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Die Integrierte Sekundarschule Mahlsdorf war im August 2019 die erste neue Schule der Schulbauoffensive.

© Wolfgang Kumm/dpa

Update

Bilanz zum Schulbeginn: 4000 neue Schulplätze werden in Berlin bezogen

Wenn am 28. August die Ferien zu Ende sind, können einige Schulgemeinschaften in komplett neue oder frisch sanierte Gebäude umziehen. Dennoch könnte das Platzdefizit weiter steigen.

| Update:

Zum Schuljahresbeginn und noch bis in den September hinein entstehen rund 4000 neue Schulplätze in Berlin. Sie verteilen sich auf drei komplett neue Schulen, eine Reaktivierung, zwei neue temporäre Ausweichstandorte („Drehscheiben“) für Schulen in Sanierung sowie auf mehrere Modulare Ersatzbauten. Das teilte die Senatsverwaltung für Bildung auf Anfrage mit.

Allerdings kann das Berliner Defizit von zuletzt rund 20.000 Plätzen (2022) damit nicht verringert werden, weil der Zuzug von Schülerinnen und Schülern schneller vonstattengeht als der Neubau. Es sei lediglich möglich, durch die neuen Gebäude den Anstieg des Defizits zu „dämpfen“, lautet die Einschätzung der Bildungsbehörde.

Das präzise aktuelle Schulplatzdefizit wird erst im Herbst beziffert werden können, wenn die neue Schülerstatistik vorliegt. Noch ist nicht genau bekannt, in welchem Umfang es Zuzüge gab – insbesondere aus der Ukraine. Es wird damit gerechnet, dass das Schulplatzdefizit nochmals deutlich steigt. Vor diesem Hintergrund sagte Schulbau-Staatssekretär Thorsten Kühne (CDU) dem Tagesspiegel, dass „jeder Schulplatz, der derzeit in der Stadt fertig wird, egal wo und in welcher Schulart, uns hilft“.

Jeder Schulplatz, der derzeit in der Stadt fertig wird, egal wo und in welcher Schulart, hilft uns.

Thorsten Kühne (CDU), Berliner Staatssekretär für Schulbau und Schuldigitalisierung

Der Mangel an 20.000 oder mehr Plätzen bedeutet aber nicht, dass die Schüler auf der Straße stehen, sondern dass die Infrastruktur „übernutzt“ wird, wie es Fachleute ausdrücken. „Übernutzung“ bedeutet, dass entweder die Klassen voller werden als vorgesehen oder dass das Schulamt zusätzliche Klassen einrichtet. Zu diesem Zwecke werden oftmals Fach- oder Horträume zu Klassenräumen umfunktioniert.

20.000
Schulplätze fehlten im Jahr 2022. Tendenz: steigend.

Ab dem Schuljahr 2025/26 hofft die Senatsverwaltung für Bildung das Defizit dann jedes Jahr abbauen zu können, sofern es keinen neuen plötzlichen Anstieg an Zuzügen gibt. Die Zahl der Plätze, die pro Schuljahr neu hinzukommen, schwankt stark. Im zweiten Coronajahr 2021/22 etwa sank sie auf 2600, während im ersten Coronajahr 2020/21 sogar knapp 6200 neue Plätze gezählt wurden.

All diese neuen Schulgebäude gehen auf die Berliner Schulbauoffensive (BSO) zurück, die 2016 mitsamt einem Milliardenkredit gestartet worden war, um neue Plätze zu schaffen und das Sanierungsdefizit abzutragen. Ohne die BSO und Schulsanierungsmaßnahmen läge „das rechnerische Defizit bei 45.000 bis 50.000 Plätzen“, lautete 2022 die Schätzung der Bildungsbehörde. 

Eine Lichtenberger Schule wurde reaktiviert

Unter den neuen Schulgebäuden, die entweder kurz vor oder kurz nach den großen Ferien in Nutzung gegangen sind oder gehen sollen, sind Besonderheiten wie Berlins erste Grundschule in Compartmentbauweise: Die „50. Schule Pankow“ wurde im Juni mit 576 Schulplätzen an der Karower Chaussee in Pankow eröffnet. Neu sind auch die 48. Grundschule mit 432 Plätzen an der Conrad-Blenkle-Straße sowie die neue Grundschule an der Schleizer Straße in Lichtenberg. In Lichtenberg wurde zudem die 13. Sekundarschule wieder eröffnet. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Reaktivierung eines zwischenzeitlich stillgelegten Standorts.

Wichtig insbesondere für das schülerreiche Pankow ist, dass zum neuen Schuljahr die Schuldrehscheiben in Betrieb gehen. Sie bieten derart viel Platz, dass sie auch große Schulgemeinschaften aufnehmen können, während deren Gebäude komplettsaniert werden.

