Als die ARD am Abend des 13. November 1976 das vierstündige Konzert von Wolf Biermann in der Kölner Stadthalle zeitversetzt übertrug, hatte sie ein unvergängliches zeitgeschichtliches Dokument in der Tasche. Jetzt ist eine - zwangsläufig gekürzte - Aufzeichnung als Video erhältlich, und durch die Patina einiger Jahrzehnte, die sich mittlerweile über diese Bilder gelegt haben, dringt noch einmal das durch, was schon damals als unerhörte Begebenheit wahrgenommen wurde. Die Selbstkommentare Biermanns zwischen seinen Gitarrenliedern, die Stichworte aus dem Publikum virtuos in die Inszenierung mit einbauen (eindrucksvoll: Biermanns Mikrofongewalt über die K-Gruppen), die zwischen Aggression und Sentiment schwankenden Gefühlslagen des Barden, der zwölf Jahre lang in Ostberlin nur in den eigenen vier Wänden gesungen hatte, das Gespür für den Zusammenklang von individuellem Geschick und Zeitgeschichte - das alles ist Anschauungsunterricht aus einer noch längst nicht vergangenen Zeit.
Zeitung Heute : Mikrofongewalt
0Kommentare
Neuester Kommentar