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Brandenburg: Oma beklaut, Lappen weg

Vor der Führerscheinprüfung haben viele Jugendliche mehr Bammel als vor der nächsten Matheklausur. Nicht auszudenken, man bekäme den „Lappen“ nicht.

Vor der Führerscheinprüfung haben viele Jugendliche mehr Bammel als vor der nächsten Matheklausur. Nicht auszudenken, man bekäme den „Lappen“ nicht. Superpeinlich wäre das und voll uncool. Manche nehmen schon mit 17 Fahrstunden, um sich, kaum 18 geworden, endlich die ersehnte Fahrerlaubnis abzuholen. Vorher stehen kellnern, Zeitungen austragen und andere Jobs auf dem Plan, um das Ganze zu finanzieren. Denn mit dem Führerschein winkt die große Freiheit.

Nähme man den Jugendlichen ihren Führerschein weg, träfe man sie empfindlich. Das könnte eine wirksame Abschreckung sein, mag sich Brandenburgs Justizminister Kurt Schelter (CDU) gedacht haben – und machte den Vorschlag, jugendlichen Straftätern Fahrverbot zu erteilen, und zwar unabhängig davon, ob ihre Straftat im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs steht.

Weil eine solche Regelung nur bundesgesetzlich getroffen werden kann, hat das brandenburgische Kabinett jetzt einen Gesetzentwurf zur Senkung der Jugendkriminalität beschlossen, der in den Bundesrat eingebracht wird. Berlin hat sich daran nicht beteiligt.

Das Bundesjustizministerium rechnet dem Vorstoß aber keine sehr großen Chancen aus. „Wir sehen eher einen Bedarf im Erwachsenenstrafrecht, die Sanktionsmöglichkeiten zu vergrößern“, hieß es dort. Im Jugendstrafrecht gebe es bereits ein ausdifferenziertes Sanktionsinstrumentarium.

Deutlicher äußerte sich der Richterbund. Im Jugendstrafrecht stehe der Erziehungsgedanke im Vordergrund, nicht so sehr der Strafgedanke. „Wenn ein Jugendlicher klaut“, so Sprecherin Uta Fölster, „dann hat er in diesem Punkt ein Erziehungsdefizit. Hier muss man ansetzen.“ Eine Maßnahme anzuordnen, die nicht im Zusammenhang mit der Tat steht, ergäbe nach ihrer Ansicht keinen Sinn. So streng systematisch möchte Schelter das nicht sehen. Für ihn steht der Schutz der Bevölkerung vor Straftaten im Vordergrund. Es sei „nicht nachvollziehbar“, warum Jugendrichtern nicht längst die Möglichkeit in die Hand gegeben worden sei, Straftäter mit Fahrverbot zu belegen, so der brandenburgische Justizminister.

Mit dem Thema Jugendkriminalität wird sich auch der nächste Juristentag beschäftigen, der im September in Berlin stattfindet. Die Diskussionsgrundlagen gibt es schon, auch zum Thema Sanktionen im Jugendstrafrecht. Der Freiburger Strafrechtsprofessor Hans-Jörg Albrecht lehnt das Fahrverbot ab: Er glaubt nicht an die von Schelter erhoffte abschreckende Wirkung.

Bisher kann ein Fahrverbot nur erteilt werden, wenn es einen Zusammenhang zwischen Straftat und Kraftfahrzeug gab. Das heißt, nicht für Delikte wie zum Beispiel Ladendiebstahl. Wurde aber der Wagen nach der Tat als Fluchtfahrzeug genutzt, kann das schon wieder anders aussehen.

Juristisch ist übrigens zu unterscheiden zwischen Fahrverbot und Entziehung der Fahrerlaubnis. Beim Fahrverbot wird der Führerschein nach spätestens drei Monaten zurückgegeben. Bei der Entziehung der Fahrerlaubnis dagegen dauert die Sperre bis zu fünf Jahren. Danach müssen aber ein neuer Führerschein beantragt und gegebenenfalls auch eine neue Fahrprüfung abgelegt werden. Fatina Keilani

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