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Der Bundesminister der Finanzen: Christian Lindner (FDP).

© Imago/Photothek/Thomas Imo

„Business as usual nicht möglich“: Lindner fordert Einsparungen von Baerbock und Schulze

Der Streit um den Etat 2025 ist voll entbrannt. Der Finanzminister nimmt besonders das Außen- und Entwicklungsministerium ins Visier. Projekte wie Radwege in Peru müsse man hinterfragen.

Die Verhandlungen der Ampelkoalition für den Bundeshaushalt 2025 werden schwierig, das ist schon länger klar. Die meisten Ressorts werden einsparen müssen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat nun vor allem das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium aufgefordert, ihre geplanten Ausgaben zu überprüfen. Beide müssten sich die Frage stellen: „Verbessern wir mit unserem Steuergeld wirklich Lebenschancen oder dienen die Projekte deutschen Interessen“, sagte Lindner den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

„In der internationalen Politik müssen harte Sicherheit und die Unterstützung der Ukraine Priorität haben. Da geht es um Frieden und Freiheit für Deutschland.“ Deshalb müsse man mit Blick auf Geld für andere Teile der Welt über Zielgenauigkeit und Umfang sprechen. „Seit dem CSU-Entwicklungsminister (Gerd) Müller gibt es Projekte wie die berühmten Radwege in Peru, die man hinterfragen muss.“

Die Anmeldungen für den Bundeshaushalt 2025 haben nicht den Eindruck erweckt, dass alle die ökonomischen Realitäten erkannt haben.

Christian Lindner, Bundesfinanzminister (FDP)

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) wehren sich wie andere Minister auch gegen geplante Kürzungen.

Ampelkoalition hatte bereits Rentenpaket verschoben

Lindner will als Grundlage für seinen Haushalt die im Kabinett bereits beschlossene mittelfristige Finanzplanung nehmen. Baerbock müsste statt mit mehr als sechs Milliarden demnach künftig mit um die fünf Milliarden Euro haushalten – trotz der Kriege in der Ukraine und in Gaza, wo viel humanitäre Hilfe nötig ist. In die Verhandlungen mit Lindner geht Baerbock dem Vernehmen nach mit einer Forderung von knapp 7,4 Milliarden, wie die Agentur dpa berichtet, davon eine knappe Milliarde zur Unterstützung der Ukraine.

Auch Schulze wehrt sich gegen Kürzungen. Sie fordert 12,16 Milliarden Euro, was dem Haushaltsansatz von 2023 entspreche. Der aktuellen Finanzplanung zufolge solle der Etat aber deutlich auf rund 10,28 Milliarden Euro sinken, hieß es in einem Schreiben des Ministeriums, das der dpa vorliegt.

Am Dienstag hatte die Ampel auf Druck von Lindner kurzfristig die Kabinettsbefassung des schon ausgehandelten zweiten Rentenpakets verschoben. Medienberichten soll Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) besonders hohe Forderungen in den Verhandlungen zum Haushalt 2025 gestellt haben.

„Ein business as usual war mir nicht möglich. Die Anmeldungen für den Bundeshaushalt 2025 haben nicht den Eindruck erweckt, dass alle die ökonomischen Realitäten erkannt haben“, sagte Lindner der Mediengruppe Bayern. „Deshalb musste ich mich beim Bundeskanzler und dem Wirtschaftsminister erst vergewissern, ob wir noch auf einer Linie sind.“

Lindner erneuerte auch seine Kritik an Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Er wies dessen Forderung zurück, die Ausgaben für Verteidigung und auch für Teile der Krisenvorsorge von der Schuldenbremse auszunehmen.

Lindner erneut Kritik an Pistorius

Indem Pistorius diese Debatte fortsetze, werde „wieder am Grundkonsens der Koalition gerüttelt“, so Lindner. Auch in der Sache müsse er widersprechen. „Wir können die Landes- und Bündnisverteidigung nicht auf Pump finanzieren. Der Schuldenstand und die Zinslast würden steigen.“

Der FDP-Chef versicherte auf eine entsprechende Frage, er habe „nie“ mit dem Bruch der Koalition gedroht. „Aber jedem ist doch klar, dass eine Einigung auf einen Haushalt und eine Wirtschaftswende notwendig sind, damit am Ende auch Vorhaben wie das Rentenpaket eine Mehrheit im Bundestag finden.“

Kubicki will Milliarden bei humanitärer Hilfe sparen

Zur Höhe der Gesamtforderungen wollte sich Lindner nicht äußern. „Ich kann keine amtliche Zahl nennen, weil ich verschiedene Forderungen nicht als ernsthafte Verhandlungsposition akzeptiere. Ich kann nur sagen, dass die Spekulationen, die bisher in den Medien kursieren, die Summe unterschätzen.“ Zuletzt klaffte in den Planungen für den Etat 2025 eine Lücke im zweistelligen Milliardenbereich.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki forderte deutliche Kürzungen bei der humanitären Hilfe und der Entwicklungshilfe. „Im Entwicklungshilfe-Etat würde ich massiv sparen. Weil es zunächst darauf ankommt, die deutsche Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, erst dann können wir anderen Ländern helfen“, sagte Kubicki der „Welt am Sonntag“.

Deutschland gebe im Vergleich mit den anderen G7-Staaten pro Kopf der Bevölkerung und gemessen am Bruttoinlandsprodukt am meisten für Entwicklungshilfe aus. „Wenn wir uns auf den Durchschnitt der Zahlungen der anderen G7-Staaten begeben würden, dann können wir rund 20 Milliarden Euro an humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe quer über die Ressorts einsparen – ohne schlechtes Gewissen“, sagte der Bundestags-Vizepräsident. (lem)

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