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09.05.2023, Berlin: Ein Blumengesteck mit der russischen Flagge wird bei einer Gedenkveranstaltung die Treppen des Sowjetischen Ehrenmals im Treptower Park hinaufgetragen. Am 8. und 9. Mai jährt sich die Befreiung vom Nationalsozialismus zum 78. Mal. Foto: Christoph Soeder/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Christoph Soeder

Update

An Ehrenmalen und am Brandenburger Tor: Berliner Polizei sichert Gedenken ans Weltkriegsende mit Großaufgebot ab

Zum Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs gab es etliche Veranstaltungen in Berlin. Auch die russisch-nationalistische Rockergruppe „Nachtwölfe“ reiste an.

| Update:

Mit Kranzniederlegungen und Kundgebungen ist auch am Dienstag in Berlin an das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa vor 78 Jahren erinnert worden. Insgesamt waren laut Polizei in der Stadt mehr als ein Dutzend Veranstaltungen angemeldet. Die Polizei befürchtete Spannungen wegen des Ukraine-Kriegs und war nach eigenen Angaben mit etwa 1300 Beamtinnen und Beamten im Einsatz. Unterstützt wurde die Berliner Polizei von einer Hundertschaft aus Schleswig-Holstein. 

Die russische Botschaft gedachte der getöteten sowjetischen Soldaten an den sowjetischen Ehrenmälern in der Hauptstadt. Botschafter Sergej J. Netschajew legte am Dienstagvormittag einen Kranz im Treptower Park nieder.

Russlands Botschafter Sergei J. Netschajew legte bei einer Gedenkveranstaltung im Treptower Park einen Kranz nieder.

© dpa/Christoph Soeder

Anschließend zog die Delegation weiter zum sowjetischen Ehrenmal im Tiergarten. Rund 400 Menschen nahmen nach Polizeiangaben daran teil.

Gedenkmarsch vom Brandenburger Tor

Hunderte Menschen erinnerten mit einem Gedenkmarsch vom Brandenburger Tor über die Straße des 17. Juni zu dem Ehrenmal an die gefallenen Soldaten. Für die Veranstaltungen galt ein Verbot russischer Fahnen und Symbole. Gäste der Delegation durften diese jedoch tragen, wie die Polizei betonte.

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Bei der Veranstaltung im Treptower Park waren daher solche Flaggen zu sehen. Die Menschen hätten bei Überprüfungen der Delegation zugeordnet werden können, erklärte ein Polizeisprecher. Er sprach von einem „weitgehend störungsfreien Verlauf“ der Veranstaltungen.

Putin-Rocker müssen Fahnen abgeben

Aus Tschechien angereiste Sympathisanten der russisch-nationalistischen Rockergruppe „Nachtwölfe“ mussten ihre Fahnen dagegen abgeben, wie der Polizeisprecher sagte. Weitere Mitglieder aus Deutschland waren am Mittag ebenfalls in Berlin eingetroffen. Für diese gebe es „aus verkehrstechnischen Gründen“ keine geschlossene Anfahrt, erklärte der Polizeisprecher. Die „Nachtwölfe“ gelten als Unterstützer des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Mitglieder der „Nachtwölfe“ legen einen Kranz nieder.

© Tsp/Julius Geiler

Die Motorradrocker waren gegen 12.30 Uhr vor Ort eingetroffen und hatten einen Kranz niedergelegt. Dabei waren sie mit verhaltenem Applaus von Umstehenden begrüßt worden. Das Ehrenmal im Tiergarten durften sie laut Polizei nur in Kleingruppen besuchen.

Die „Nachtwölfe“ am Ehrenmal im Treptower Park.