Viele Player: Die behördenübergreifende Netzwerkstruktur für die Umsetzung der Berliner Schulbauoffensive.

© Tsp/Böttcher

Wie berichtet, wird die kleinere Drehscheibe am Eschengraben am ersten Schultag von der Wolkenstein-Grundschule bezogen, wenn auch der neue Schulhof noch nicht vollständig benutzbar ist. Die Lehrkräfte müssen daher am Anfang improvisieren. Die Schulpflicht gilt aber vom ersten Schultag, dem 28. August an, wie die Bildungsverwaltung zwischenzeitlich eine anderslautende Auskunft der Schulleitung korrigierte.

Improvisiert werden muss auch rund um die Drehscheibe an der Werneuchener Wiese mit 800 Plätzen. Dort soll das Pankower Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Gymnasium am 11. September einziehen, wie die Senatsverwaltung für Bildung mitteilte. Anschließend wird das Hauptgebäude des Gymnasiums komplett saniert. Ein Teil der Schülerschaft bleibt in der bereits sanierten Filiale an der Pasteurstraße und könne dort auch pünktlich nach Ferienende unterrichtet werden, hieß es von Elternseite.

Zwei Drehscheibenschulen entstanden in Pankow

Über die Gründe für die Verzögerung gehen die Angaben auseinander. Pankows Bildungstadtrat Jörn Pasternack (CDU) hatte dem Tagesspiegel eine Woche vor Ferienende gesagt, er habe der Schule empfohlen, erst in den Herbstferien umzuziehen, weil der Zeitplan sehr knapp gewesen sei. Das habe diese jedoch wegen des kurzen Schuljahres abgelehnt. „Der Umzug sollte vom 14. bis 18. August stattfinden“, berichtete Pasternack. Das Umzugsunternehmen habe den Umzug aber abgesagt, nachdem eine Vorbesichtigung ergeben habe, dass nicht genügend Kisten gepackt worden seien: „Das Schulamt hat der Schule gesagt, dass eingepackt werden muss, aber das ist nicht passiert“, lautete Pasternacks Darstellung.

Diese Darstellung entspreche „schlichtweg nicht den Tatsachen“, widersprach das Kollegium am Freitag heftig. Vielmehr hätten die Lehrkräfte und das schulische Personal vom 5. bis 11. Juli das Inventar des Schulhauses „in mehrere Hundert Umzugskisten eingepackt und logistisch für den Umzug beschriftet“. Auch seien die alten Möbel für den Umzug in das neue Haus vorbereitet hat.

Der Umzug sei damit sogar teilweise eine Woche früher als geplant erfolgt, sodass der Hausmeister des Gymnasiums vorzeitig seinen Urlaub beendet habe, schrieb das Kollegium an den Tagesspiegel. Allerdings habe die beauftragte Umzugsfirma die Aufzüge an dem neuen Standort nicht nutzen können, „weswegen die eingeplante Zeit für den Umzug aller Möbel und Kisten nicht ausreichte“. Daher befindet sich ein Teil des Inventars noch am alten Standort, ein Teil bereits im neuen.

Zudem betonte das Kollegium, dass das Umzugsunternehmen die Schule nicht richtig eingewiesen habe, weshalb die Kennzeichnung der Kisten letztlich nicht den Vorstellungen des Unternehmens entsprochen habe. Jedenfalls hätten Schulleitung und die Lehrerschaft „alles Erdenkliche unternommen, um den Schüler:innen an dem neuen Standort einen gelungenen Start in das neue Schuljahr zu ermöglichen“, weshalb sie „die ungerechtfertigten Schuldzuweisungen als zusätzliche Belastung und Demotivation“ empfänden. Schulleiter Pierre Tschiche bestätigte die Darstellung seines Kollegiums auf Anfrage.

Dem Vernehmen nach hatte die Schulaufsicht der Schule am 14. August mitgeteilt, dass es nichts wird mit dem pünktlichen Umzug werde. In dem Schreiben seien zur Begründung verschiedene Faktoren genannt worden, darunter eine defekte Telefonanlage, fehlende Voraussetzungen zur Nutzung des gesamten IT-Bereichs sowie die Verzögerung des Umzugs selbst.

Nach dem Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Gymnasium sollen weitere marodes Gebäude, die erneuert werden, nacheinander die Drehscheibe nutzen. Nach dem Ende der Nutzungszeit könnten die einzelnen Module relativ schnell demontiert und an einem anderen Standort erneut aufgebaut werden, kündigte der Bezirk anlässlich der Aufstellung der Module 2022 an..

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