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Wissen: Zeit ist Geld ist weniger Glück Wer seinen Stundenlohn ausrechnet, verliert

Der alternde Geschäftsmann galt nicht gerade als Frohnatur. Selbstgenügsam sei er, verschlossen wie eine Auster, kalt.

Der alternde Geschäftsmann galt nicht gerade als Frohnatur. Selbstgenügsam sei er, verschlossen wie eine Auster, kalt. Selbst in den Weihnachtsfeiertagen sah er nur eine entgangene Gelegenheit für weitere Geschäfte. Ebenezer Scrooge war nicht das, was man einen Genussmenschen nennen könnte. So beschrieb ihn zumindest Charles Dickens in seinem berühmten „Weihnachtslied“. Tatsächlich steckt wohl in vielen von uns ein kleiner Scrooge – man muss ihn nur zu wecken wissen. Das zeigt eine Studie, die Forscher der Universität Toronto im „Journal of Experimental Social Psychology“ vorstellen. Probanden, die an den monetären Gegenwert ihrer Zeit dachten, waren demnach weniger in der Lage, ein Musikstück zu genießen als die Kontrollgruppe.

Sanford DeVoe und Julian House ließen rund 400 Personen einen Fragebogen ausfüllen, in dem es unter anderem um die Wochenarbeitszeit und das Einkommen im vergangenen Jahr ging. Einige Teilnehmer sollten aus diesen Werten zudem ihren Stundenlohn berechnen. Anschließend unterbrachen die Forscher die Umfrage und spielten ein klassisches Musikstück vor: die ersten anderthalb Minuten des „Blumenduetts“ aus der Oper Lakmé von Léo Delibes. Danach sollten die Probanden angeben, wie glücklich sie sich fühlten. Jene Teilnehmer, die anfangs ihren Stundenlohn berechnet hatten, gaben signifikant niedrigere Glückswerte zu Protokoll als die Mitglieder der Kontrollgruppe. Gleichzeitig berichteten sie häufiger, ungeduldig auf das Ende des Stücks gewartet zu haben, um mit der Befragung fortfahren zu können.

Anders sah es aus, wenn die Versuchsteilnehmer Geld erhielten (die geringe Summe von 50 Cent), während sie das Musikstück hörten. Diejenigen, die ihren Stundenlohn berechnet hatten, genossen das „Blumenduett“ daraufhin viel mehr. Bei den anderen Teilnehmern hatte die Zahlung dagegen keine Auswirkung.

„Wenn man Menschen vor Augen führt, was sie pro Stunde verdienen, beeinträchtigt man ihre Fähigkeit, bei angenehmen Erfahrungen Glück zu empfinden“, sagt DeVoe. Dieser Effekt zeige sich auch im realen Leben, glaubt er. Wem der finanzielle Gegenwert seiner Zeit bewusst ist, sei beispielsweise weniger dazu bereit, ehrenamtlich zu arbeiten, selbst wenn ihm diese Tätigkeit Spaß machen würde. „Wir sehen das etwa bei Anwälten, die ihre Arbeitsstunden abrechnen, gegenüber solchen, die das nicht tun.“ lue

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