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Vor dem Ende einer Beziehung. Björn Höcke droht das Ende seiner Parteikarriere in der AfD.

© dpa

Sieben Monate vor Bundestagswahl: Warum das AfD-Verfahren gegen Höcke misstrauisch macht

Mit einem schwebenden Ausschlussverfahren gegen Björn Höcke kann die AfD für die Extremisten offen bleiben und die anderen besänftigen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Nun soll also Björn Höcke aus der AfD ausgeschlossen werden. Wirklich? Der Beschluss des Vorstands gegen den höchst umstrittenen Chef des Landesverbands Thüringen wurde zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit gefasst. Aber mit gewichtigen Gegenstimmen – und in einer Telefonkonferenz. So konnten die Kontrahenten einander nicht in die Augen sehen, was bei einem derart wichtigen Beschluss geboten gewesen wäre, damit die wahren Intentionen keinem verborgen bleiben, auf keiner Seite.

Diese Vier immerhin stimmten mit Nein: AfD-Vize Alexander Gauland, der Co-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen, Sachsen-Anhalts Landes- und Fraktionschef André Poggenburg und der niedersächsische Landeschef Armin Paul Hampel. Vier gegen Parteichefin Frauke Petry – das ist ein Teil der Auseinandersetzung, in der es um alles geht, könnte man meinen. Jedenfalls wirkt es so, als riskiere Petry die Spaltung. Nur kann da, wo Gauland mit von der Partie ist, auch Doppelbödigkeit im Spiel sein.

Das Verfahren könnte sich bis nach der Bundestagswahl hinziehen

Höckes Äußerungen von Dresden zum Holocaust-Mahnmal in Berlin und zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, nach seinen Worten eine „dämliche Bewältigungspolitik“, die ein „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ erfordere, hat ja bundesweit nicht überall Empörung ausgelöst. Im Gegenteil, Gauland verteidigt sie und hält auf diese Weise die AfD als Alternative für alle Ausgegrenzten am äußersten rechten Rand offen. Für die anderen, die sich von Höcke abgestoßen fühlen, gibt es dann das Ausschlussverfahren, auf dass die Partei für sie wählbar ist oder bleibt.

Doch kann das ein langwieriges Verfahren werden, sechs bis zwölf Monate dauern – so lange, dass die Bundestagswahl vorüber ist. Nun heißt es zwar, wegen des Bundestagswahlkampfes könnte das schneller gehen. Aber warum sollte es, wenn doch das Doppelsignal der AfD mehr hilft?

Auch die AfD wird gerade vom Schulz-Effekt getroffen

Hier ist erhebliches Misstrauen angebracht. Denn fürs Erste soll das Landesschiedsgericht der AfD Thüringen über Höckes Ausschluss urteilen. Wenn sich allerdings dieses Schiedsgericht für befangen erklärt, weil Höcke der Landesvorsitzende und starke Mann ist, müsste das Bundesschiedsgericht entscheiden. Aber selbst für den Fall, dass das höchste Parteigericht seinen Ausschluss beschließt, wird Höcke das Urteil anfechten. Das Ganze kann also dauern und in jede Richtung seine Wirkung entfalten.

Was insofern strategisch von Bedeutung ist, als die AfD – wie die Union – vom Schulz-Effekt getroffen wird: Bei Unentschlossenen und Unzufriedenen punktet gerade besonders der SPD-Kanzlerkandidat. Seine populär-populistische Art kommt an. Mit ihm steigt die SPD in den Umfragen – gleichzeitig sinkt die AfD. Daraus kann ein Trend werden.

Und wenn am Ende der Rauswurf Höckes nicht gelingt, womit Ko-Parteichef Meuthen schon fest rechnet? Dann wäre die Bundestagswahl vorüber. Die Zeit von Frauke Petry an der Spitze der AfD erst recht.

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