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Sport: Ein Tor fürs Fernsehen

Ludwigsfelde unterlag Werder Bremen 1:9 und feierte trotzdem ein Fußballfest

Ludwigsfelde unterlag Werder Bremen 1:9 und feierte trotzdem ein Fußballfest Von Michael Meyer Wie kommt man zur besten Fußball-Sendezeit in die ARD-Sportschau und kurz danach im RBB-Brandenburg-Fernsehen zum Extra-Interview? Indem man ein Tor gegen Bundesliga-Spitzenreiter Werder Bremen schießt. Andreas Fricke gelang dies am Sonnabend im DFB-Pokal-Erstrundenspiel seines Ludwigsfelder FC gegen den SV Werder, und die ARD-Sportschau taufte ihn flugs „Held von Ludwigsfelde“. Dabei hatte der momentane Verbandsliga-Dritte und Landespokalgewinner LFC, als Fricke einen Kopfball-Fehlpass des Bremer Franzosen Ismael nutzte, auf Werder-Keeper Reinke loslief und flach in die linke Ecke traf (78.), bereits sieben Gegentore kassiert. Bremen – mit dem gleichen Aufgebot wie zuletzt in der Bundesliga gegen Schalke 04 angetreten – ließ nämlich nichts anbrennen, sorgte früh durch zwei Borowski-Tore (8., 26.) für klare Fronten und baute die Führung bis dahin durch den quirligen Ailton (30./Foulelfmeter, 49., 55./Foulelfmeter) sowie Klasnic (64.) und Banovic (72.) auf 7:0 aus. Dem Jubel der 4200 Fans im vollen Waldstadion über das Ehrentor tat dies keinen Abbruch. Und obwohl erneut Borowski (79.) sowie Klasnic (89.) noch auf 1:9 erhöhten, feierten die Zuschauer ein schönes Fußballfest. Wobei der kleine Toni Wagner besonders strahlte: Er hatte das Trikot des dreifachen Torschützen Tim Borowski ergattert. „Das hänge ich in mein Zimmer“, meinte der Elfjährige, der selbst für die D-Jugend des LFC stürmt. Bremens Keeper Andreas Reinke war alles andere als sauer über das Gegentor. „Wenn du so ein Ding in der Liga reinbekommst, ärgerst du dich tot. Aber heute freue ich mich für Ludwigsfelde, dass sie ihr Tor gemacht haben. Das Stadion war voll, die Zuschauer haben zehn Tore gesehen, das war doch ein gelungener Nachmittag für alle.“ Was Torschütze Fricke nicht anders sah. „Das war heute eine tolle Sache für Ludwigsfelde“, meinte der 26-jährige, als er im von Bremens Nationalspieler Frank Baumann eingetauschten Trikot durchs Stadion schlenderte. „Als ich aufs Tor zulief, habe ich überhaupt nicht an einen solchen Medienrummel hinterher gedacht, sondern nur gehofft, dass ich das Ding reinhaue.“ Der Wirtschafts- und Sport-Student, der im Sommer von Tennis Borussia Berlin statt zum SV Babelsberg 03 letztlich lieber nach Ludwigsfelde ging, gehörte am Sonnabend zu den auffälligsten LFC-Kickern. „Andreas ist eine wirkliche Verstärkung für uns“, lobte auch Ludwigsfeldes Trainer Volker Löbenberg. „Sein Tor freut uns besonders. Ich kann meiner Mannschaft keinerlei Vorwüfe machen und bin froh, dass das Ergebnis heute nicht zweistellig geworden ist.“ Torwart Mario Hansche – der zwar den zweiten Elfmeter selbst verursachte, aber zweimals großartig gegen Ailton (11., 45.) hielt und später erklärte: „Von Werder neun Tore zu kassieren ist nicht bitter, denn wir spielen in der fünften Liga.“ – hatte daran ebenso seinen Anteil wie Sven Schmelzer und Maik Eidtner. „Das Normale ist passiert, und für uns ist in diesem Jahr der Aufstieg das wichtigste Ziel“, meinte Libero Schmelzer, und auch Eidtner – eigentlich Stürmer, aber am Sonnabend kurzfristig zum Bewacher von Johan Micoud umfunktioniert – gestand: „An eine Sensation habe ich nur bis eine Minute vor Spielbeginn geglaubt.“ Trotzdem konnte Eidtner Werders Spielmacher an die kurze Kette legen. „Es hat Spaß gemacht, 90 Minuten hinter Micoud hinterherzurennen, der immerhin kein Tor gemacht hat. Aber ich habe heute während des Spiels mehrere Kilo abgenommen.“ Sein für die nächste Zeit letztes Spiel im LFC-Dress bestritt am Sonnabend Mike Jesse. „In den nächsten sechs Wochen muss ich zum Praktikum nach Köln“, erzählte der erfahrene Mittelfeldkicker, der derzeit in Schönefeld eine Umschulung zum Service-Kaufmann im Luftverkehr macht. Und atmete durch: „In den letzten Wochen herrschte hier ein Riesenrummel wegen des Pokalspiels. Gut, dass jetzt wieder Ruhe einzieht.“ Auf längere Zeit wird die ARD nicht mehr vom LFC berichten. Ludwigsfelde: Hansche; Schmelzer; Entrich, Welskopf; Jesse, (73. Seidel), Wischniewski, Eidtner, Alber, Grunert; Fricke, Froese (46. Cami). Bremen: Reinke; Davala, Baumann, Ismael, Stalteri; Lisztes (60. Valdez), Micoud, Ernst, Borowski; Charisteas (60. Banovic), Ailton (63. Klasnic).

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