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Zuverlässig, aber teuer. Die Ariane 5 soll einen Nachfolger erhalten. Wie dieser aussehen soll, darüber gab es immer wieder Streit zwischen den Esa-Ländern. Nun scheint eine Lösung gefunden zu sein.

© AFP

Zukunft der europäischen Raumfahrt: Poker mit Trägerrakete und Raumstation

Deutschland ist auf einmal für die Ariane 6 - und will im Gegenzug mehr Unterstützung für die ISS. Auch bei der Nachfolge des Esa-Chefs Jean-Jacques Dordain ist das Land mit zwei Kandidaten vertreten.

Wie geht es weiter mit der europäischen Raumfahrt? Darüber beraten am 2. Dezember die zuständigen Minister der Esa-Mitgliedstaaten in Luxemburg. Es geht um viel Geld – und vor allem um die Frage, wer für die Wissenschaftsmissionen und Satellitenprojekte bezahlt. Einer der Hauptstreitpunkte scheint nun beigelegt zu sein: die Zukunft der europäischen Trägerrakete „Ariane 5“. Sie ist zuverlässig, aber deutlich teurer als andere Raketen, weshalb seit Jahren Geld zugeschossen werden muss.

Italien und Frankreich sollen sich stärker für die Raumstation einsetzen

Deutschland hat sich stets für eine Weiterentwicklung der bestehenden Rakete eingesetzt – unter dem Namen Ariane 5 ME (Midlife Evolution). Frankreich kämpfte für eine neue Ariane 6. In einem Spitzengespräch in Köln haben sich nun die drei größten Esa-Unterstützer Deutschland, Frankreich und Italien geeinigt, einer Ariane 6 den Vorzug zu geben. Das bestätigte Brigitte Zypries (SPD), Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium und Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt.
Im Gegenzug verlangt sie, dass sich insbesondere Frankreich und Italien stärker für die Internationale Raumstation (ISS) einsetzen als bisher. Die Weiterentwicklung der Ariane sei aus ihrer Sicht „gekoppelt an die Belastbarkeit der Zahlungen für die ISS“, sagte Zypries. Deutschland ist das Himmelslabor sehr wichtig, in der aktuellen Betriebsphase übernimmt es fast die Hälfte der anfallenden Kosten, weil andere Länder die Lust an der Station verloren haben und sie auf der letzten Ministerratskonferenz im Jahr 2012 weniger Geld zur Verfügung stellten.

Ob der Deal Bestand hat, wird sich am 2. Dezember zeigen

In Luxemburg wird über die Finanzierung der Station für den Zeitraum 2015 bis 2017 gesprochen. 860 Millionen Euro werden gebraucht, 37,7 Prozent davon – rund 325 Millionen Euro – wird Deutschland übernehmen, mehr aber nicht, hatte Zypries in der Vergangenheit immer wieder klargemacht.

Ob der nun ausgehandelte Ariane-ISS-Deal Bestand hat, wird sich am 2. Dezember zeigen. Erst dann wird verbindlich entschieden, was derzeit in allerlei Vorgesprächen vereinbart wird. Tatsächlich ist die Ariane 6 mittlerweile sehr nahe an den deutschen Vorstellungen. Ursprünglich sollte sie ein Haupttriebwerk bekommen, das mit Festbrennstoff arbeitet, wie auch die französischen Atomraketen. Das Design wäre Frankreichs Industrie sehr entgegengekommen. Das aktuelle Konzept hat aber eine Hauptstufe mit Flüssigtreibstoff, wie auch die Oberstufe. In dieser Technik ist Deutschland führend. Der Vorteil besteht darin, dass solche Triebwerke besser gesteuert werden können.

