In Pozarevac ist der Albtraum zu Ende. Die Kleinstadt südlich von Belgrad ist Heimatort des Milosevic-Clans; vor allem war sie das Reich des Unternehmers und Präsidentensohnes Marko.
Stephan Israel
Der Briefträger in der blauen Uniform sucht sich mühsam seinen Weg durch die Menschenmenge. Er trägt ein Bündel Glückwunschtelegramme in der Hand.
Draußen auf dem Land braucht es seine Zeit, bis Unzufriedenheit und Verzweiflung in Wut umschlagen. Doch wenn es einmal soweit ist, lassen sich die Gemüter nicht mehr mit faulen Tricks und plumpen Versuchen der Beschwichtigung beruhigen.
Die Belgrader feiern, als hätte Slobodan Milosevic schon abgedankt und den Weißen Palast geräumt. Am Montagabend sind rund 50 000 ins Zentrum der jugoslawischen Hauptstadt geströmt.
Mira und Slobo stehen reisebereit auf dem Flugfeld. Er hält sich ein überdimensioniertes Transistorradio ans Ohr.
Einen Tag nach den Präsidenten- und Parlamentswahlen in Jugoslawien haben sowohl die Opposition als auch die Regierung den Sieg für sich beansprucht. Die Gegner von Präsident Slobodan Milosevic befürchten, dieser werde durch Tricks versuchen, an der Macht zu bleiben.
Vor dem einfachen Einfamilienhaus an der Ohridskastraße ist man unter sich: "Ich bin für Jugoslawien, ich wähle Slobodan Milosevic", erklärt eine Frau, ganz in Schwarz gekleidet. Alle, die den Weg zum Haus von Branko Bulatovic gefunden haben, sind da einer Meinung.
Ein endloser Konvoi ist unterwegs durch die enge Schlucht der Moraca hinauf in den hohen Norden Montenegros. Die Passagiere schwenken Fahnen in den Farben Jugoslawiens.
Am Tag nach der Schicksalswahl wird es in Serbien zwei Sieger geben: Die Belgrader Staatsmedien werden in der Nacht auf Montag den "überwältigenden Triumph" von Slobodan Milosevic feiern. Und auch der oppositionelle Herausforderer Vojislav Kostunica und seine Anhänger werden den Sieg erklären.
So hatte sich der siegessichere Slobodan Milosevic den ersten Herausforderer, der ihm gefährlich werden könnte, gewiss nicht vorgestellt: Vojislav Kostunica ist farblos, ohne Charisma und überhaupt nicht der Volkstribun. Auf der Wahlkampfreise jedoch, die der hölzerne Professor derzeit durch das verarmte Land unternimmt, kommt Kostunica doch noch in Schwung: "Ich habe soviel Energie für Veränderungen verspürt wie nie zuvor", zeigt sich der 56-Jährige vor 20 000 Sympathisanten in der oppositionellen Hochburg Novi Sad siegessicher.
Mira Markovic ist keine gewöhnliche "First Lady". Die Ehefrau des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic gilt als ideologische Schwärmerin und drückt mit ihrer Partei, der Jugoslawischen Linken (JUL), dem Regime vor den Wahlen am 24.
Die UN-Verwaltung im Kosovo hat am frühen Montagmorgen den umstrittenen Trepca-Bergbaubetrieb im serbisch kontrollierten Norden von Mitrovica wegen Umweltbelastung durch die dortige Bleischmelze geschlossen. Anschliessend kam es in der geteilten Stadt zu heftigen Protesten der serbischen Belegschaft gegen die Besetzung des Betriebs durch Soldaten der Kosovo-Friedenstruppen (Kfor).
Serbiens Opposition ist nur 50 Tage vor den Wahlen dabei, die Chancen auf einen Sieg gegen Jugoslawiens amtierenden Präsidenten Slobodan Milosevic zu verspielen. Die Stimmen der Regimegegner könnten sich am 24.
In Serbiens staatlichen Medien ist der Wahlkampf in vollem Gang. Im September gehe es nicht um gewöhnliche Wahlen, sondern um ein "Referendum über die Verteidigung der Souveränität und Unabhängigkeit unseres Landes", gab Gorica Gajevic, Generalsekretärin von Serbiens Sozialisten (SPS) Regierungszeitung "Politika" den Tenor an.
Jugoslawiens Präsident Slobodan Milosevic will sich nicht aus der Politik zurückziehen. Der angeklagte Kriegsverbrecher sucht auch nicht diskret nach einem Land, das ihm Exil und Schutz vor der Verfolgung durch das Haager Tribunal bieten könnte.
Nervös lässt er die Augen durch den Raum wandern. Mit der einen Hand fährt er sich immer wieder durch das lange, schwarze Haar.
Vuk Draskovic ist noch einmal knapp davon gekommen: Der umstrittene Oppositionsführer aus Serbien saß am späten Donnerstagabend in seinem Feriendomizil in der montenegrinischen Küstenstadt Budva vor dem Fernseher. Ein unbekannter Mann soll kurz vor Mitternacht von der Terrasse aus ein Dutzend Schüsse durch das Fenster abgefeuert haben.
Die einschlägigen Lokale heißen "Miami Beach", "Manhattan" oder "International Club". So schnell, wie sie aufmachen, sind sie auch wieder verschwunden.
Das Belgrader Regime von Slobodan Milosevic holt nun zu einem vernichtenden Schlag gegen oppositionelle Medien aus. Am frühen Mittwochmorgen haben Polizisten das Gebäude des Fernsehsenders Studio B besetzt.
Die Serie der Morde an Milosevic-Vertrauten nimmt kein Ende. Am Samstag wurde Bosko Perosevic, Regierungsstatthalter in der nordserbischen Provinz Vojvodina, am Rande einer Landwirtschaftsmesse niedergeschossen.
Menschenrechtsorganisationen sprechen von Schauprozess - Schweigeminute für inhaftierte AngehörigeStephan Israel In der südserbischen Stadt Nis hat am Dienstag ein Massenprozess gegen 146 Kosovo-Albaner wegen Beteiligung an "terroristischen Aktivitäten" begonnen. Nach Ansicht von Beobachtern handelt es sich jedoch um Zivilisten, die von den serbischen Behörden verschleppt worden sind.
Zehntausende haben am Freitag nachmittag im Zentrum von Belgrad gegen Jugoslawiens Präsident Slobodan Milosevic und für demokratische Wahlen in Serbien demonstriert. Nach monatelangem Streit stand die Oppositionsführer auf dem Platz der Republik erstmals wieder gemeinsam auf der Rednertribüne.
Ibrahim Hadzic hat jeden Tag einen langen Weg bis an seinen Arbeitsplatz zurückzulegen. Um sechs Uhr morgens muss er in Tuzla aufbrechen.
Regelmäßig wird die Stadt von einem gefährlichen Fieber erfasst. Dann gehen Serben und Albaner aufeinander los.