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Im Rampenlicht. Steffen Seibert war ZDF- Moderator, bevor ihn Angela Merkel 2010 zum Regierungssprecher machte.

© AFP

Über Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Von Schreibern, Sprechern und Seitenwechslern

Während Printmedien seit Jahren kriseln, wird Pressearbeit für immer mehr Journalisten interessant. Über das Verhältnis, die Themen und die Unterschiede.

Journalist? Für viele ist das immer noch ein Traumberuf. Berufsziel Pressesprecher? Das kommt dann vielleicht nicht ganz so oft vor, obwohl das eine mit dem anderen immer stärker zusammenhängt. Was sich durchaus auch in der Mitgliederstruktur des DJV niederschlägt: „Wir schätzen, dass etwa 15 Prozent unserer 32 000 Mitglieder hauptberuflich als Pressestellenjournalisten arbeiten“, sagt DJV-Sprecher Hendrik Zörner.

Tendenz steigend. Auch eine Folge davon, dass in den vergangenen Jahren feste Stellen in der angespannten Printbranche abgebaut wurden und sich daher noch fest angestellte oder freie Journalisten umorientieren müssen. Immer mehr Freie wechseln entweder ganz in die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit oder nehmen mehr Aufträge aus diesem Bereich an.

Was macht das mit dem Selbstverständnis des Journalisten? Und: Wie ist das Verhältnis zwischen Journalisten und Pressesprechern, aus Sicht des DJV? Beide Gruppen sollten auf jeden Fall kooperieren, sagt Zörner. „Vor allem deshalb, weil sie aufeinander angewiesen sind.“ Wenn es optimal läuft, verstehe sich der Pressesprecher als Dienstleister für Journalisten. Das Gegenteil, nämlich Journalisten Informationen nicht zu liefern, zahle sich auf Dauer nie aus. Im Gegenteil: Das provoziere erst besonders akribische Recherchen.

Fragt sich als Zweites, wie ausgeprägt der Seitenwechsel aus Perspektive der Journalisten ist – wenn es denn ein Seitenwechsel ist, wie zum Beispiel bei Steffen Seibert, der 2010 vom ZDF-„heute-journal“ als Regierungssprecher ins Kanzleramt ging. Einen entscheidenden Unterschied müsse sich jeder Journalist klar machen, der über einen Wechsel in die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nachdenkt, sagt Zörner: „Pressesprecher machen Auftragskommunikation. Sie sind in erster Linie ihrem Arbeitgeber verpflichtet und nicht der Wahrheit und der kritischen Berichterstattung.“

Was wollen die Pressestellen, was brauchen die Redaktionen?

Man kann es auch etwas anders sehen. „Ich bleibe Journalist, wenn ich Pressearbeit mit journalistischem Anspruch mache“, sagt Claudius Kroker, Journalist, Redenschreiber, Dozent für PR-Arbeit und Pressearbeit, „also Pressemitteilungen schreibe, die relevante Informationen statt selbstdarstellerischem Herumgeschwurbel liefern, wenn ich bei der Pressearbeit nicht nur das verständliche Interesse meines Auftraggebers oder meines Chefs berücksichtige, sondern ebenso das Interesse von Medien und Zielgruppen und die Arbeitsprozesse in Redaktionen.“

Kroker arbeite auch als Pressesprecher mit journalistischem Denken, wenn er Sorgfalt und Zuverlässigkeit vor Schnelligkeit setze. „Leider machen das auch nicht alle Journalisten und Redaktionen, ich lese immer wieder Beiträge mit inhaltlichen Fehlern oder tendenziös geschriebene Berichte, bei denen objektive Information und subjektive Bewertung verschwimmen.“

Pressesprecher und Journalisten sollten, so Kroker, gemeinsame Qualitätsziele verfolgen: konkrete und relevante Informationen in der Pressearbeit, Sorgfalt in der Berichterstattung, verständliche Darstellung und sachliche Information statt persönlicher Einflussnahme, um nur einige zu nennen.

Was wollen die Pressestellen, was brauchen die Redaktionen? Wie geht das mit dem Autorisieren? Um solche Fragen eindeutig zu klären, eine gemeinsame professionelle Basis zu haben, könne der Austausch beider Schreibtisch-Seiten in einem Verband nur von Vorteil sein.

Rechtsstreitigkeiten von Pressesprechern

Ähnlich sieht das Matthias Oloew, der seinen Job als Tagesspiegel-Redakteur mit dem des Sprechers der Berliner Bäder-Betriebe getauscht hat. Handwerklich habe sich relativ wenig verändert. „Wie viele andere Unternehmen entwickeln die Berliner Bäder-Betriebe redaktionelle Formate von Zeitschriften über Blogs bis Kollegen-Apps, die mit redaktionellen Inhalten gefüllt werden.“

Er sei eine Art Chefredakteur für unterschiedliche Medienformate geworden. Zum eigenen Erstaunen war das keine große Umstellung zur vorherigen Arbeit. Oloew macht diesen Job jetzt seit über zehn Jahren. „Sehr zu schätzen habe ich übrigens gelernt, in einer tariflichen Bindung zu arbeiten, mit entsprechend fest geregelten Entgelten und vertraglich vereinbarten Lohn-Steigerungen“, sagt er.

Womit auch der DJV wieder ins Spiel kommt. Rechtsstreitigkeiten von Pressesprechern kommen laut Hendrik Zörner viel seltener vor als bei Journalisten. „Für unsere Landesverbände, die ja die Mitglieder betreuen, bedeuten Journalisten der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit weniger Beratungsaufwand und weniger Rechtsschutzfälle.“

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