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An der Hochschule allein gelassen - Rektorinnen mangelt es oft an der Unterstützung von männlichen Kollegen.

© Uwe Anspach/dpa

Was an Hochschulspitzen falsch läuft: Seid solidarischer mit Uni-Präsidentinnen!

Uni-Leitungsgremien, meist überwiegend mit Männern besetzt, sind oft illoyal zu Frauen an der Spitze von Hochschulen. Das muss sich ändern, sagt unser Kolumnist.

Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) hat festgestellt: Die Hochschulleitung ist männlich und im Durchschnitt 59 Jahre alt, die Frauenquote liegt bei 22,9 Prozent. Das ist sicher richtig errechnet, bleibt aber wenig aussagekräftig. Dazu müsste man wissen, wegen welcher Eigenschaften die Endfünfziger gewählt worden sind, vor allem, ob und warum bei Konkurrenzen von Männern und Frauen um dasselbe Amt Männer bevorzugt werden.

Die Geschichte der in das höchste Universitätsamt Gewählten ist lang und bunt: Nach den Reformen der Jahre 1968/70 waren es zunächst „fortschrittliche“ Vertreter, meist jünger und aus dem Assistentenstand (Berlin und Hamburg). Kandidaten, die bereits Professoren waren, hatten nur dort eine Chance, wo nicht Mitbestimmung und Anbiederung an Studenten, sondern der Ausbau der Fächer im Vordergrund standen.

Vereinzelt, wie etwa in Kassel wurden Frauen (Vera Rüdiger) gewählt. In der Folgezeit setzten sich meist Männer durch, denen man bei den vorauszusehenden, oft stundenlangen Auseinandersetzungen die nötige physische Standhaftigkeit zutraute. Nach und nach wurden die gewählten „Typen“ konturen- und farbloser: Der zum Konsens neigende (oder weniger konfliktfreudige) Repräsentant bekam seine Chance.

Als Vize werden Frauen gerne gesehen

Frauen blieben die Ausnahme. Als Vizepräsidentin oder Prorektorin wurden sie gern gesehen. Die erste Position blieb Männern vorbehalten. Das änderte sich nach der Jahrhundertwende ein wenig, aber immer noch sehr sparsam. Dabei ist es geblieben. Während die Ministerien auf dem Gebiet der Wissenschafts- und der Hochschulpolitik in Bund (Schavan, Wanka, Karliczek) und Ländern (zum Beispiel Baden-Württemberg und Hamburg) oft weiblich besetzt werden, sind Präsidentinnen oder Rektorinnen seltener zu finden.

Ein Porträtbild von George Turner.
Wer mit dem Autor George Turner diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schicken: george.turner@t-online.de

© Tsp

Das übliche Argument, Doppelbelastung von Amt und Familie seien der Hinderungsgrund, dürfte bei Singles nicht zutreffen. Eher könnte es die Befürchtung sein, bei der Amtsführung nicht die nötige Unterstützung durch die männlichen Kollegen zu erfahren.

Den Gipfel an Illoyalität konnte man beobachten, wenn ein männlicher Kollege, bisher Mitglied im Präsidium, sich in Konkurrenz zur Amtsinhaberin als Präsident bewarb, wie in Frankfurt am Main. Auch ein Beispiel wie Göttingen kann abschreckend wirken. Selbst wenn der Amtsinhaberin manche Fehler attestiert werden mögen – nach der Wahl wurde sie schnell zur Buhfrau für Entwicklungen, die sie gar nicht beeinflussen konnte oder die von der Mehrheit der Entscheidungsgremien zu verantworten waren. Solange die Leitungsgremien, meist überwiegend mit Männern besetzt, keine Solidarität zeigen, wird sich an der Frauenquote nichts ändern.

Wer mit dem Autor, selbst von 1970 bis 1986 Universitätspräsident, diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mal senden: george.turner@t-online.de

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