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In Berlin sind die Preise für Eigentumswohnungen in den vergangenen 15 Jahren strak gestiegen.

© Ronald Patrick

Wohnungsbau in Berlin: Im Osten der Stadt viel Neues

Berlin boomt allerorten. Das Angebot an Immobilien hinkt der Nachfrage in vielen Lagen aber weiter hinterher.

Was heißt hier schon gute Lage? Angebot und Nachfrage klaffen auf dem Berliner Immobilienmarkt so weit aus- einander, dass derzeit die Verfügbarkeit von Grundstücken maßgeblich mit darüber entscheidet, wo verstärkt Projekte entwickelt werden. Der Blick auf das Neubaugeschehen hält einige Überraschungen bereit: Von knapp 35 000 geplanten Wohnungen entsteht die Hälfte in den Bezirken Mitte, Lichtenberg und Friedrichshain-Kreuzberg. Das geht aus dem aktuellen von der Berlin Hyp und dem Immobiliendienstleister CBRE herausgegebenen Wohnmarktreport Berlin hervor. Dafür wurden 267 Projekte analysiert.

Neukölln, Steglitz-Zehlendorf und Reinickendorf kommen demnach auf weniger als zehn Prozent der geplanten Einheiten. Für den Boom in der Innenstadt seien vor allem die guten Lagen und Verwertungsmöglichkeiten ausschlaggebend, heißt es. Im Osten der Stadt seien es dagegen die vielen großen und relativ preisgünstigen Baugrundstücke.

In der Hauptstadt nehme mittlerweile auch der Mietwohnungsbau an Fahrt auf, geht die Analyse weiter. Mehr als die Hälfte der Einheiten sollen direkt zur Miete realisiert werden. Hinzu kommt, dass wohl manch ein Besitzer seine neue Immobilie vermieten wird. Für den im Mietbereich noch weitaus stärker als im Eigentumsbereich angespannten Berliner Markt immerhin eine gute Nachricht.

In Marzahn-Hellersdorf soll sich die Lage für Investoren verbessern

Weniger schön fällt der Blick auf die Fertigstellungen aus. Nach den neuesten verfügbaren Zahlen aus dem Report wurden 2016 im vor allem in der Innenstadt dominierenden Geschosswohnungsbau zwar 2,4 Einheiten je 1000 Einwohner fertiggestellt und damit deutlich mehr als im Vorjahr mit 1,9. Dennoch landet Berlin zusammen mit Köln im Vergleich der sieben größten deutschen Städte damit auf dem letzten Platz. In Frankfurt lag dieser Wert bei 4,5 Einheiten je 1000 Einwohner, in München bei 3,9 Einheiten.

Als größtes Problem auf dem Berliner Mietwohnungsmarkt sehen Experten zu wenig verfügbares und geeignetes Bauland, wie aus dem jüngsten Wohnungsmarktbarometer der Investitionsbank Berlin (IBB) hervorgeht. Danach wird das aktuelle Investitionsklima für den Neubau von Eigentumswohnungen zwar in der gesamten Stadt als überdurchschnittlich eingeschätzt. Mit Ausnahme von Treptow-Köpenick fällt die Beurteilung dabei für den Osten etwas besser aus als für den Westen. Für die kommenden Jahre wird allerdings in der Mehrheit der Bezirke mit einer Verschlechterung des Investitionsklimas gerechnet.

Im Bereich Neubau von Mietwohnungen erwarten die Experten in den kommenden drei Jahren kaum Veränderungen, lediglich in Marzahn-Hellersdorf soll sich die Lage für Investoren verbessern. Als einen der wichtigsten Faktoren für attraktive Wohnungen für Mieter wie Eigentümer sehen die von der IBB befragten Experten eine „integrierte Lage mit guter infrastruktureller Erschließung“ an.

Bis 2030 müssten 194 000 Wohnungen entstehen

Dazu passt, was Katja Giller, die Vorsitzende des Wertermittlungsausschusses des Immobilienverbands IVD Berlin-Brandenburg, im Preisbericht 2017/18 schreibt: Besonders in verkehrstechnisch gut erreichbaren und zentralen Lagen würden die Grenzen zwischen Standard- und Vorzugslagen verschwimmen. Die Entfernung zur Innenstadt und zu S- und U-Bahnhöfen sei oft maßgeblicher für die Preisbildung als die weitere Qualität der Wohnlage. Giller bemängelt zudem ein fehlendes Angebot, weil die Nachfrage trotz weiter gestiegener Preise nach wie vor hoch sei.

