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Min-jae Kim (re.) konnte einem leidtun.

© IMAGO/ULMER/TEAMFOTO/imago/Ulmer

Zu viele Patzer in wichtigen Spielen: Die Einsamkeit der Bayern-Innenverteidiger

Der FC Bayern hat viel Geld für seine Innenverteidiger ausgegeben. Doch der Klub lag mit seinen Personalentscheidungen daneben, wie das jüngste Spiel gegen Real Madrid mal wieder offenbarte.

Ein Kommentar von Martin Einsiedler

Der Torwart ist der einsamste Mensch auf dem Fußballplatz, heißt es. Vor allem, wenn er danebengreift. Dann liegt der Ball im Tor und es gibt niemanden mehr, der seinen Fehler ausmerzen kann. Der zweitärmste Mensch in dieser Kette ist der Innenverteidiger. Wenn er patzt, dann gibt es meist nur noch den Torhüter, der ihm helfen kann.

Bayern Münchens Schlussmann Manuel Neuer aber konnte Min-jae Kim am Dienstag im Halbfinale der Champions League nicht mehr helfen. Zunächst genügte Real Madrids Vinicius Junior ein simpler Trick, um zur Führung einzuschießen: Der Brasilianer ließ sich fallen und bot sich als Passstation an. Kim folgte ihm. Tatsächlich aber war dies nur eine Finte des Angreifers, Momente später drehte er ab und sprintete in Richtung Tor des FC Bayern München. Einen perfekt getimten Pass von Reals Toni Kroos schob er locker zum 1:0 ein.

Beim Treffer zum 2:2-Endstand war erneut Kim der Protagonist. Der wendige Rodrygo drehte sich geschickt um ihn, Kim zerrte ungeschickt an ihm, Rodrygo fiel und wenig später schoss wieder Vinicius Junior den fälligen Elfmeter zum 2:2 ins Tor.

Da kann ihm auch niemand helfen.

Thomas Tuchel, Trainer des FC Bayern München, über seinen Spieler Min-jae Kim.

Der einsamste und traurigste Mensch im Stadion war an diesem Abend eindeutig Kim. Sein Trainer Thomas Tuchel, noch nie besonderer Empathie seinen Spielern gegenüber verdächtig, analysierte kühl, dass Kim es dem Gegner zu einfach gemacht habe. „Da kann ihm auch niemand helfen.“

Die Bilder von traurigen Innenverteidigern beim deutschen Rekordmeister sind dabei nicht neu. Eine tragische Figur in der jüngeren Vergangenheit war etwa Dayot Upamecano. Der Franzose ist vermutlich einer der talentiertesten Innenverteidiger der Welt, doch in den wichtigen Spielen patzte er unverhältnismäßig häufig. Dabei sollte er eine der Stützen in der Defensive der Münchner werden.

Es heißt im Mannschaftssport, dass man mit der Offensive Spiele und mit der Defensive Titel gewinnt. Zuletzt aber waren die Münchner in der Defensive stabil, als der Österreicher David Alaba der Cheforganisator in der Abwehr war. Jener Alaba steht seit 2021 bei Real Madrid unter Vertrag.

Nun ist es nicht so, dass die Bayern nicht reagiert hätten. Sie verpflichteten neben Upamecano (42,5 Millionen Euro Ablöse laut tranfermarkt.de), Min-jae Kim (50 Millionen Euro) und Matthijs de Ligt (67 Millionen Euro). Zusammengerechnet macht das allein für diese drei Spieler rund 160 Millionen Euro allein an Ablösezahlungen. Das ist selbst für Bayern München sehr viel Geld und zeigt, dass Geld nicht zwingend Tore verhindert.

Alle drei Spieler machten bislang nicht den Eindruck, als könnten sie auf höchstem Niveau zuverlässig konkurrieren. Es bleibt zu bilanzieren, dass die sportlich Verantwortlichen bei den Bayern furchtbar danebenlagen, was die Personalaufstellung in der Abwehr betrifft.

Es ist ein Treppenwitz, dass Bayerns stabilster Defensivspieler der billigste ist. Für den 30 Jahre alten Eric Dier gaben die Münchner eine Leihgebühr von rund vier Millionen Euro aus. Der Engländer ist kein filigraner Spieler, der in höchster Bedrängnis noch ein feines Pässchen aus den Füßen schüttelt. Wenn es sein muss, bolzt er den Ball einfach ins Aus.

Mit etwas Glück reicht Diers rustikale Art im Rückspiel vielleicht fürs Weiterkommen. Tut es das nicht, stützt es die These, dass noch so viel Offensivpower eine schwächelnde Defensive nicht kompensieren kann.

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