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Mit Durchblick. Die großen Gebäudedurchbrüche und das Spiel mit der Lichteinstrahlung geben dem massiven Bau trotzdem eine gewisse Leichtigkeit.

©  Doris Spiekermann-Klaas

Architekturpreis 2016 - Berlins beste Bauten: Die Leichtigkeit des Lichts

Am Neustädtischen Kirchplatz in Mitte spielt das „Lux“ mit der wechselnden Sonneneinstrahlung. Gebäudedurchbrüche sorgen dafür, dass möglichst viel Licht ins Innere dringt.

Das „Lux“ ist ein Haus wie ein Schweizer Käse. Zwei würfelförmige Löcher sind aus seiner Mitte geschnitten worden. Das lässt das Lux weniger wuchtig wirken und gibt allen Bewohnern den Blick nach vorne frei, auch jenen, die sonst nur einen Hinterhausblick bekommen hätten. Stattdessen liegt nun allen der Neustädtische Kirchplatz mit einer großen Rasenfläche zu Füßen, dahinter erhebt sich die ehemalige amerikanische Botschaft.

Annette Axthelm steht auf dem Neustädtischen Kirchplatz und blickt zur äußersten Spitze des Hauses, wo sich am Nachmittag das späte Sonnenlicht spektakulär an der Fassade bricht. „Das Lux sollte ein innerstädtisch besonderer Ort werden“, sagt die Architektin, die das Haus zusammen mit Henner Rolvien entworfen hat. Der besonderen Lage entsprechend eben – unweit von Friedrichsstraße und Unter den Linden, der Reichstag und das Brandenburger Tor gleich um die Ecke. Und dann noch sehr ruhig gelegen mit einem Park direkt vor dem Haus – das ist ein seltener Fund in der Berliner Stadtmitte.

Doch vor allem architektonisch ist das Haus ungewöhnlich. Besondere Aufmerksamkeit haben Axthelm und Rolvien der Fassade gewidmet. Deren gefaltete Blechpaneele und Glaselemente spielen mit dem je nach Tageszeit wechselnden Licht und machen die Fassade lebendig. Auch die Farbwahl überrascht. Die zum Kirchplatz gewandte Seite des „Lux“ ist ganz in Schwarz gehalten, die Wände im Innenhof sind dagegen champagnerfarben und wirken fast golden. „Während die Fassade nach außen dunkel ist, sollte der Innenhof im Goldton schimmern“, sagt Axthelm, auf der Mauer am hauseigenen Kinderspielplatz sitzend. Selbst wenn die Sonne nicht scheint, lässt der helle Farbton den Innenhof warm und freundlich wirken. „Das Haus sollte jederzeit von innen heraus strahlen“, sagt Axthelm.

Durchlässe im Innenhof sorgen für mehr Helligkeit

Das Thema Licht zieht sich durch das gesamte Gebäude. Neben der Fassadengestaltung sorgen auch die großen Durchlässe im Innenhofbereich für mehr Helligkeit und schaffen außerdem besondere Wohnungen im Zwischengeschoss. „Ich wollte aus der Mitte des Hauses etwas herausschneiden, weil es mir so leid tat, dass die Bewohner im hinteren Teil sonst nur auf die Schadowstraße geschaut und so wenig vom Park gesehen hätten“, beschreibt Axthelm ihre architektonische Idee. Die hinter dem „Lux“ entlangführende Schadowstraße ist nur etwa sieben Meter breit, der Blick geht hier auf ein wenig attraktives Verwaltungsgebäude.

Axthelm nimmt den Fahrstuhl bis zur begrünten Terrassenebene, die durch die Aussparung entstanden ist und mitten durch das Haus geht. „Durch das Loch haben wir eine Hinterhofterrasse vermieden“, sagt sie. Statt gegen eine Fassade geht der Blick durch den Bauch des Hauses bis zur Straße dahinter.

Dreht man sich auf der weitläufigen Terrassenlandschaft um, hat man das Gefühl, mitten auf dem Neustädtischen Kirchplatz zu stehen. So nah scheint der Rasen. Nichts stört den Blick auf das ehemalige Botschaftsgebäude der USA und die Grünfläche des Platzes. Um diese Aussicht für alle Bewohner zu bewahren, gelten bestimmte Regeln. Die Bepflanzung darf nur 80 Zentimeter hoch sein, um dem Nachbar nicht den architektonisch errungenen Ausblick mit mannshohen Hecken zu nehmen.

