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Nowitzki und Benjamin Philipp

© IMAGO/Matthias Koch

Dirk Nowitzki besucht die World Games: Eine Erinnerung, die bleibt

Der Sportstar unterstützt die Weltspiele der Special Olympics. Beim gemeinsamen Training der Basketball lässt sich der 44-Jährige (gerne) austricksen.

Von
  • Claudia Kleist
  • Max Fluder

Dirk Nowitzki hat es nicht leicht. Der ehemalige Basketballer der Dallas Mavericks reckt die Arme in die Höhe. Er setzt zum Blocken an, aber so ganz geht heute einfach nicht auf. Die Gegner kommen an ihm vorbei, ihre Würfe werden zu Treffern. Nach dem Training wird er sagen: „Es war gut. Ich musste verteidigen und alle sind an mir vorbeigezogen.“ Und er lacht, während er das sagt. Denn er hat ja auch zu lachen.

Nowitzki, der an diesem Montag 45 Jahre alt wird, ist nämlich nicht zum Spielen und erst recht nicht zum Gewinnen hier. Dafür ist er in einem weißen T-Shirt und der dunkelblauen Hose auch nicht richtig angezogen. Nein, Nowitzki ist hier, um die Sportler*innen und ihren Sport gut aussehen zu lassen. Einfach gesagt: um für sie zu werben.

Dirk Nowitzki ist einer der „Friends of the Games“ der Special Olympics in Berlin. 24 Personen tragen diesen Titel: Sportler*innen wie die Tennisspielerin Steffi Graf oder Fußballer Philipp Lahm zum Beispiel, aber auch Kunstschaffende, eine Aktivistin und sogar ein Verleger. Was sie verbindet: „der Wunsch, als Teil der Special Olympics Bewegung ein Zeichen für Inklusion zu setzen“, heißt es seitens der Spiele. Oder wie Nowitzki es sagt: „Die Special Olympics stehen für mich für Inklusion. Es geht darum, dass Leute mit geistiger Behinderung eine Chance bekommen, Sport auf hohem Level zu betreiben.“

Samstagmorgen im Media Center der Special Olympics, Auftritt Dirk Nowitzki. Mit seiner Körpergröße von 2,13 Metern überragt er alle im Raum. Er läuft entspannt, aber mit etwas steifem Gang zur Pressekonferenz. 21 Jahre Leistungssport, da macht der Körper irgendwann nicht mehr mit. Nowitzki hat eine Arthrose im linken Sprunggelenk.

Auf dem Podium wird er von Louis Kleemeyer begrüßt. Kleemeyer ist Special Olympics Deutschland Tennisspieler und Mitarbeitender im inklusiven Organisationskomitee. Er duzt Nowitzki intuitiv, das Geschehen auf der Bühne wird übersetzt – auf Englisch, aber auch in Gebärdensprache.

Dirk Nowitzki erzählt von seinem Weg in den Sport: Am Anfang, sagt er, war er kein guter Basketballer, aber der Sport habe ihn schon nach nur einem Training gefesselt. Schnell kam der Wechsel in die USA, die Anforderungen wurden härter, er war zum ersten Mal weg von zu Hause. „Ich musste am Anfang meiner Karriere lernen, aus Frustrationen Lehren zu ziehen. Ich habe da sehr viel gelernt“, sagt er.

Für Dirk Nowitzki, der bereits am Sonntag abreist, ist es das erste Mal bei den Weltspielen für Menschen mit Lernbeeinträchtigung. Er sagt: „Bei den Special Olympics geht es nicht nur ums Gewinnen oder Verlieren, sondern darum, dass die Sportler zusammenkommen und die Chance haben, Sport zu treiben und vom Sport zu lernen, so wie ich es gemacht habe.“

Am Samstagabend werden die Special Olympics mit einer Zeremonie im Berliner Olympiastadion eröffnet. Wie prägend so eine Feier ist – das weiß der Basketballprofi aus eigener Erfahrung. Bei den Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking war Nowitzki Mitglied der Nationalmannschaft und Fahnenträger für das deutsche Team.