© Tsp/Malte Neumann

Gegen 14.30 Uhr legten gut 15 „Nachtwölfe“ unter Polizeibegleitung, Applaus der Menge und Russland-Sprechchören dann auch am Ehrenmal im Treptower Park Blumen nieder. Ein Mitglied der Gruppe kündigt fünf weitere Kolonnen an. In der Menge standen auch russische oppositionelle Aktivisten der Protestinitiative Demokrati-JA mit Ukraine-Flaggen. Als sie die Parole „ Slawa Ukrajini“ („Ruhm der Ukraine“) anstimmten, reagierte die Menge mit Russland-Rufen. Die Polizei verhinderte körperliche Auseinandersetzungen.

Nach dem Abzug der ersten Rocker-Kolonne präsentierten die Aktivisten von Demokrati-JA die ukrainische Nationalflagge. Die Menge skandierte Russland-Sprechchöre. Kurz hielt eine Frau eine Sowjet-Flagge über die Ukraine-Flagge. Die Polizei konfiszierte sie.

Im Anschluss legten weitere kleinere Gruppen von „Nachtwölfen“ Kränze vor dem Denkmal nieder. In Treptow wurden die Putin-nahen Motorradrocker gefeiert wie Popstars. Sympathisanten wollten gemeinsame Fotos machen. Als einer aus der Gruppe einer Frau beim Heruntergehen der Treppen half, dankten andere Besucher auf Russisch.

Unterdessen waren bei zunehmendem Alkoholkonsum auch immer mehr verbotene Sankt-Georgs-Bänder zu sehen. Zwischenzeitlich bildete eine größere Personengruppe das schwarz-orange gestreifte Band sogar in Form einer Menschenkette nach – mit schwarzen Oberteilen und orangefarbenen Warnwesten. Die Prozession der Menschenkette endete mit einem dreifachen Hurra-Ruf, den zuvor auch die Nachtwölfe skandiert hatten.

Menschen am Treptower Sowjet-Ehrenmal bildeten mit Warnwesten und schwarzen Oberteilen das verbotene Georgsband nach.

© Tsp/Malte Neumann

Das Georgsband, die seit Kriegsbeginn als Symbol für die Unterstützung des Kremlkurses gilt, war an den Ehrenmalen eigentlich von der Polizei untersagt worden. Die Polizei ging jedoch zunächst nicht gegen die Bänder vor – sie war mit den „Nachtwölfen“ beschäftigt.

Botschafter richten Kränze im Tiergarten

Am sowjetischen Ehrenmal im Tiergarten hatte sich gegen 11.30 Uhr eine niedrige dreistellige Anzahl von Menschen versammelt. Viele von ihnen kamen im Anzug und festlicher Kleidung – und mit dem Sankt-Georgs-Band. Sie würden das Band als eine „Ehrenmedaille“ tragen, sagte einer der Träger, zum „Siegestag“ Russlands. Das Verbot der Georgsbänder galt nicht für russische Delegationen.

Eva Ruppert trägt eine Kopfbedeckung mit rotem Stern, unter anderem Symbol der Roten Armee. Für sie repräsentiere diese die Befreiung vom Faschismus, sagt sie.

© Tsp/Hanna Beisel

Zu sowjetischer Musik schwang Alexander Milyutin von der russischen Botschaft eine rote Fahne. „Nicht die sowjetische Flagge“, wie er betonte, sondern die des Regiments. Die Versammelten machten teils Selfies mit der Fahne.

Alexander Milyutin von der russischen Botschaft mit roter Fahne.

© Tsp/Hanna Beisel

Nachdem am Vormittag fünf Botschafter aus ehemaligen sowjetischen Republiken wie Turkmenistan und Usbekistan ihre Kränze vor der Gedenkstätte gerichtet hatten, leerte es sich am Ehrenmal in Tiergarten zunächst etwas.

Am Sowjetischen Ehrenmal im Tiergarten findet ein festliches Gedenken statt.

