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Das Handwerk ist derzeit noch gut mit Aufträgen ausgelastet, erwartet für die kommenden Monate aber ebenfalls schwierigere Bedingungen.

© imago/Jochen Tack

Trübe Aussichten: Berliner Unternehmen erwarten weniger Wachstum

Die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) rechnen für das laufende Jahr mit weniger Wirtschaftswachstum als im vergangenen. Das ergab die aktuelle Frühjahrsumfrage unter den 60 Mitgliedern in der Hauptstadtregion.

Von Sabine Hölper

Der Frühling hat gerade erst so richtig Einzug gehalten – doch die Berliner und Brandenburger Unternehmen haken bereits das gesamte Jahr 2024 ab. Die meisten erwarten ein geringeres Wachstum als im vergangenen Jahr, 40 Prozent gehen gar von einer Stagnation aus. Das sind die zentralen Ergebnisse der Frühjahrsumfrage der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), die am Montag vorgestellt wurde. „Die Aussichten sind trist und trübe“, kommentierte UVB-Hauptgeschäftsführer Alexander Schirp. Es brauche dringend weniger Bürokratie und schnellere Verwaltungen.

Die UVB vereinen 60 Mitgliedsverbände mit mehreren zehntausend Betrieben aus allen wichtigen Branchen. Pessimistisch äußerten sich vor allem die Industrieverbände aus den Bereichen Chemie und Pharma, Holz, Kunststoff und Energie sowie Bau. Das Handwerk, insbesondere im baunahen Bereich, ist derzeit noch gut mit Aufträgen ausgelastet, erwartet für die kommenden Monate aber ebenfalls schwierigere Bedingungen. Aus den Dienstleistungssektoren kamen unterschiedliche Rückmeldungen: Hotellerie, Gastronomie und Handel spüren die Kaufzurückhaltung und den noch nicht wieder auf Vor-Corona-Niveau angekommenen Tourismus.

Digitalwirtschaft als Hoffnungsträger

Die IT-Branche und die Start-up-Wirtschaft indes, seit Jahren die Wachstumstreiber in der Region, gehen für das laufende Jahr erneut von einer positiven Entwicklung aus. „Die Digitalwirtschaft ist der Hoffnungsträger“, sagte Schirp. Sie verbessert das Gesamtbild und ist der Hauptgrund, warum die Zahlen für Berlin und Brandenburg besser aussehen als die für den Bund: Berlin und Brandenburg erwarten am Ende des Jahres je ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent. Deutschlandweit wird ein Plus von 0,3 Prozent prognostiziert.

1,5
Prozent Wachstum wird für Berlin und Brandenburg im Jahr 2024 erwartet

Eine Steigerung von 1,5 Prozent ist allerdings kein Grund zu großer Freude. Und auch die aktuelle Lage beurteilen die Akteure eher negativ: 42 Prozent der Branchenverbände gaben an, ihren Mitgliedern gehe es eher schlecht, 33 Prozent stuften die Situation als mittelmäßig ein. Nur ein knappes Viertel beschrieb die Lage als gut oder sehr gut.

Die Skepsis der Unternehmen bleibt nicht folgenlos: Sie sind investitionsmüde. Kein Unternehmer will mehr Maschinen oder Anlagegüter als im Vorjahr anschaffen. 64 Prozent wollen auf dem aktuellen Level bleiben, 36 Prozent planen geringere Investitionen.

Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB).

© UVB 2023/Wagenzik

„Die Investitionszurückhaltung zeigt, dass eine große Zahl von Betrieben tief verunsichert ist“, sagte Schirp am Montag auf der Jahrespressekonferenz der Spitzenorganisation in Berlin. Das sei besorgniserregend, da die Investitionen ein Zukunftsindikator sind, aber auch nachvollziehbar. „Die Unternehmen hadern mit der übermäßigen Bürokratie, dem Fachkräftemangel, den hohen Zinsen und der unklaren Entwicklung bei den Energiepreisen.“ Zudem seien sie durch die vielen Krisen und Konflikte und die allgemeine Nachfrageschwäche zurückhaltend geworden.

Zum Thema Fachkräftemangel merkte Schirp an, dass dieser zum großen Teil auf den angespannten Wohnungsmarkt zurückzuführen sei: „Die Knappheit an bezahlbaren Wohnungen ist neben dem demografischen Wandel der entscheidende limitierende Faktor für Wachstum.“ Die Wohnungsnot und die hohen Mieten hielten viele Menschen davon ab, nach Berlin oder Brandenburg zu kommen. Der UVB fordert die Politik daher auf, die vorhandenen Potenziale in Baulücken oder auf Supermärkten intensiver zu nutzen und zusätzliche Flächen, etwa auf dem Tempelhofer Feld, auszuweisen. Lediglich die für das Gewerbe vorgehaltenen Grundstücke sollten nicht für den Wohnungsbau angetastet werden. Ferner sollten die Verwaltungen „den Planungs-Turbo einschalten“, sagte der UVB-Hauptgeschäftsführer. Das „Schneller-Bauen-Gesetz“ sei ein guter Anfang. „Hoffen wir, dass es zügig kommt.“

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