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In welche Richtung geht’s? Olaf Scholz und Boris Pistorius.

© Imago/NurPhoto/Emmanuele Contini

Showdown zwischen Scholz und Pistorius?: Der Kanzler könnte sich verrechnet haben

Der Kampf ums Geld für die Verteidigung ist mehr als das. Er wird zum Machtkampf. Das ist keine gute Idee. Am Ende verlieren alle. Wir alle.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Das hat etwas von Showdown: der Kanzler gegen seinen stärksten Minister. Olaf Scholz vs. Boris Pistorius, und Scholz wird denken, dass er gewinnt. Natürlich. So ist er. Dabei kann er nur verlieren.

Pistorius ist Verteidigungsminister, und das bedeutet mehr, als der Titel sagt. In diesen unruhigen, unfriedlichen Zeiten ist er binnen kürzester Zeit national wie international zum deutschen Mr. Sicherheit geworden.

Die ganze Bevölkerung schaut auf ihn, und für die große Mehrheit ist er der beliebteste deutsche Politiker. Scholz rangiert viel weiter hinten.

Ob das den Kanzler ärgert - Spekulation. Er sieht sich als Mr. Cool, und der darf sich nichts anmerken lassen. Coolness ist ja außerdem das, was er der Politik wünscht.

Mr. Cool und die heiße Lage

Nun wird aber die Lage in der Welt um Deutschland herum heiß, die Ukraine droht gerade den Krieg stellvertretend für den Westen gegen Russland zu verlieren. Da ist Abhilfe schwierig und Vorsorge nötig.

Und zwar dringend. Denn der russische Tyrann, „Ras“ Putin, wird nicht einfach von selbst stoppen, das zeigen seine jüngsten Handlungen bis hin zur Regierungsumbildung.

Ihn von außen aufzuhalten, wird darum zur größten Aufgabe. Etliche Experten gehen so weit zu sagen: zur überlebenswichtigen.

Der stellt sich Pistorius. Ihr hatte sich auch Scholz gestellt, als er die „Zeitenwende“ ausrief. Ein großer, ein richtiger Begriff zur richtigen Zeit.

Damals war klar: Das Nötige zur richtigen Zeit zu tun, heißt, es jetzt zu tun. Das wirkte schon auch cool.

Vorbei. Ein großer Moment, der zum Momentum hätte werden sollen, droht kleingeraspelt zu werden. Droht koalitionärem Hickhack zum Opfer zu fallen, Taktiererei und blankem Machtanspruch des Kanzlers.

Die Zeitenwende muss immer noch verwirklicht werden

Der „Zeitenwenden-Kanzler“ – ist Olaf Scholz das noch? Will er es sein? Dann braucht die Verteidigung, braucht das Militär, benötigt die Sicherheit mehr Geld. Das sieht doch jeder.

Bestimmt auch der Kanzler, der davor selbst einmal Finanzminister war. Nur hat er den amtierenden, Christian Lindner, die Sache mit dem Sparen so weit treiben lassen, dass man auch andere Motive dahinter vermuten kann.

Zumal jeder, weit über die Regierung hinaus, Scholz sofort zutraut, taktisch zu denken. Frag nach in Hamburg, wo er Regierungschef war, bei seinen früheren Koalitionären, den Grünen, und in seiner SPD. Da gilt Scholz nicht als cool, sondern als kaltschnäuzig. Beliebt gemacht hat ihn das nicht.

Sein Verhalten jetzt wirft die Frage auf, ob Scholz als Kanzler eine Mission für sich sieht, eine allem übergeordnete Aufgabe, der er folgt. Oder sieht er vor allem sich in seinem Amt, das er behalten will?

Das Ende der Prinzipienfreiheit

Allerdings ist bisher noch jede Kanzlerschaft an einem bestimmten Punkt ans Ende aller Prinzipienfreiheit gelangt. Dann geht es darum, für das als richtig Erkannte, für ein Prinzip, zu stehen. Oder zu verlieren, und sei es das Amt.

Das hat Olaf Scholz aus nächster Nähe studieren können: an Kanzler Gerhard Schröder. Der verlor für ein Prinzip, die Reformen der Agenda 2010, erst seine Partei, dann auch die Macht. Und Scholz war in der SPD sein Generalsekretär.

Das als richtig Erkannte ist die Notwendigkeit, die Bundeswehr wehrtüchtig, ja kriegstüchtig zu machen. Gegenwärtig ist sie das nicht. Aber die Zeit drängt.

Pistorius verlangt für 2025 eine Erhöhung des Wehretats um mindestens 6,5 Milliarden Euro, auch wegen der Gefahr durch Russland. Lindner will aber keine Mehrausgaben genehmigen, von Scholz ausdrücklich unterstützt.

Die Sicherheit des Staates zu gewährleisten, fordert unsere Verfassung. Dafür steht Pistorius – und notfalls fällt er darüber. „Ich muss das nicht machen“, dieser Wut-Satz des Ministers steht. Er klingt nach wie Donnerhall.

Boris Pistorius genießt in Deutschland das höchste Vertrauen, wird von einer steigenden Zahl als der bessere Kanzler gehandelt. Ein Kampf mit ihm ist keine gute Idee. Nicht dass in Folge des Haushaltskrachs die Zahl derer steigt, die Olaf Scholz sagt: Du musst das nicht machen.

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