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Kultur: Christa Thoben und die Berliner Kulturarbeiter

Uwe Lehmann-Brauns pfeift, wie er sagt, auf dem letzten Nasenloch und bittet, das Rauchen einzustellen. Der kulturpolitische Sprecher der Berliner CDU-Fraktion hat zur Begegnung mit Kultursenatorin Christa Thoben ins BKA-Zelt geladen - und nicht nur er scheint an diesem frühen Montagabend verschnupft.

Uwe Lehmann-Brauns pfeift, wie er sagt, auf dem letzten Nasenloch und bittet, das Rauchen einzustellen. Der kulturpolitische Sprecher der Berliner CDU-Fraktion hat zur Begegnung mit Kultursenatorin Christa Thoben ins BKA-Zelt geladen - und nicht nur er scheint an diesem frühen Montagabend verschnupft. Denn die Vertreterinnen und Vertreter der freien Berliner Kulturszene klagen und stimmen das alte Lied an: den Ruf nach dem finanzstarken Senat samt der mitunter nostalgischen Reminiszenz an jene Epoche, in der West-Berlin als Bollwerk der freien Welt am Bundestropf hing und die Hauptstadt der DDR sich ihre staatlich angestellten (und gegängelten) Künstler hielt. Mit der Gemütlichkeit ist es ohnehin vorbei. Aber, Frau Thoben, bitte übernehmen Sie doch! So gerät die Vorstellungs- und Fragestunde zur Begegnung der dritten Art. Denn die neue Senatorin schlägt längst andere Töne an und setzt Dissonanzen ins Unisono derer, die sich von ihrer Rolle als Bittsteller nicht verabschieden und Christa Thoben nur den Gegenpart der "Eisernen Lady" zubilligen wollen.

Verkehrte Welt. Berlins Kulturarbeiter reden vom Geld. Die Senatorin, nach sechs Atmswochen in Detailfragen bereits erstaunlich gut informiert, redet die Finanznot zwar keineswegs schön. Aber sie spricht vor allem von der Kultur. Von ihrer Vision einer Kultur der Aufklärung. Von Haftung und Eigenverantwortung. Von Orientierung in einer unübersichtlichen Welt und von den befreienden Impulsen der Kunst. Vom Paradigmenwechsel. Kurz, sie redet davon, dass in der Welt der schönen Künste am Gelde doch nicht alles hängt. So erwähnt sie den Vorsatz, die Tanzkompagnien der Opernhäuser zum Berlin-Ballett zusammenzulegen, nicht wegen des Spareffekts, sondern wegen der Aussicht, dem Tanz in Berlin den Anschluss an die Weltklasse zu ermöglichen.

Im BKA-Zelt stößt Christa Thoben auf taube Ohren. Was daran liegen mag, dass ihr Augenmerk vor allem den "Leuchttürmen" gilt. In der Debatte um Festspiele, Museumsinsel und Philharmonie fühlen sich die kleinen Lichter naturgemäß ignoriert. Aber die Kulturbrauerei, der Künstlerklub "Die Möwe", das Käthe-Kollwitz-Museum oder die Kindertheatermacher - warum können deren Vertreter nichts weiter beitragen als Wehmut? Will die Off-Szene tatsächlich nur, dass sich nichts ändert? Kulturpolitik als Arten- und Denkmalschutz? Die Bildende Künstlerin möchte freien Eintritt in die Museen. Die Literatin verlangt die Wiedereinführung einer sozialen Künstlerförderung. Das Hansa-Theater bittet um Amtshilfe bei Kostüm- und Kulissen-Ausleihe. Nicht, dass solche Bitten ausnahmlos verwegen oder vorgestrig wären. Aber ein Gespräch über den Reformstau bei Klüngelwirtschaft und Subventionsmentalität befördern sie kaum. "Wenn es uns nicht gelingt, die kreativsten, die provozierendsten, vielleicht auch die aggressivsten Künstler in diese Stadt zu holen und hier zu halten, dann verschütten wir ein Stück Zukunftspotenzial." Sagt die Senatorin. Derweil trauern die Freunde des Hauses der Singakademie der alten Singakademie nach. Dazwischen liegen Welten: jenes gewaltige Feld, das eine Haupstadt-Kulturpolitikerin beackern muss, wenn sie ihre Reden in die Tat umsetzen will.

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