© TSP/Hanna Beisel

1300 Teilnehmer beim Gedenken am Brandenburger Tor erwartet

Gegen 12.30 Uhr erreichte dann der vom Brandenburger Tor gestartete Demozug „Aufzug zum Gedenken an die gefallenen sowjetischen Soldaten“ das Ehrenmal in Tiergarten. In kleineren Gruppen werden die Teilnehmer der Demo durch eine Polizeikontrolle zum Denkmal gelassen. „Alles, was mit Russland zu tun hat, bleibt draußen”, sagte eine Beamtin. Dazu gehörten Russland-Flaggen, sowjetische Flaggen sowie das Georgsband.

Teilnehmer des Gedenkmarsches in Tiergarten.

© Tsp/Hanna Beisel

Eine Frau versuchte, mit einem Plakat hereinzukommen. Darauf abgebildet: Die sowjetische Fahne, die 1945 über dem Reichstag gehisst wurde. Dieses musste sie einrollen, erklärte ein Polizist.

Ein Mann mit einer aserbaidschanischen Flagge wurde von zwei Beamtinnen darauf hingewiesen, dass auch diese Flagge verboten sei. Er musste sie verstecken.

© Tsp/Hanna Beisel

Der Aufzug hatte sich ab 11 Uhr auf dem Platz des 18. März vor dem Brandenburger Tor formiert. Die Veranstalter erwarteten laut Polizei etwa 1300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Bereits im vergangenen Jahr hatte ein solcher Gedenkmarsch stattgefunden.

Am Brandenburger Tor sammelten sich seit 11 Uhr Teilnehmer eines Gedenkmarsches.

© Tsp/Julius Geiler

Die Polizei hatte ursprünglich, wie im Vorjahr, russische und ukrainische Flaggen, Symbole und Lieder für die Gedenktage am 8. und 9. Mai untersagen wollen. Das Verwaltungsgericht Berlin hob jedoch im Eilverfahren am Wochenende zunächst das Verbot ukrainischer Symbole auf – was die Polizei akzeptierte. Eine weitere Entscheidung des Gerichts, wonach auch das Verbot russischer Symbole nicht mehr gelten sollte, focht sie hingegen erfolgreich an. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) bestätigte Regelungen der Polizei in einer Allgemeinverfügung, wonach russische Fahnen und Symbole verboten waren.

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Immer wieder Auseinandersetzungen am Treptower Ehrenmal

Am Ehrenmal in Treptow standen am Morgen etwa 15 Einsatzwagen der Polizei vor dem Eingang. Auf dem Gelände waren bereits deutlich mehr Besucher als am Vortag. Wie am Montag waren wieder die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ (VVN-BDA) – eine linke Vertretung von NS-Opfern – und das oppositionelle russische Bündnis Demokrati-JA vor Ort. Außerdem dabei waren die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und die Gruppe „staatenlos“, die die Verschwörungstheorie des Großen Austauschs propagiert.

Egon Krenz war unter den Teilnehmern des Gedenkens im Ehrenmal im Treptower Park.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Am Vormittag gab es auf den Treppen des Ehrenmals ein Handgemenge. Ein Mann wurde von etwa 15 Polizisten überwältigt, weil er sich weigerte, eine rote Fahne einzupacken. Er beharrte darauf, dass es sich um eine Ernst-Thälmann-Fahne handelte – und keine Sowjetfahne. Der Mann wurde unter großem Aufruhr abgeführt.

Das Kommunikationsteam der Polizei wies wiederholt Besucher darauf hin, dass das Tragen des Sankt-Georg-Bands untersagt war. Die Besucher leisteten nur nach minutenlangen hitzigen Diskussionen Folge. Sobald die Beamten abzogen, hagelte es Beleidigungen in den Gesprächen zwischen den Besuchern.

Polizisten im Einsatz während des Gedenktags.

© Malte Neumann

Von dem Verbot ausgenommen war eine offizielle Delegation der russischen Botschaft, wie die Polizei bei Twitter mitteilte. Aus dieser Gruppe trugen demnach mehrere Personen in Treptow das Georgsband. Nachdem die Delegation das Gelände am Vormittag verlassen hatte, galt die Allgemeinverfügung jedoch wieder ausnahmslos, sagte Einsatzleiter Andreas Knüppel.

