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Tauchermaske könnten unter Umständen zu Atemschutzmasken umgebaut werden.

© Khaled Nasraoui / picture alliance / dpa

„Wir sind keine Profis auf dem Gebiet“: Diese zwei Studenten wollen Schnorchelmasken gegen das Coronavirus umrüsten

In Italien wurden bereits Menschen mit umgebauten Schnorchelmasken bei der Atmung unterstützt. Zwei Studenten aus Münster greifen das nun für Deutschland auf.

Bis jetzt blieb der erwartete Ansturm auf Intensivbetten in Deutschland aus. Aber auch hierzulande bereiten sich die Krankenhäuser weiter auf den Ernstfall vor. Dabei könnte in Zukunft auch ein Utensil eine Rolle spielen, das bisher vor allem bei Urlaubern hoch im Kurs stand: die Schnorchelmaske. Genauer gesagt sogenannte Fullface-Schnorchelmasken, die das ganze Gesicht luftdicht abschließen.

Zwei Studenten aus Münster wollen diese Schnorchelmasken so umrüsten, dass sie für die nicht-invasive Atmungsunterstützung genutzt werden können. „Wir sind keine Profis auf dem Gebiet, wir wollen nur die Idee liefern“, sagt Jan Schulte-Austum, der das Projekt namens Covivent zusammen mit einem Kommilitonen ins Leben gerufen hat, dem Tagesspiegel Background.

Mithilfe eines 3D-Druckers haben die beiden ein Ventil entworfen, das die Schnorchelmakse mit einem Sauerstoffgerät verbindet. Dadurch soll diese ähnlich wie eine CPAP-Maske (Continuous Positive Airway Pressure) funktionieren, die normalerweise eingesetzt wird, wenn Patienten bei der Atmung unterstützt werden müssen.

Konzept wurde zuerst in Italien entwickelt

Ursprünglich stammt das Konzept aus Italien, vom früheren Chefarzt des Krankenhauses in Gardine Valtrompia, Renato Faveo. Das Unternehmen Isinnova griff dessen Idee auf und produziert seit einiger Zeit die fehlenden Verbindungsstücke zwischen Sauerstoffgerät und Schnorchelmasken im 3D-Drucker. Die dafür entwickelte Software ließ die Firma patentieren und stellt diese zur freien Verfügung ins Internet.

Covivent will das Isinnova-Modell nun für die Anwendung in Deutschland weiterentwickeln. Neben technischen Anpassungen hat Schulte-Austum das Ventil dafür zusätzlich mit einem Filter versehen, das die ausgeatmete Luft des Patienten säubert. Für das medizinische Personal sinkt damit die Gefahr, sich selbst mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Und: Durch den Filter könnten die Masken nicht nur beim Patienten eingesetzt werden, sondern bei Mangel auch als Atemschutzmasken für das medizinische Personal dienen.

Zahlreiche Initiativen produzieren Beatmungsgeräte

Covivent ist bei weitem nicht das einzige Projekt, dass sich der unkonventionellen Herstellung von Geräten zur Atmungsunterstützung widmet. An der Universität Marburg arbeiten Forscherinnen und Forscher daran, ein Schlafapnoe-Gerät für Schnarcher so umzubauen, dass es für die Beatmung geeignet ist. Die Anwendung stehe kurz vor der Zulassung, heißt es. Auch das Projekt DIY Beatmungsgerät forscht an einem selbstgebauten Produkt aus dem 3D-Drucker.

Hintergründe zum Coronavirus:

Der Pneumologe Michael Westhoff, Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) und Beatmungsmedizin begrüßt diese Vorhaben grundsätzlich. „Es ist sicherlich gut, sich dazu Gedanken zu machen", sagt er. Allerdings rät er, die Vorhaben zu koordinieren und bedarfsgerecht einzusetzen. „Es wäre sinnvoll, dies frühzeitig mit den Anwendern direkt zu besprechen“, so Westhoff. Behelfs-Beatmungsgeräte müssten zudem immer als Katastrophenvorsorge betrachtet werden, nicht als Teil der Regelversorgung.

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So sieht man das auch bei Covivent. Ziel sei es nicht, die Masken zertifizieren zu lassen, sondern eine Lösung für akute Notsituationen, in denen Patienten ansonsten nicht bei der Atmung unterstützt werden könnten, parat zu haben, so Schulte-Austum.

Empfehlung der DGP sorgt für erhöhte Nachfrage

Noch gibt es in Deutschland hierfür keinen Bedarf. Das DIVI-Intensivregister, das alle Intensivbetten in Deutschland auflistet, gab für den Bereich „Low Care“, worunter auch die Atmungsunterstützung fällt, gestern 9.290 Betten an. Davon seien 5.777 derzeit belegt.

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Dennoch habe sich die Nachfrage nach dem Projekt vergangene Woche sprunghaft erhöht, berichtet Schulte-Austum. Grund dafür sei eine Empfehlung der DGP. Diese wies darauf hin, dass eine invasive Beatmung hohe Risiken für den Patienten berge. Sie dürfe zwar nicht zu spät eingesetzt werden, aber sollte eben auch nicht zu früh begonnen werden. „Wichtig ist ein möglichst umfangreiches Monitoring der Patienten von Beginn an“, sagte Westhoff von der DGP.

Decathlon beschränkt Verkauf von Schnorchelmasken

Laut Schulte-Austum haben sich in Folge des DGP-Leitfadens allein vier Kliniken bei ihm gemeldet. Am weitesten fortgeschritten sei die Zusammenarbeit mit der Euregio-Klinik in Nordhorn, wo die Schnorchelmasken aktuell für einen Einsatz im Notfall getestet werden.

Bleibt die Frage, wo die ganzen Fullface-Schnorchelmasken herkommen sollten. In Italien hat der Sportartikelhersteller Decathlon 10.000 Masken zur Verfügung gestellt. In Deutschland ist der Verkauf von Fullface-Schnorchelmasken an Privatpersonen derzeit auf fünf Stück pro Käufer beschränkt. Krankenhäuser und Forschungseinrichtungen können sich für größere Bestellungen direkt an Decathlon wenden.

Daniel Böldt

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