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Der Distelfalter wandert aus Westafrika bis nach Nordamerika - eine Strecke von bis zu 14.000 Kilometer.

© Oriol Massana Valeriano

Verursacher einer Massenwanderung über 14.000 Kilometer: Die Flut der Falter

Millionen von Distelfaltern fallen in manchem Frühjahr in Deutschland ein. Die Ursache liegt in Afrika, südlich der Sahara.

Gelegentlich schwärmen Millionen von Distelfaltern im Frühjahr nach Westeuropa und nach Deutschland. Ursache dieser spektakulären Masseneinflüge sind außergewöhnlich feuchte Wetterbedingungen in Teilen Afrikas südlich der Sahara im vorangegangenen Winter, berichtet ein internationales Forscherteam im Fachblatt „PNAS“.

Dadurch würden reichlich Pflanzen wachsen, auf denen die Larven der schwarz-weiß-rotorangen Schmetterlinge heranwachsen könnten. Mit geeigneten Winden würden die Falter dann die Sahara überqueren.

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„Unsere Entdeckung der zentralen Bedeutung der Sub-Sahara-Generationen für die Größe der europäischen Populationen zeigt, dass die jährliche Wanderung der Distelfalter – eine jährliche Rundreise von etwa 12.000 bis 14.000 Kilometern zwischen dem tropischen Westafrika und Skandinavien – die längste regelmäßige Insektenwanderung ist, die derzeit bekannt ist“, schreiben die Forscher.

Über Marokko, Algerien und Tunesien nach Mittel- und Nordeuropa

Distelfalter (Vanessa cardui) sind für ihre weiten Wanderungen bekannt. Im Frühjahr schlüpft eine Generation der Falter in der Maghreb-Region, also in Marokko, Algerien und Tunesien. Sie fliegt in den Mittelmeer-Raum, wo sofort eine neue Generation produziert wird, die dann über die Alpen nach Deutschland und andere Länder Mittel- und Nordeuropas fliegt.

Die Schmetterlinge gelangen bis nach Großbritannien und Irland, einige gar bis Nordschweden und Finnland. Im Herbst machen sie sich dann auf den Weg zurück nach Nordwest- und Sub-Sahara-Afrika. Während der gesamten Reise werden sechs oder mehr Generationen von Distelfaltern produziert.

In manchen Jahren kommt es zu einem Massenauftreten der Falter, bei denen Millionen von Tieren über den Himmel ziehen. Bisher sei unklar, inwieweit die Wintergeneration südlich der Sahara die Stärke der Frühjahrsgeneration im Maghreb beeinflusst, schreiben die Forscher um Jason Chapman von der University of Exeter im britischen Penryn.

Langstreckenschmetterling. Auf dem Weg nach Europa überfliegt der Diestelfalter innerhalb von vier Tagen die Sahara: die längste Insektenwanderung der Welt.
Langstreckenschmetterling. Auf dem Weg nach Europa überfliegt der Diestelfalter innerhalb von vier Tagen die Sahara: die längste Insektenwanderung der Welt.

© Oriol Massana Valeriano

Sie werteten Monitoring-Daten zu Populationsgrößen der Falter aus dem Zeitraum von 1994 bis 2015 aus. Außerdem analysierten sie Umweltdaten aus den jeweiligen Lebensräumen entlang der Reiseroute der Schmetterlinge, darunter Angaben zu Temperatur und Niederschlägen, zur Vegetationsstärke und zu den vorherrschenden Windbedingungen.

Innerhalb von vier Tagen durch die Sahara

Die Analyse zeigte, dass das Massenauftreten im Untersuchungszeitraum von 22 Jahren keinem zeitlichen Trend folgte, also nicht regelmäßig im Abstand einiger Jahre vorkam. Die Stärke der Frühjahrspopulation im Maghreb wurde hauptsächlich beeinflusst durch die Vegetationsdichte im Winterlebensraum der Tiere südlich der Sahara.

Waren die Niederschlagsmengen dort in einem Jahr ungewöhnlich hoch, erreichten überdurchschnittliche viele Tiere die Maghreb-Region und nachfolgend auch den Mittelmeerraum und Nordeuropa.

Tatsächlich waren den Jahren mit einem Massenauftreten der Schmetterlinge in Europa verhältnismäßig feuchte Winter in der Subsahara-Region vorangegangen. Pflanzen würden daraufhin rasch wachsen und nicht nur den Larven als Futter dienen, sondern vermutlich auch ausgewachsenen Tieren Nektar zur Stärkung bieten, schreiben die Forscher.

Weitere Analysen zeigten, dass immer wieder Windbedingungen aufträten, dank derer die Schmetterlinge in etwa vier Tagen die Sahara überqueren könnten.

Aufgrund der zumeist trockenen Winter in der Region übten die afrikanischen Brutplätze in der Regel eher einen Flaschenhals-Effekt auf Populationen der Distelfalter aus, sie begrenzt das Wachstum also eher. Nur in manchen Jahren feuerten sie das Populationswachstum an. (Anja Garms, dpa)

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