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Paradies für Viren. Bei der Pilgerfahrt nach Mekka kommen extrem viele Menschen zusammen und können Erreger dann in alle Welt verteilen.

© AFP

Zoonose: Rätselhaftes neues Coronavirus

In Saudi-Arabien und Katar haben sich drei Patienten mit einem neuen Coronavirus infiziert und wurden schwer krank. Möglicherweise sind sie nur die Spitze des Eisberges. Forscher sorgen sich nun, dass Rückkehrer aus Mekka das Virus in alle Welt tragen könnten.

Jeden Tag bekommt der Bonner Virologe Christian Drosten Anfragen aus ganz Deutschland. Wenn Rückreisende von der Pilgerfahrt nach Mekka an einer schweren Atemwegsinfektion erkranken, gehen bei vielen Ärzten die Alarmsignale an: Denn in der Region ist ein neues Coronavirus aufgetaucht, also ein Virus aus derselben Familie wie der Erreger der Sars-Infektion. Drei Männer erkrankten bisher schwer. Ein 60-Jähriger starb im Juni im saudischen Jeddah an einer Lungenentzündung und Nierenversagen, ein Patient aus Katar wird noch in London behandelt, ein weiterer hat sich nach einer Lungenentzündung wieder erholt.

Diese Fälle sind entweder die Spitze des Eisbergs und warnen vor einer Epidemie, bei der sich ein Virus unbemerkt von Mensch zu Mensch übertragen konnte. Oder alle drei haben sich unabhängig voneinander bei Tieren angesteckt. Die spärlichen Daten lassen beide Szenarien zu, betont Drosten. Bisher waren zwar alle deutschen Proben negativ, „aber wir fangen auch erst an“.

Klar ist, dass sich die ersten beiden Patienten mit einem neuen Coronavirus infiziert haben, dessen engste Verwandte unter Fledermäusen zu finden sind. Die Gensequenzen der isolierten Viren unterscheide sich in nur 99 punktuellen Erbgutveränderungen, schreiben Forscher um Ron Fouchier vom Erasmus Medical Center in Leiden im Fachblatt „mBio“. Sie gehören zur gleichen Art.

Damit gibt es nun sechs Coronaviren, die Menschen infizieren – eines davon ist Sars, vier verursachen lediglich Schnupfen. Wie gefährlich das neue Virus ist, ist nicht bekannt. „Nur Schwerkranke kommen ins Krankenhaus. Und nur ein Bruchteil wird getestet“, sagt Drosten. In den betroffenen Ländern müsse deshalb aktiv nach Fällen gesucht werden – auch rückblickend, denn im April 2012 gab es in Jordanien einen Ausbruch schwerer Atemwegserkrankungen.

„99 Mutationen in so kurzer Zeit wären für ein zirkulierendes Virus recht viel“, sagt Drosten. Das könne auf ein Tierreservoir mit einer großen genetischen Vielfalt hindeuten. Oder das Virus müsse sich erst an den neuen Wirt „Mensch“ anpassen und sei deshalb in einer instabilen Phase. Ähnliches habe man bei frühen Sars-Fällen gesehen.

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