Die Aussparungen haben noch einen weiteren Vorteil. Sie erzeugen das Gefühl einer gewissen Durchlässigkeit des Hauses. Das Lux wirkt durch sie nicht klobig, eher wie eine Skulptur aus Glas und Metall. „Eigentlich wollten wir noch mehr Löcher schaffen“, sagt Axthelm. Doch dadurch wäre dem Bauherrn zu viel Fläche verloren gegangen. Was aus dem Bauch des Hauses herausgenommen wurde, wurde oben draufgesetzt – deshalb war für die Penthouse-Etage eine zusätzliche Baugenehmigung nötig. Blickt man im sechsten Stock durch die extragroßen Fenster, fällt der Blick direkt auf den Fernsehturm.

Schutzverglasungen bewahren Bewohner vor sommerlicher Hitze

Die Fenster im „Lux“ haben mit drei mal sechs Meter die größtmögliche Fläche, die derzeit industriell gefertigt werden kann. Sonnenschutzanlagen und eine Sonnenschutzverglasung sorgen dafür, dass es hinter den Scheiben auch im Berliner Sommer nicht zu warm wird. Wie ein Aquarium solle es wirken, sagt Axthelm – innen und außen miteinander verzahnt. „Wenn man an einem solchen Ort wohnt, will man sich draußen befinden.“

Trotz der großen Fenster ist es von draußen nur schwer möglich, in die Wohnungen zu sehen. Das liegt daran, dass sich – vor allem tagsüber – die Umgebung in ihnen spiegelt, statt die Bewohner den neugierigen Blicken preiszugeben. Der Spiegeleffekt trägt auch dazu bei, dass das „Lux“ sich harmonisch in seine Umgebung einfügt, obwohl es ein großer Solitärbau ist. Die Spiegelbilder der Bäume, Nachbarhäuser und Spaziergänger finden sich in den großen Fenstern wieder. „Das Lux soll wie ein Prisma sein“, sagt Axthelm. „Gerade weil in der Berliner Mitte sonst alles steinern ist.“

Um die Ecke das Brandenburger Tor und der Reichstag, vor dem Haus ein grüner Platz – dem besonderen Umfeld entsprechend ist das „Lux“ ein extravagantes Projekt.
Um die Ecke das Brandenburger Tor und der Reichstag, vor dem Haus ein grüner Platz – dem besonderen Umfeld entsprechend ist das „Lux“ ein extravagantes Projekt.

© Promo

Im Eingangsbereich empfängt ein Portier Bewohner und Besucher. Mittlerweile sind alle 64 Wohnungen verkauft – trotz der sehr hohen Preise zwischen 4 500 und 10 500 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Noch wirkt das Haus recht unbewohnt, auch weil noch nicht allzu viele Parteien eingezogen sind. Hinter den Türen und in den Fluren ist es still. In einem der großen Fenster ist kurz ein Kind zu sehen. Wer in einer so hochpreisigen Wohnung lebt, möchte sich vielleicht nicht so gerne hineinschauen lassen. „Die meisten Wohnungen werden fertig ausgebaut gekauft, einige aber im Rohbau übernommen“, sagt Axthelm. Etwa die Hälfte der Käufer wohnt selbst im „Lux“, die andere Hälfte hat die Wohnung als Kapitalanlage erworben. Gerade jene Menschen, die selbst hier einziehen möchten, brächten häufig einen eigenen Innenarchitekten mit.

Weitere Kandidaten für den Architekturpreis Berlin 2016 finden Sie hier.

STIMMEN SIE AB!

Der Architekturpreis Berlin 2016 prämiert Bauten, die kürzlich in Berlin fertiggestellt wurden. Der Preis ist deshalb eine Leistungsschau des guten Bauens. In Kooperation mit dem Verein „Architekturpreis Berlin“ präsentiert der Tagesspiegel in einer Serie zahlreiche Bewerbungen. Wir zeigen, welche architektonische Vielfalt möglich ist und was Bauherren mit Anspruch leisten können.

Sie sind gefragt – bei der Vergabe des Publikumspreises. Unter www.tagesspiegel.de/Architekturpreis können Sie sich in der interaktiven Landkarte bei jedem Projekt einklicken und dann alle Bewerbungen mit weiteren Informationen und Fotos anschauen. Abstimmen können Sie bis 16. Mai. Eine Anmeldung ist nur für die Stimmabgabe nötig.

Pascale Müller

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