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WERT sachen: Olymp

„Teekesselchen“ sagte man in meinen Kindertagen zu einem Begriff mit mehreren Bedeutungen, wissenschaftlich präziser zu einem Homonym. Unter der Wertsache „Olymp“ kann man zunächst einmal ganz schlicht ein steil ansteigendes Bergmassiv in Griechenland verstehen, das erstmals 1862 von einem (eigentlich als Afrikareisenden bekannten) Berliner Privatdozenten für Geografie bestiegen wurde und sich auch noch lange danach eine gewisse Unzugänglichkeit bewahrte: Mein Großvater musste in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts von der Besteigung absehen, da damals die Wälder des Olymp noch von Räubern unsicher gemacht wurden.

„Teekesselchen“ sagte man in meinen Kindertagen zu einem Begriff mit mehreren Bedeutungen, wissenschaftlich präziser zu einem Homonym. Unter der Wertsache „Olymp“ kann man zunächst einmal ganz schlicht ein steil ansteigendes Bergmassiv in Griechenland verstehen, das erstmals 1862 von einem (eigentlich als Afrikareisenden bekannten) Berliner Privatdozenten für Geografie bestiegen wurde und sich auch noch lange danach eine gewisse Unzugänglichkeit bewahrte: Mein Großvater musste in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts von der Besteigung absehen, da damals die Wälder des Olymp noch von Räubern unsicher gemacht wurden. So konnte er nicht überprüfen, ob die Wohnungen der olympischen Götter tatsächlich, wie bei Homer berichtet, den darunterliegenden Reihenhaussiedlungen der Menschen glichen: „Wo jedem das schöne Haus erbaut war, dort in den Schluchten des hohen Olympus“.

Wenn ein kaiserzeitlicher griechischer Dichter recht hätte und der Leib in den Hades, die Seele aber zum Olymp entschwebt, wäre freilich der Aufstieg aller zu den schneebedeckten Gipfeln gesichert – aber Zweifel daran sind erlaubt. Nur bei Max Klinger steht Christus ganz selbstverständlich im Olymp.

Dann gibt es noch allerlei andere antike und moderne Bedeutungen des Begriffs, die wir hier getrost vernachlässigen können – jedem Liebhaber französischer Filme ist beispielsweise eine weitere Verständnismöglichkeit vertraut, er wird unter den „Kindern des Olymp“ sicher nicht den Nachwuchs jener Zeitgenossen verstehen, vor denen sich mein Großvater fürchtete. Eher unter die Kuriosa zu verbuchen ist die Bezeichnung des Oberdecks von Berliner Bussen als „gelber Olymp“, die Anfang des letzten Jahrhunderts üblich war. Damals sprach man aber auch noch vom „Olymp der Wissenschaft“, von dem herab die Gelehrten niederstiegen, wenn sie sich in die Politik einmischten wie weiland Mommsen und Treitschke. Für das alltägliche Chaos deutscher Hochschulen verwenden wir heute solch edle Epitheta nicht mehr, allenfalls der Nobelpreis wird noch als „Olymp der Wissenschaft“ apostrophiert. Und ja mit einem gewissen Recht: Milde schauen von der himmlischen Höhe der Max-Planck-Institute die in den letzten Jahren nobilitierten deutschen Laureaten auf die irdischen Niederungen der unterfinanzierten Volks-Hochschulen herab.

Freilich könnte man auch, anstatt ein solches Lamento über das irdische Elend anzustimmen, eine Olympiade der Wissenschaften ausrufen – meint: in den deutschen Universitäten entschlossen für Höchstleistungen werben und entsprechende Bedingungen dafür schaffen. Der Weg auf den Olymp ist gar nicht so weit, er beträgt knapp drei Kilometer.

Der Autor ist Kirchenhistoriker und schreibt an dieser Stelle jeden zweiten Montag über Werte, Wörter und was uns wichtig sein sollte.

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