Nowitzki dreht ihm sein Mikrofon hin

Für Benjamin Philipp ist Dirk Nowitzki ein Idol. Philipp selbst war 12 Jahre Unified-Basketballspieler und 2015 bei den World Games in Los Angeles dabei. Heute ist er Journalist in der inklusiven Redaktion der Special Olympics und damit einer von mehr als 20.000 Volunteers. Philipp hat einige Fragen an Nowitzki (Bild oben). Doch weil keines der Saalmikrofone funktioniert, muss er vorgehen. Nowitzki dreht ihm sein Mikrofon hin.

Philipp will von Nowitzki wissen, was er sich von den Weltspielen erhofft: „Derzeit bieten unter 10 Prozent aller deutschen Vereine Sport für Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen an“, sagt der Ex-Profi. „Das ist schade. Wir hoffen, dass man mit so einem Event hier in Deutschland die Aufmerksamkeit noch mehr erhöht und dass mehr Sportmöglichkeiten angeboten werden können.“

Nach der Pressekonferenz verschwinden Nowitzki und die anderen Redner in einem Meeting-Raum. Seine Mit-Olympionikin, die Fechterin Britta Heidemann, hat kurz Zeit für ein Gespräch. Heidemann gewann 2008 eine Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Peking, heute ist auch sie ein „Friend of the Games“. Auf der Bühne haben die Fechterin und Nowitzki alten Erinnerungen von Peking geschwelgt. Zusammen hätten sie Heidemanns Medaille gefeiert, er noch mehr als sie selbst.

Im Gegensatz zum Basketballer sind diese Special Olympics allerdings die zweiten Spiele, die sie miterlebt. 2007 war sie schon einmal dabei, damals in Shanghai. Heidemann war zu der Zeit für einen deutschen Chemiekonzern in Peking tätig, sie spricht Mandarin. Und sie erinnert sich noch genau daran, wie es bei den Special Olympics zuging: die gute Stimmung, die vielen Erlebnisse, die Freude. Sie sagt: „Ich habe in Shanghai so viele Umarmungen bekommen, wie vielleicht nie zuvor.“

11.20 Uhr, es ist Zeit für Nowitzki, das Training der deutschen 3-x-3-Basketballer*innen zu besuchen. Der Ex-Profi, die Fechterin Heidemann und eine kleine Begleitgruppe verlassen das Media Center und gehen Richtung Spielfeld. Dort wird Nowitzki auf dem Spielfeld stehen und vergeblich versuchen, Würfe der deutschen Spieler*innen zu blocken. Wie sehr er sich tatsächlich reingehängt hat, bleibt offen.

Doch bevor es in die Halle geht, wird Nowitzki aufgehalten: Danilo Pasnicki, ein deutscher Kraftsportler, der bei den Nationalen Spielen im vergangenen Jahr Gold gewann, geht auf Nowitzki zu. Man kann dem Gewichtheber die Aufregung geradezu aus dem Gesicht ablesen. Er spricht schnell, wird ein bisschen rot.

Pasnicki sagt, er sei ein großer Fan von Nowitzki, habe viele seiner Spiele gesehen. Und er fragt den Weltstar nach einem Autogramm. Weil aber kein Papier zur Hand ist, muss eine andere Lösung her: Nowitzki unterschreibt auf Pasnickis grauer Trainingsjacke. Es ist eine Erinnerung, die bleibt.

Hinweis: Die Veranstalter*innen der Weltspiele sprechen von „Athlet*innen mit geistiger und mehrfacher Behinderung“. Wir haben uns innerhalb des Reporterteams auf die Bezeichnung „Athlet*innen mit Lernbeeinträchtigungen“ verständigt. So schlägt es auch Jürgen Dusel vor, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Beeinträchtigung.

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