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Berlin: Jakob-Kaiser-Haus: Der größte Neubau des Parlaments ist nach fünf Jahren fertig

"Wir fühlen uns wohl", sagt Ole Diehl und rühmt den tollen Blick auf die Reichstagskuppel. Die Menschen dort wirken so nah, als ob man ihnen winken müsste.

"Wir fühlen uns wohl", sagt Ole Diehl und rühmt den tollen Blick auf die Reichstagskuppel. Die Menschen dort wirken so nah, als ob man ihnen winken müsste. Die Perspektive ist ein Privileg, "um das wir uns aber nicht gerissen haben". Ole Diehl ist persönlicher Referent des FDP-Bundestagsabgeordneten und früheren Bundesaußenministers und Vizekanzlers Klaus Kinkel.

Die Freidemokraten, auch die Bündnisgrünen, hat es vergleichsweise gut getroffen, viele Abgeordnete können dagegen nur schattigen Hofblick genießen. Dietmar Kansy (CDU), der Vorsitzende der Baukommission des Bundestags, hält das Haus für gelungen. Man freue sich auf das Parlament der kurzen Wege, und es habe sich gelohnt, nicht auf Einzug zu drängen, sondern abzuwarten, bis der Bau wirklich fertig ist.

Der größte und teuerste öffentliche Neubau der deutschen Nachkriegszeit, das Kernstück des Parlaments neben dem Reichstag, ist zumindest fast fertig, heute nimmt Bundestagspräsident Wolfgang Thierse den symbolischen Schlüssel von der Bundesbaugesellschaft Berlin entgegen. Die Fenster sind noch mal geputzt worden, fast alles wirkt perfekt. Aber "die Mängelbeseitigung wird noch eine Weile dauern", sagt André Lundt von der Bundesbaugesellschaft. Von den Bundestagsabgeordneten habe man allerdings erstaunlich wenig Klagen gehört. Noch aber konnten sie kaum Zeit finden, sich einzugewöhnen, noch ist der Einzug in vollem Gange, voraussichtlich Mitte Februar sind die letzten Kartons ausgepackt.

Der Sichtbeton stört viele, berichtet Kansy, auch die Raumfugen zwischen den verschiedenen Häusern. Der Bundestagsvolksmund nennt sie Sing Sing, weil die dortigen Treppenkonstruktionen aussehen, als stünden sie in einem noblen Gefängnistrakt.

Rund 3000 Räume sind einzurichten, zwei Drittel aller Parlamentarier werden hier arbeiten, dazu kommen Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung. Eine kleine Stadt ist entstanden, die Häuser sind miteinander verbunden, die Blocks unterirdisch in Höhe des fünften Stocks mit Fußgängerbrücken, ein Tunnel führt zum Reichstagsgebäude.

Wie eine Allee zieht sich ein breiter Erschließungsweg vom Haus 1 am Ebertplatz bis zum Haus 4 an der Wilhelmstraße: Ein Gang, der nicht nur an den Räumen der verschiedenen Parteien vorbeführt, sondern auch an unterschiedlicher Architektur. Auch nach außen hin wird deutlich, dass hier mehrere Baumeister am Werk waren und eine Mischung zwischen preußischer Strenge und mediterraner Leichtigkeit entstanden ist. Einbezogen sind drei Altbauten: An der Nordseite das einstige Reichstagspräsidentenpalais (heute Sitz der Parlamentarischen Gesellschaft), in den Südblöcken das frühere Bankhaus Sommer, das nun zum Haus 7 gehört, und die frühere Kammer der Technik, die mit gläsernem Dachaufbau zum Bestandteil des Hauses 5 wurde.

Hinter dessen großen Fenstern sind Parlamentsmitarbeiter wie Ole Diehl beschäftigt. Schauen mitunter auf die Kuppel, auf Berliner und Touristen, die von oben auf die kleine Bundesstadt blicken und kaum noch wissen, wie es hier vorher aussah.

Christian van Lessen

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