Angesichts des Interesses von Investoren aus aller Welt und der weiter steigenden Einwohnerzahl ist das keine allzu große Überraschung. Bis 2030 erwartet das Forschungsinstitut RegioKontext, das die Senatsverwaltung bei der Aktualisierung des Stadtentwicklungsplans Wohnen berät, einen Zuwachs von noch einmal 181 000 Menschen. Bis dahin müssten den Forschern zufolge insgesamt 194 000 Wohnungen in Berlin entstehen. Darin sind auch 77 000 Wohnungen enthalten, die schon jetzt fehlen, weil zwischen 2013 und 2016 der Bedarf der wachsenden Bevölkerung nicht gedeckt war.

Wer diese Zahlen als Basis nimmt, kommt auf das Ziel der rot-rot-grünen Koalition von mindestens 100 000 neuen Wohnungen bis 2021. Allein 30 000 sollen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften errichten. Mit den Bezirken hat das Land dazu Vereinbarungen abgeschlossen. Die Ziele sind recht unterschiedlich und wohl auch dem verfügbaren Platz geschuldet: So wollen etwa Pankow, Spandau, Treptow-Köpenick und Lichtenberg jeweils mehr als 10 000 Wohnungen schaffen, Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf hingegen weniger als 5000.

Nachverdichtung könnte eine Lösung sein

Im jüngsten Wohnungs- und Städtebauprogramm „Wachsende Stadt“ der Senatsverwaltung waren zuvor elf Schwerpunkte für Neubau ausgewiesen worden. Neben der Europacity am Hauptbahnhof, der Wasserstadt Oberhavel und Adlershof handelte es sich um neu zu entwickelnde Quartiere. Auf der Liste finden sich etwa der umstrittene Blankenburger Süden, Buch, die Buckower Felder oder der ehemalige Güterbahnhof Köpenick. Auch ein neues Quartier in Lichterfelde Süd und die Gegend rund um den eines Tages vielleicht einmal stillgelegten Flughafen Tegel gehören dazu.

Aus Sicht der Senatsverwaltung hat Berlin im Wohnungsbereich kein akutes Flächenproblem. Bis 2030 reichten die Potenziale der Stadt für rund 179 000 neue Wohnungen, heißt es. Damit fehlen jedoch 15 000. Nachverdichtung ist das passende Stichwort, mit dem gegengesteuert werden könnte. Zum Beispiel, indem neue Bauflächen ausgewiesen, Discounter-Gebäude mit Wohnhäusern überbaut oder mehr Hochhäuser genehmigt werden. Die Planungen der Senatsverwaltung basieren ab 2021 auf einem sinkenden Neubaubedarf. Ab dann soll der Bevölkerungszuwachs sich abschwächen. Ob das so eintritt, sei dahingestellt. Mit dem aktuellen Boom an Zuwanderung, Arbeitsplätzen und Wirtschaftskraft hatte vorher ja offenbar auch niemand gerechnet.

Noch immer Luft nach oben

Viele Teile Berlins haben – allen Klagen über gestiegene Kauf- und Mietpreise und einzelnen Spitzenpreisen zum Trotz – noch immer Luft nach oben, gerade im Vergleich zu anderen Hauptstädten. Wobei eine Studie des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts für den Postbank Wohnatlas 2018 erst kürzlich zu dem Schluss gekommen ist, dass Berlin unter den sieben größten deutschen Städten bis 2030 den geringsten Preisanstieg erleben wird. Die Forscher gehen von einem Plus von jährlich nur 0,53 aus. Zum Vergleich: Von 2016 zu 2017 kletterten die Quadratmeterpreise in der Hauptstadt der Studie zufolge um satte 11,4 Prozent auf durchschnittlich 3676 Euro. Das war der größte Zuwachs unter Deutschlands Metropolen. In absoluten Zahlen bedeutete es Platz fünf. Für ihre Prognose zogen die Forscher unter anderem Daten zur Bevölkerungsstruktur, Einkommensentwicklung und zum Wohnungsangebot heran.

Potenziellen Immobilienkäufern – und wohl auch Mietern – legen Finanzierungsexperten indes nahe, in Großstädten den Blick auch auf weniger begehrte Lagen zu weiten. Hartmut Schwarz von der Verbraucherzentrale Bremen rät allgemeingültig: „Mit etwas Fantasie kann man sich dann auch für derzeit vielleicht weniger beliebte Viertel mit Potenzial entscheiden.“

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