DLR-Chef Wörner nennt das neue Konzept unverblümt 6 "optimierte Ariane 5 ME"

Ganz unverblümt nennt der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Johann-Dietrich Wörner, das Konzept der Ariane 6 eine „optimierte Ariane 5 ME“. Vom grundlegenden Design her gibt es keine Unterschiede, auch die Nutzlast ist bei rund 11,5 Tonnen etwa gleich, zumindest bei der „großen“ Ariane A64. Zusätzlich soll es eine kleine Variante (A62) geben, die knapp sechs Tonnen ins All wuchten kann. Laut Zypries wird 2016 eine finale Entscheidung über den Bau der Rakete getroffen werden, 2020 soll sie erstmals fliegen.

Nachfolge von Dordain: Noch vier Kandidaten im Rennen

Am Rande der Ministerratskonferenz wird auch über die Nachfolge des Esa-Generaldirektors Jean-Jacques Dordain gesprochen. Bekannt ist, dass sich DLR-Chef Wörner auf diesen Posten beworben hat. Aus gut informierten Kreisen ist zu hören, dass noch drei weitere Kandidaten im Rennen sind: Volker Liebig, Esa-Direktor für Erdbeobachtungsprogramme; Gaele Winters, Esa-Direktor für Launcher, sowie Eric Morel de Westgaver, Esa-Direktor für Industrie, Beschaffung und Recht. Gewählt wird am 18. Dezember.

Europa baut Servicemodul für "Orion"-Raumschiff

Neben all den Diskussionen im Vorfeld der Ministerratskonferenz gibt es dieser Tage auch positive Nachrichten für die europäische Raumfahrt. Am Montag unterzeichneten die Esa und Airbus Defence and Space (ehem. Astrium) einen Vertrag über die Entwicklung und den Bau des Service-Moduls für das künftige "Orion"-Raumschiff der Nasa. Zu einem Festpreis von 390 Millionen Euro soll die Weltraumsparte von Airbus das Bauteil bis 2017 fertigstellen. Das Modul soll den Antrieb, die Energieversorgung und die Thermalkontrolle der bemannten Kapsel sicherstellen, die voraussichtlich nach 2020 zum ersten Mal mit Astronauten ins All geschossen wird.

Mit Europa ins All. Basierend auf dem Raumtransporter ATV soll Airbus das Servicemodul für die künftige Nasa-Kapsel "Orion" konstruieren. Mit dem Raumschiff sollen nach 2020 Astronauten zum Mond reisen.
Mit Europa ins All. Basierend auf dem Raumtransporter ATV soll Airbus das Servicemodul für die künftige Nasa-Kapsel "Orion" konstruieren. Mit dem Raumschiff sollen nach 2020 Astronauten zum Mond reisen.

© dpa

Erstmals vergibt die Nasa einen Auftrag für ein kritisches Bauteil ins Ausland

Mit der Lieferung des Servicemoduls gleicht die Esa ihren Anteil an den ISS-Betriebskosten der Jahre 2018 bis 2020 aus, erläuterte der Esa-Direktor für Bemannte Raumfahrt, Thomas Reiter, am Montag in Berlin.

Die Übereinkunft ist eine Premiere: Zum ersten Mal vergibt die Nasa den Auftrag für ein systemkritisches Bauteil in einem Projekt der bemannten Raumfahrt ins Ausland. Sollte das Orion-Programm fortgeführt werden, brauchen die USA weitere Servicemodule, denn das Element, das auf dem unbemannten Transporter ATV basiert, ist nur einmal verwendbar. Es verbleibt im All beziehungsweise verglüht es bei der Rückkehr in die Erdatmosphäre.

Der erste Testflug für Orion soll im Dezember erfolgen

Die Nasa habe großes Interesse, die weiteren Servicemodule ebenfalls in Europa zu ordern, sagte Kirk Shireman, stellvertretender Direktor des Johnson-Space-Center in Houston. Das setze aber voraus, dass der Kongress das Orion-Programm weiterhin unterstütze. Bisher sei dazu keine Entscheidung gefallen.

Ein unbemannter Testflug mit der Orion-Kapsel - ohne das europäische Servicemodul - ist für den 4. Dezember vorgesehen.

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