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Pflanzenzucht. In der Wirtschaft befürchtet man neue Nachteile für Europa.

© picture alliance / Jens Büttner/

Urteil zur Gen-Schere: "Blockade für Innovationen"

Entwicklung neuer Pflanzen: In der chemischen Industrie wie in der Biotech-Branche klagt man nach dem EuGH-Urteil über Technologiefeindlichkeit.

Von einer „verpassten Chance für Innovationen in Europa“ spricht Utz Klages von Bayer. Der Weltmarktführer aus Leverkusen, der kürzlich für mehr als 50 Milliarden Euro den US-Agrarkonzern Monsanto übernommen hat, beklagt „Technologiefeindlichkeit“ und Überregulierung“ in Europa. Als Konsequenz aus dem Urteil würden sich allein hierzulande hunderte kleinerer Zucht- und Forschungsfirmen moderne Biotechnologie mit Hilfe von Crispr/Cas9 nicht mehr erlauben können und sich deshalb der Konzentrationsprozess in der Branche fortsetzen, vermutet Lages. Mit Genom Editing werde die Entwicklungszeit neuer Saatgüter und Sorten teilweise halbiert. Mit konventionellen Methoden dauere das derzeit rund 15 Jahre.

BASF forscht an Crispr in den USA und in Deutschland und hat nach eigenen Angaben keine Produkte auf dem europäischen Markt, bei deren Entwicklung „Crispr oder andere moderne Genom Editing Technologien angewendet wurden“. Vom amerikanischen Broad Institute habe der deutsche Konzern eine Lizenz zur Nutzung von Crispr/Cas9 erworben „und plant den Einsatz dieser Technologie, um Produkte sowohl für landwirtschaftliche als auch industrielle Anwendungen zu verbessern“, hieß es auf Anfrage. Zu den Folgen des Urteils wollte sich BASF noch nicht äußern: „Wir müssen das zunächst sorgfältig prüfen.“

"Rückschlag für Pflanzenzüchter"

Beim Verband der Chemischen Industrie reagierte man dagegen ebenso enttäuscht auf die EuGH-Entscheidung wie in der Biotech-Branche. Das Urteil sei nicht nur ein „Rückschlag für Pflanzenzüchter, sondern auch für die Medizin und die Produktion biobasierter Chemikalien“. Die Richter hätten entschieden, dass mit Genom-Editing bei jeder Anwendung gentechnisch veränderte Organismen entstehen, „auch wenn ihr Erbmaterial von natürlichen Varianten oder konventionellen Züchtungsergebnissen nicht zu unterscheiden ist“. Diese Auffassung des Gerichts sei nicht nachzuvollziehen. Aus Sicht der Industrievereinigung Biotechnologie wird „das enorme Innovationspotenzial von Genom Editing für die Landwirtschaft blockiert“. Deutschland und Europa würden gegenüber den USA oder auch China „in allen Bereichen der Biotechnologie ins Hintertreffen geraten“. Stark tätig sind auf dem Gebiet des Genom Editing auch Brasilien, Kanada und Indien.

„Das Urteil des EuGH ist rückwärtsgewandt und fortschrittsfeindlich und weist so den Weg auf ein Abstellgleis“, meinte Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie. „Es schadet der Innovationsfähigkeit des Biotech-Standorts EU erheblich und koppelt ihn von der Entwicklung im Rest der Welt ab“, kritisierte der Verbandschef. Obwohl die Technologien sicher seien, wie Bayer-Sprecher Klages meinte, überwiege in Europa die Technologieskepsis. „So verbietet man Innovationen in der Landwirtschaft.“

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