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In Flammen. Ein Blitz, aber auch eine Zigarette können zu einem großen Waldbrand führen.

© picture alliance / dpa

Waldbrände: Gefährlicher Rauch

Brennen große Forstflächen, werden viele Luftschadstoffe frei. Das wirkt sich teilweise über Hunderte von Kilometern aus.

Waldbrände sind oft Menschenwerk, verursacht von weggeworfenen Zigaretten, brandstiftenden Spekulanten oder brandrodenden Kleinbauern. Dennoch sollte man die natürlich entstandenen Waldbrände nicht unterschätzen, sagt der Geowissenschaftler Stephan Matthiesen von der Universität Edinburgh. In den borealen Nadelwäldern der Nordhalbkugel verursachten Gewitter regelmäßig verheerende Brände. 2011 sei in Kanada eine Waldfläche von der Größe Hessens verbrannt. Im August 2010 verdunkelte sich der Himmel über der Großstadt Edmonton binnen drei Stunden. Der Rauch kam von Bränden, die 600 Kilometer weiter westlich in der Taiga wüteten. Tags darauf stieg die Feinstaubbelastung in der östlich gelegenen Provinz Saskatchewan auf das Vierfache des Grenzwertes an.

Könnten solche Ereignisse auch die Luftqualität in Europa beeinträchtigen? Dieser Frage geht das Projekt „Bortas“ nach, das von der Uni Edinburgh koordiniert wird. Matthiesen arbeitet dort als Projektmanager. Die Wissenschaftler werten Satellitenbilder aus und analysieren Luftproben von Bodenstationen sowie einem zum Labor umgerüsteten Passagierflugzeug vom Typ British Aerospace 146. Es fliegt teilweise nur 30 Meter über dem Erdboden, um auch tiefliegende Rauchwolken zu erforschen.

Im Sommer 2011 unternahmen Matthiesen und Kollegen von ihrem Stützpunkt im kanadischen Halifax mehrere Flüge ins Landesinnere und über den Atlantik. Sie maßen zum Teil beachtliche Konzentrationen von Kohlenwasserstoffen wie Ethen, Propen, Acetylen oder Benzol, die sich lokal auf die Luftqualität auswirkten. Bis nach Europa dringen die Stoffe aber kaum vor. Das Benzol in unserer Atmosphäre stamme nicht aus kanadischen Waldbränden, sondern eher aus dem europäischen Straßenverkehr, sagt Matthiesen.

Anders beim Ozon. Die Bortas-Wissenschaftler haben das Rauchgas Peroxyacetylnitrat analysiert, das als Reservoir für die fotochemische Bildung von Ozon gilt. Es reizt die Augen und ist für den „beißenden Rauch“ verantwortlich. In Bodennähe zerfällt es schon nach wenigen Stunden. Doch in sechs Kilometern Höhe kann es über 10 000 Kilometer weit transportiert werden. Ozon entsteht also nicht nur beim Waldbrand selbst, sondern auch in dessen Folge in der Atmosphäre. „Je älter der Rauch, desto mehr Ozon enthält er“, sagt Matthiesen.

20 Prozent der Ozongrenzwert-Überschreitungen in Europa sind auf die Emissionen zurückzuführen, die der Mensch in Nordamerika erzeugt. Natürlich entstandene Waldbrände könnten den Einfluss erhöhen, denn seit den Siebzigerjahren haben Waldbrände in Kanada zugenommen. Wegen der globalen Erderwärmung gehen Experten von einem weiteren Anstieg aus.

Mathias Orgeldinger

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