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Der Bau neuer Windärder und Stromtrassen soll beschleunigt werden.

© dpa/Julian Stratenschulte

Deutschlandtempo beim Infrastrukturbau: Ampel einigt sich auf vereinfachte Umweltprüfungen

Kanzler Olaf Scholz hat einen Planungsturbo beim Infrastrukturbau versprochen. Nun ist die Ampel einen Schritt weiter gekommen. Beim Immissionsschutz soll viel Bürokratie abgebaut werden.

Ein Jahr Zeit gab sich Olaf Scholz, um als Bundeskanzler die Planungszeiten für den Bau neuer Wohnungen, Fabriken, Straßen, Schienen und Windräder zu halbieren. Doch die Umsetzung des neuen Deutschlandtempos beim Infrastruktur-Ausbau gestaltete sich an vielen Stellen unerwartet zäh.

Erst im vergangenen November einigte sich Scholz mit den Ministerpräsidenten auf einen Pakt für Planungsbeschleunigung. Seitdem wurde es ruhig um das Vorhaben.

Die deutsche Wirtschaft wartet schon lange auf diesen Genehmigungsturbo.

Judith Skudelny, Berichterstatterin der FDP

Nun aber wähnt sich die Ampel einen entscheiden Schritt weiter. Am Freitag einigten sich die Berichterstatter, die Umweltvorgaben beim Bau etwa von neuen Windrädern und Fabriken zu ändern. Damit setze man große Teile des von Bund und Ländern vereinbarten Pakts für Planungsbeschleunigung um, sagte der SPD-Berichterstatter Daniel Rinkert.

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Planungsbeschleunigung

„Mit den neuen Regelungen beschleunigen wir das Genehmigungsverfahren beispielsweise für Windkraftanlagen und für die Industrie erheblich, ohne dabei Umweltstandards abzusenken“, sagte Rinkert. Das Gesamtpaket sei die größte Reform des Bundes-Immissionsschutzgesetzes seit 30 Jahren.

Über die Reform des Immissionsschutzes hatten die Ampelfraktionen bereits seit September verhandelt. Von einem Booster für Planungsbeschleunigung und Klimaschutz spricht die Ampel nun.

„Mit der vorliegenden Reform sorgen wir für eine grundlegende Beschleunigung bei allen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. Die deutsche Wirtschaft wartet schon lange auf diesen Genehmigungsturbo“, sagte die Berichterstatterin und umweltpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Judith Skudelny.

Bisher füllten Antragsunterlagen viele Aktenordner und tausende Seiten Papier. Verbindliche Verfahrensdauern, Fristverkürzungen und ein vorzeitiger Baubeginn dort, wo Umweltbelange nicht oder kaum berührt werden, brächten „endlich das Deutschlandtempo in der Transformation“, ist Skudelny überzeugt. „Damit leisten wir einen großen Beitrag zur Verwirklichung der Wirtschaftswende“.

Dazu beitragen soll etwa eine Feststellung der Vollständigkeit der Antragsunterlagen. Erst wenn diese vorliegen, sollen die Genehmigung anlaufen. Außerdem soll die Behörde nur ein einziges Mal Unterlagen nachfordern. Aktuell verlangsamen wiederholte Nachforderungen von nötigen Unterlagen die Genehmigungsprozesse.

Weniger Bürokratieaufwand für Umweltbelange

Auch die sogenannte Beteiligungsfiktion soll nun verankert werden. In der Praxis bedeutet das: Äußert sich eine Behörde nicht innerhalb einer Frist, geht die Genehmigungsbehörde davon aus, dass die andere Behörde sich nicht äußern will – das Genehmigungsverfahren braucht also nicht mehr auf eine Rückmeldung zu warten.

Ein weiterer Dorn im Auge der Wirtschaft: Auch wenn Projekte eine hohe Chance auf Bewilligung haben, müssen die Projektträger bis zur Genehmigung mit dem Bau warten. Nun soll den Antragsstellenden ermöglicht werden, leichter ein vereinfachtes Verfahren oder den vorzeitigen Baubeginn zu beantragen. Damit entfällt die sogenannte Prognoseentscheidung.

Tessa Ganserer, die zuständige Berichterstatterin der Grünen betont auch die Rolle des Klimaschutzes. „Indem wir endlich den Klimaschutz an den Anfang des Gesetzestextes aufnehmen, sorgen wir für eine sichere Rechtsgrundlage für Klimaschutzmaßnahmen“, sagte sie.

Vorzeitiger Baubeginn

Die Ampelfraktionen vereinbarten auch, die Genehmigung von Typenänderungen für Windkraftanlagen im vereinfachten Verfahren laufen zu lassen. Für das sogenannte Repowering soll eine Genehmigung nach sechs Wochen bei Ausbleiben einer Entscheidung als erteilt gelten.

Für Anlagen, die im Hinblick auf die Freisetzung von CO2 dem EU-ETS (EU-Emissionshandelssystem) unterliegen, sollen weiterhin keine Effizienzvorgaben gemacht werden. Eine Ausnahme gelte dann, wenn Abwärme aus Anlagen für die kommunale Wärmeplanung genutzt werden kann. Dann könnte ein Wärmenetzbetreiber einen Anlagenbetreiber zum Anschluss verpflichten.

Beteiligung bleibt erhalten

Beim Thema Öffentlichkeitsbeteiligung soll die Möglichkeit, Einwendungen vorzubringen, erhalten bleiben. Erörterungstermine würden zukünftig jedoch nur abgehalten, wenn der Antragstellende dies beantragt oder die Behörde sie als geboten ansieht. Ob dieser „echte Booster für Klimaschutz, Arbeitsplatzsicherheit und wirtschaftliches Wachstum“, den Rinke bejubelt, noch vor der Sommerpause beschlossen wird, zeigt sich in den kommende Wochen.

Die Ampelfraktionen wollen in den Gesetzentwurf viele Beschlüsse des Planungsbeschleunigungspakts von Bund und Ländern aufnehmen. Das Gesetz muss nun im Ausschuss mittels Änderungsantrags um die neuen Inhalte erweitert und anschließend vom Plenum beschlossen werden. Schafft die Koalition in den ersten beiden Juniwochen diese Hürde, so könnte es noch im Juli vom Bundesrat abgesegnet werden.

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