesebene, in die auch viele Universitätsmitglieder intensiv eingebunden seien. 

„Ein zentrales Ziel der Reform muss sein, Rechtssicherheit wieder herzustellen, gerade auch was Beschäftigungsverhältnisse angeht, die aus naturgemäß befristeten Drittmitteln finanziert werden“, sagte Günther. 

Derzeit sei dies nicht der Fall: „Was zu Unsicherheiten, zu Planungsproblemen und im Ergebnis zu viel Unmut sowohl auf Seiten der beschäftigten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als auch auf Seiten der Hochschulen führt.“

Kritik an extrem restriktiven Vorgehen der Uni

Uni-Präsident Günther verweist darauf, dass die Probleme bereits 2007, als das Gesetz erlassen wurde, von vielen gesehen wurden, die Bedenken letztlich aber zurückgestellt worden seien. „Die Erfahrungen seitdem zeigen, dass dringend nachgebessert werden muss.“

Die Autor:innen des offenen Briefes, die vom Personalrat der Hochschule unterstützt werden, sehen den Grund für das Problem allerdings vor allem in der Interpretation des Gesetzes durch die Leitung und den Dezernenten für Personal- und Rechtsangelegenheiten der Potsdamer Uni. 

Ein verbessertes Gesetz sei zwar zu wünschen, hieß es aus dem Kreis der Unterzeichnenden. Das eigentliche Problem sei aber die „extrem restriktive Vorgehensweise“ der Potsdamer Uni. 

Schließlich gebe es viele andere Universitäten, Helmholtz- oder Leibniz-Institute, die das Problem so handhaben, dass die Beschäftigten dort bessere Perspektiven hätten. In Potsdam allerdings sei „für viele engagierte und erfahrene Wissenschaftler:innen nach rund zwölf Jahren erfolgreicher Arbeit Schluss: Und das, obwohl sie weiter forschen wollen, die Drittmittel für ihre Beschäftigung bereitstehen, ihre Vorgesetzten und Kolleg:innen dies ebenfalls wünschen und es der gesetzliche Rahmen ausdrücklich erlaubt.“

Sorge, dass Expertise verloren geht

„Neben der demotivierenden Wirkung für erfahrene Wissenschaftler:innen an der Uni Potsdam hat das auch erhebliche Nachteile für die Universität selbst“, heißt es in dem Schreiben. Die Hochschule verliere mit diesen Personen wertvolle Expertise in den jeweiligen Forschungsbereichen und für die Betreuung der Studierenden, erfahrene und engagierte Dozierende. 

Die Unterzeichner:innen des Briefes befürchten auch, dass die Universität durch die Zwölf-Jahres-Regel an Attraktivität als Arbeitgeberin verlieren könnte. Zudem könnten bestimmte Drittmittelprojekte nicht weiter durchgeführt werden, da die Expertise und Zeit der Mitarbeiter für die Antragstellung fehle. 

„Wenn diese Wissenschaftler:innen gehen müssen, fehlt der Beitrag, den diese erfahrenen Kolleginnen zur Erfolgsgeschichte der UP beisteuern! Und das, paradoxerweise, obwohl erfahrene Wissenschaftler:innen die für ihre Arbeit notwendigen Mittel oft selbst (mit) einwerben“, heißt es in dem Brief. 

Die Autor:innen fordern nun neben der dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz entsprechenden Umsetzung der Befristungsmöglichkeit auch die „Sicherstellung der wissenschaftlichen Freiheit in Projekt-Arbeitsgruppen“ sowie einen hochschulweiten Austausch zum Thema Arbeitsbedingungen im Mittelbau mit Beteiligung des Präsidiums, des Personaldezernats, des Personalrats und der Hochschulöffentlichkeit.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false