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Buckelwale, die von den Forschern 2018 vor der Antarktis markiert wurden.

© Goldbogen Laboratory/Stanford University / Duke University Marine Robotics and Remote Sensing/dpa

Viel Futter mit wenig Aufwand: Warum Blauwale nicht noch größer werden

Sie sind die gewaltigsten Tiere der Erde, doch auch ihr Wachstum ist begrenzt. Wissenschaftler haben jetzt untersucht, warum das so ist.

Mit bis zu dreißig Metern Länge und 200 Tonnen Gewicht sind Blauwale die größten Tiere der Erde. Warum sie nicht noch größer werden, ist in der Wissenschaft bislang umstritten. Jetzt berichten Wissenschaftler um Jeremy Goldbogen von der Universität Stanford in der Fachzeitschrift "Science": Das Wachstum der einzelnen Walarten hängt vor allem davon ab, wie sie sich ernähren und wie viel Nahrung ihnen zu Verfügung steht.

Wie groß eine Tierart wird, bestimmt das Gleichgewicht aus der Energie, die sie durch Fressen gewinnt und derjenigen, die sie dafür aufwenden muss. An Land führt das meist dazu, dass sich kleine Tiere von kleiner Beute ernähren und große von großer Beute.

Im Ozean aber geht diese Rechnung nicht auf: Dort ernähren sich die größten Tiere der Erde von winzigem Plankton. Dieses Paradox wollten die Wissenschaftler um Goldbogen untersuchen.

Jeder Tauchgang nach einem Tintenfisch kostet viel Energie

Dafür versahen sie 300 Zahn- und Bartenwale – vom kleinen Schweinswal bis zum gigantischen Blauwal – mit Sensoren für Beschleunigung und Tauchtiefe, Kameras und Mikrofonen. Sie verfolgten die Tiere bei ihren Bewegungen zwischen Grönland und der Antarktis und konnten mehr als 10.000 "Futterereignisse" auswerten.

Daneben analysierten sie auch den Mageninhalt von Walen, die tot an der Küste angeschwemmt wurden. Aus den Daten errechneten sie für jede Walart, wie energieeffizient sie sich ernährt. Dabei stießen sie auf deutliche Unterschiede zwischen den Arten.

Zahnwale – zum Beispiel Delfine oder Pottwale – tauchen oft in große Tiefen, um mit Hilfe von Echoortung Nahrung zu suchen, etwa Tintenfische. Meist liefert die Beute, die sie in der Tiefe machen, gerade mehr Energie, als sie für ihre Tauchgänge aufwenden müssen.

Wären sie dagegen größer, müssten sie zu viel Energie aufbringen, um dauerhaft überleben zu können. Außerdem gäbe es für einen größeren Körper schlicht nicht genug Tintenfische. Offensichtlich haben die Pottwale also die Grenzen des Wachstums für solche Einzeljäger erreicht, stellen Jeremy Goldbogen und seine Kollegen fest.

Maul auf – Energie rein

Die größeren Bartenwale hingegen – zum Beispiel Blau- oder Buckelwale – verzichten auf die kräftezehrende Einzeljagd. Stattdessen ernähren sie sich von Krill und anderem Plankton. Um diese Beute effizient zu fangen, hat sich ihr Körperbau perfekt angepasst: Ein Drittel bis zur Hälfte ihres Körpers besteht aus Kopf, Maul und Kehle. Dahinter kommt etwa beim Finnwal ein rund hundert Meter langer Darm.

Zusammen ergibt das eine riesige, genau austarierte Fress-Maschine. Bartenwale müssen nur durchs Wasser schwimmen und das Maul aufsperren, um in kurzer Zeit und sehr effizient massenhaft Energie in Form von Mini-Tierchen aufzunehmen. Und zwar mehr, als sie für die gemächliche Jagdmethode aufwenden müssen, schreiben die Forscher. Wären die Wale aber noch größer, könnte sich das auf das empfindliche System negativ auswirken.

Nahrung ist nicht immer da

Ein weiterer Faktor sei die saisonale Verfügbarkeit von Nahrung. In den Sommermonaten filtern Blauwale Unmengen an Plankton aus dem Wasser und fressen sich dabei eine Speckschicht an, die genug Energie für ihre langen Wanderungen liefert. Nur ein großer Körper erlaubt einen solchen Lebensstil mit langen Hungerpausen. Wären sie aber noch größer, könnten die Tiere nicht mehr genug Energie aus dem Wasser filtern.

Angesichts von Klimawandel und Überfischung lohne es sich, zu verstehen, was Wale wirklich brauchen, schreibt der Biologe Terrie Williams von der Universität von Kalifornien in einem unabhängigen Kommentar. Denn im Meer spielen die Riesen eine wichtige Rolle: So sorgen sie etwa mit ihren Ausscheidungen dafür, dass Kleinstlebewesen gedeihen können. Und selbst wenn sie sterben, ernähren ihre Körper Lebewesen auf jedem Level der Nahrungskette.

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