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Bei einer bereits am Vormittag am Ehrenmal in Treptow gesichteten Kleingruppe russisch-nationalistischer Rocker handelte es sich nicht um „Nachtwölfe“. Die fünf Männer lasen eine russische Zeitung vom 9. Mai 1945, als sie von der Polizei auf die Russland-Flaggen auf ihren Kutten angesprochen wurden. Sie überdeckten diese mit Klebeband. Der Presse begegneten sie abweisend.

Am Fuß der Statue des Sowjetsoldaten stand ein schwarz gekleideter Mann mit einer großen DDR-Flagge in der Hand. Er gab an, mit dem Verband der Tradition der Nationalen Volksarmee und Grenztruppen der DDR den Tag des Sieges zu feiern.

© Malte Neumann

Später kam die kleine Gruppe einem Verweis zuvor. Sie verließ das Gelände mit den Worten: „Wir sind hier fertig.“ Die Männer bezeichneten sich selbst als freie Biker.

Polizisten im Gespräch mit Bikern.

© Malte Neumann

Das russische oppositionelle Bündnis Demokrati-JA, das am Ehrenmal in Treptow eine Ausstellung zu russischen Verbrechen ab dem Zweiten Weltkrieg zeigte, wurde für seine Ukraine-Flaggen angefeindet. Zwei Männer gingen auf die Organisatoren los, wurden aber von der Polizei aufgehalten und des Geländes verwiesen. Für den Nachmittag rechnete Konstantin – ein 25-jähriger Ordner des Bündnisses – mit mehr Auseinandersetzungen.

Am Mittag liefen drei Männer mit der ukrainischen Flagge und der blau-weißen des Bündnisses Demokrati-JA über das Gelände des Ehrenmals in Treptow und sangen lautstark die ukrainische Nationalhymne. Vereinzelt wurden sie dafür angefeindet.

Drei Männer laufen mit einer Ukraineflagge über das Gelände. Es kommt zu bizarren Szenen.

© Tsp/Malte Neumann

Es kam zu bizarren Szenen am Denkmal des sowjetischen Soldaten am Ehrenmal in Treptow. Die drei Männer und eine 200 Menschen große Gruppe riefen sich gegenseitig „Nazis raus“ zu. Unter dem Applaus der Umstehenden wurde das Trio von Polizisten in Zivil zurück zu ihrem Stand gebeten.

Im Nachhinein rechtfertigten die drei Männer die Aktion: Es gelte, den Faschismus zu bekämpfen – den Nationalsozialismus genauso wie Putins Regime. Der Ukraine-Krieg könne nur auf dem Schlachtfeld gewonnen werden. Ihre Aktion sähen sie nicht als Provokation, sagten aber lächelnd: „Wir haben es gemacht, weil wir es können.“

Der Einsatzleiter der Polizei am Ehrenmal in Treptow, Andreas Knüppel, schätzte die Lage am Vormittag wie folgt ein: „Es ist ruhiger als erwartet, der Andrang ist geringer als in den letzten Jahren. Wir setzen die Allgemeinverfügung des Verbots russischer Flaggen vor Ort mit Augenmaß durch und versuchen, die Menschen zunächst zum freiwilligen Abnehmen der Symbole zu bewegen.“ Bis zum Vormittag sei nur ein Platzverweis, dem eine Widerstandshandlung vorausgegangen sei, ausgesprochen worden.

Am späteren Nachmittag wurde ein Besucher von Polizisten daran gehindert, in die Menge vor der Soldaten-Statue zu gelangen. Er schrie laut „Nazis raus“ und verwies auf seine Rechte, als die Beamten ihn überwältigen. Die Vorgeschichte des Vorfalls blieb unklar.

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Weil die nächtliche Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde nach Moskauer Zeit auf den 9. Mai fiel, wird in Russland traditionell an diesem Tag der Tag des Sieges begangen. (mit dpa)

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