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Gerhard Ertl.

© Foto: Johannes Eisele dpa/lbn

Zum 85. Geburtstag von Nobelpreisträger Gerhard Ertl: Glück und Wissenschaft

Für seine Forschung erhielt der Berliner Chemiker Gerhard Ertl den Nobelpreis. Gerade erschien seine Autobiografie. Jetzt wird er 85.

An diesen Geburtstag erinnert er sich noch genau. Ein Mittwoch Anfang Oktober 2007, Gerhard Ertl war gerade 71 geworden und saß in „seinem“ Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin-Dahlem. Die Chemienobelpreise sollten bekanntgegeben werden.

Ertl wusste, dass sein Name dem Komitee in Stockholm genannt worden war, rechnete sich aber keine großen Chancen aus, wie er rückblickend erzählt. „Ich hatte am Morgen noch zu meiner Frau gesagt: Nachdem gestern schon Peter Grünberg den Physiknobelpreis bekommen hat, werden die jetzt nicht noch mal einen Deutschen nehmen.“

Gerade bekam ein anderer Deutscher den Anruf aus Stockholm

Doch, sie taten es. Ihm allein sprachen die Granden seines Fachs den Nobelpreis für seine „Studien von chemischen Prozessen auf Festkörperoberflächen“ zu. Ertl war überrascht, gerührt, das ganze Institut jubelte, Kollegen, Freunde und Politiker gratulierten, Journalisten eilten herbei, um ihn zu interviewen.

Gerade in diesen Tagen denkt er häufiger daran zurück. Zum einen, weil er am 10. Oktober wieder Geburtstag feiert, den 85ten. Zum anderen, weil er die Forschungen in der Chemie weiterhin verfolgt und nun gerade wieder ein Deutscher den berühmten Anruf aus Stockholm bekam: Benjamin List vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr, für Arbeiten zur asymmetrischen Organokatalyse.

„Ich habe ihn einmal getroffen, aber es wäre übertrieben zu sagen, ich würde ihn gut kennen“, sagt Ertl.

Unser Anruf erreicht ihn in einer Seniorenresidenz, wo er mit seiner Frau lebt, seit er auf den Rollstuhl angewiesen ist. „Die Beine machen nicht mehr mit, aber zum Glück noch der Kopf.“ Er wirkt und redet noch immer wieder jener ältere Herr, der vor 14 Jahren im Fokus der Öffentlichkeit stand und den Weggefährten als ausnehmend freundlich, höflich und aufmerksam beschreiben.

Hoffnung, die Energiewende voranzubringen

Die Hoffnung sei „auf Basis der Katalyseforschung die Chemie nachhaltiger zu machen und die Energiewende voranzubringen“, sagt Ertl. „Aber der große Durchbruch ist noch nicht gelungen.“

Ungenügende Forschungsförderung sei hierfür nicht unbedingt der Grund. „In Berlin wird viel Geld in die Katalyseforschung gesteckt und die Leute meinen manchmal, dann wird der Erfolg schon kommen“, sagt er. Entscheidend aber seien „die guten Ideen, und die kann man nicht kaufen, die muss man haben.“

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Doch Forscherinnen und Forscher brauchen ein Umfeld, in dem sie Ideen entwickeln können. Deshalb hat Ertl einen Großteil der Nobelpreis-Million verwendet, um selbst einen Preis zu stiften – benannt nicht nach ihm, sondern nach dem ersten Chemie-Nobelpreisträger Jacobus van ’t Hoff. Er ist für „herausragende Persönlichkeiten auf dem Gebiet der Physikalischen Chemie“ vorgesehen, die etwa in der Mitte ihrer Karriere stehen.

Ab und zu fährt Ertl noch in sein Büro

Der Rest des Preisgeldes ermöglicht ihm und seiner Frau nun unter anderem den Aufenthalt in der Seniorenresidenz. Ab und an fährt er noch in sein Büro im Fritz-Haber-Institut oder arbeitet von zu Hause aus.

Im September ist seine Autobiografie „Mein Leben mit der Wissenschaft“ erschienen. Pünktlich vor dem 85. Geburtstag, den er mit Familie und Gästen aus seinem Institut begehen will.

„Keiner meiner Vorgänger hat dieses Alter erreicht“, sagt Ertl. Und den Krieg habe er ja auch noch miterlebt. „Da bin ich einfach dankbar, ein glückliches Leben geführt zu haben.“

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