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Wasser ist in vielen Teilen der Erde knapp. Hier ein Bild aus Myanmar.

© dpa

Wasserverbrauch: Der Wert des Wassers

Wasser ist auf der Erde begrenzt. Aber das Verbreiten von Alarmismus ist nicht sinnvoll. Sparen bei uns ist gut – nur nützt das der Sahelzone nichts. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ralf Nestler

Der Mensch lebt auf großem Fuß. Zu groß, finden Umweltschützer und machen das gern an einem virtuellen „Fußabdruck“ fest, den jeder einzelne auf der Erde hinterlässt. Bewohnern von Industrieländern wird schon seit langem ihr „CO2-Fußabdruck“ vorgehalten: Umgerechnet auf Kohlendioxid belastet beispielsweise jeder Deutsche mit seinen Gelüsten nach Wärme, Strom, Verkehr und allem, was man für Geld so kaufen kann, die Atmosphäre im Jahr mit elf Tonnen des Treibhausgases. Der globale Durchschnitt liegt bei knapp sieben Tonnen pro Kopf. Auch der „Wasser-Fußabdruck“ wird immer häufiger zum Thema, so gerade kürzlich zum Weltwassertag: 3900 Liter sind es pro Tag und Bundesbürger, hat das Umweltbundesamt ausgerechnet, die Umweltorganisation WWF kommt sogar auf 5288 Liter. Ein beträchtlicher Teil davon wird im Ausland verbraucht, etwa für den Kaffeeanbau oder für Futtermittel. Wer jetzt noch kein schlechtes Gewissen hat, dem hilft der WWF: ein Kilo Rindfleisch (einschließlich Futter, Tränkwasser und Stallreinigung) – 15500 Liter.

Unbestritten, die Süßwasservorräte der Erde sind begrenzt und werden vielerorts überstrapaziert. Ob das Verbreiten von Alarmzahlen wirklich sinnvoll ist, ist zu bezweifeln. Sie sagen nichts darüber aus, ob das in Rede stehende Wasser einem staubigen Landstrich gestohlen wurde oder ob es Teil üppiger Niederschläge ist, die auf sattgrüne Regionen herabregnen.

Man muss also genauer hinschauen, wie zum Beispiel Mesfin Mekonnen und Arjen Hoekstra von der Universität Twente in den Niederlanden. Sie haben weltweit analysiert, wo der Wasserverbrauch größer ist als das, was auf natürliche Weise in die Region zurückfließt. Jeweils auf ein ganzes Jahr gerechnet, haben das schon viele Forscher vor ihnen getan. Die neue Analyse, erschienen im Fachmagazin „Science Advances“, schaut Monat für Monat in die Regionen und liefert damit ein viel realistischeres Bild. Und ein beunruhigendes Resultat. Mehr als vier Milliarden Menschen, das ist über die Hälfte der Weltbevölkerung, lebt in Gegenden, die mindestens einmal jährlich unter Wasserknappheit leiden. Der Westen der USA, der arabische Raum, Nordafrika, die Mittelmeeranrainer - von diesen Regionen hatte man das erwartet. Aber auch Teile Norddeutschlands sind zeitweise betroffen. Sorgsamer Umgang mit Wasser ist überall dort dringend nötig.

In dem meisten Teilen Deutschlands ist genug da

In den meisten Teilen Deutschlands ist aber mehr als genug da. Insbesondere im Umkreis von Wasserwerken, die heute weniger fördern als früher, wodurch der Grundwasserspiegel steigt und teilweise Keller volllaufen. Ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Nass ist sicher gut, denn es kommen noch Aufbereitung, Verteilung und spätere Reinigung der Abwässer hinzu. Übertreiben muss man es aber auch nicht. Die Sparpotenziale sind langsam

ausgeschöpft, mit Luft allein funktioniert eine Dusche nun mal nicht. Einer Niederung wie dem Berliner Urstromtal ist es jedenfalls gleich, ob das Wasser direkt hindurchströmt oder ob ein Teil davon einen Umweg durch die Rohrleitungen der Hauptstadt macht. Die Gesamtbilanz bleibt gleich. Und: Die Spartaste hier nützt der Sahelzone nichts.

Insofern ist es richtig, dass wir mehr uns als bisher um das Wasser sorgen sollten, das wir im Ausland „verbrauchen“. Aber da wird es, wie so oft, kompliziert. Zwei Stück Schokolade (170 Liter!) oder eine Tasse Kaffee (132 Liter!) sind am Ende doch nicht so dramatisch, weil es fast ausschließlich Regenwasser ist, das die Sträucher aufnehmen. Bei Obst, Gemüse, Getreide oder Baumwolle sieht es schon anders aus, da wird viel bewässert. Auch das kann auf verträgliche Weise geschehen und mit moderner Technik sehr effizient sein – oder verschwenderisch, etwa wegen maroder Leitungen bis hin zu illegalem Raubbau wie etwa in Spanien. Auf der Verpackung stehen solche Informationen nicht drauf.

Was man tun kann: Regionale Produkte entsprechend der Saison kaufen. Da ist die Sicherheit groß, dass im Hintergrund ein vernünftiges Wassermanagement gewährleistet ist. Und weniger wegwerfen. Das gilt für Nahrungsmittel wie Konsumgüter. Werden Kleidungsstücke nur zehnmal getragen und dann durch neue ersetzt, ist das Wasser, das zuvor für den Baumwollanbau verbraucht wurde, tatsächlich verschwendet.

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