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Kultur: Sechs flotte Jungs am ungeliebten Montag der Satire „MuSix“ kam zum Geburtstag

des Kabaretts Obelisk

des Kabaretts Obelisk Die groß angekündigte Geburtstagsfete zum 25. des „Obelisk“ am Sonntag „Open end“ kann so lang nicht gewesen sein. Gewiss fiel der Hammer nicht nach 17 Uhr, zu spät für einen, der als Gratulant zu früh nicht kommen wollte. Pech, das Leben geht ja weiter. Und wie: Den armen Künstlern steht ja sofort eine ganze Kabarett-Woche ins Haus, mit einer „Langen Nacht“ am Samstag, die mindestens so gut sein darf wie Nummer zwo vom letzten Jahr, egal, ob sie nun unten oder „oben end“. Am ungeliebten Montag der Satire zum Auftakt eine Überraschung: Sechs flotte Jungs aus Berlin, im reformierten Neudeutsch „Boygroup“, über-rumpelten ihr Publikum mit Pop- und Rock- und Jazzmusik, fast immer a-cappella, und einem Charme, der sogar reifen Menschen neue Freuden brachte. „MuSix“ ist ein außergewöhnlich eingespieltes Sextett voller Talente, Leidenschaften und Kultur. Zwar haben Lukas Teske, Till Blumenthal, Stefan Flügel, Martin Hagen, Patrick Hirche und Björn Sterzenbach bei der Chor-Olympiade 2002 in Südkorea eine Silbermedaille gewonnen, aber so richtig bekannt sind sie dem Ohr des Volkes, leider, nicht. Ein Glück, dass der „Obelisk“ sie für Potsdam entdeckt hat, schade um die freien Plätze. Für den nicht ganz so branchen- und chart-sicheren Besucher war es wohl am besten, dem englischsprachigen Vortrag einfach zuzuhören. So war man der leidigen Fragen nach Titeln, unbegründeten Plagiten, Arrangements, Eigenschöpfungen oder Motivanleihen weitgehend enthoben. Soviel steht fest: Die jungen Männer, durchweg musikalisch ausgebildet und aufs Äußerste motiviert, können etwas. Ihr Sangesvermögen per Solo ist entwicklungsfähig, aber als Gruppe zauberten sie meisterhafte a-cappella-Klänge auf die Bühne, voller Finessen und Schönheit, durchweg „softy“, wunderbar zu hören, für jedermann. Sie beherrschen die Kunst der Harmonie beinahe vollkommen, ergänzen sich ausgezeichnet, und bringen sich, mit freundlicher Selbstironie, derart geschickt in Position, wie man das manch altgedientem Profi wünschen wollte. Es geht, wohlgemerkt, um arrangierte Pop-Musik, welche durch den a-capapella-Zugriff der Berliner beinahe ins Klassische veredelt wird. Ein Motiv wird variiert, ergänzt, gespiegelt, wird von einem zum nächsten weitergereicht, koloriert, aus-gemalt, in andere Stimmlagen transformiert, gedoppelt oder versechsfacht, um zuletzt zum ersten Solisten zurückzukehren. Raffinierte Wege! Auch in der vokalen Wiedergabe percussionistischen Backgrounds überzeugte das alerte Sextett, man hat da seine Spezialisten. Vom Anfang bis zum Ende war der Drang zur Perfektion (was manchmal etwas trainiert wirkte), nicht glücklich immer die Conferencen, witzig und originell zwar, doch oft in den Beifall gesprochen, oder „verschluckt“. Die andere Säule vom MuSix ist ihre einwandfreie Präsentation. Jeder Titel der „a cappella Vollversion 5.1.“ mit unverwechselbarer Choreographie. Lebensprall auch die Publikumssuche: „Dürfen wir Sie duzen?" Na klar eben doch. Nach dem Finale kam man ins Parkett, dem Menschen per Handschlag zu danken. Oh Morgentau und Jugendfrische, es gibt Euch also doch, Disziplin und Leidenschaft können Freunde sein, es ist gar möglich, intelligenter als ein Friese zu blödeln. MuSix kann unterhalten, fast open end. Begeisterung crescendo im Parkett, Zugaben reichlich, Jauchzen. Doll! Gerold Paul

Gerold Paul

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