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Pfanne, Löffel, Klopfer: die Form hat überdauert. Aus Franco Clivios „No Name Design“-Sammlung.

© Hans Hansen

Das HfG-Archiv Ulm zeigt „No Name Design“: Qualität braucht keinen berühmten Namen

Knopf, Hammer, Wäscheklammer: Der Schweizer Gestalter Franco Clivio sammelt leidenschaftlich Klassiker des Alltags. Sie sind praktisch und doch schön.

Schönheit hat ihren Preis. Deshalb muss man meist mitbezahlen, wenn Gegenstände von namhaften Designern gestaltet wurden. Aber es gibt sie noch, die schönen und guten Dinge, bei denen Form und Funktion ganz beiläufig vollendet zusammenspielen: Sicherheitsnadeln, Wäscheklammern oder der Hammer mit ergonomisch gestaltetem Griff, der sich seit Jahrzehnten bewährt.

Wer aber hat diese Dinge überhaupt erfunden? Franco Clivio hat ihnen zumindest einen Namen gegeben: No Name Design. Der Schweizer Designer hat selbst einige nützliche Dinge gestaltet – Gartenscheren für Gardena oder Lamy-Füller. Seit vielen Jahren sammelt Clivio aber perfekte Kreationen unbekannter Schöpfer: Scheren, Flaschenöffner, Handschuhe oder Garnrollen, Brillen, Pinsel und Besen.

In den Ausstellungsräumen der ehemaligen Hochschule für Gestaltung (HfG) in Ulm ist Clivios stattliche Sammlung nun zu sehen – dort, wo der Schweizer selbst 1963 studierte. Ulm war nach dem Zweiten Weltkrieg eine Hochburg für Gestaltung. 1968 wurde die HfG allerdings wegen politischer Differenzen geschlossen, heute erinnern Ausstellungen des Ulmer Museums an das berühmte Erbe.

Franco Clivio erwarb sein Rüstzeug zwar in Ulm, mindestens so wichtig waren ihm aber all die kleinen, technischen Gegenstände, die er schon als Junge sammelte. Der klappbare Nassrasierer oder die Schraubzwinge standen Pate „bei der Entwicklung als Gestalter“, wie der alte Herr in einem Film in der Ausstellung erzählt.

Aus der Kategorie „Nicht gleich, aber ähnlich“, Ausschnitt aus Franco Clivios „No Name Design“-Sammlung.

© Hans Hansen

Ein Hauch Nostalgie weht durch die Vitrinen in der Wanderausstellung, in denen sich altmodische Dinge aus Holz, Aluminium oder Leder finden lassen, die viel schöner gealtert sind als es die meisten Kunststoffprodukte es je tun werden. Wobei schön nicht der richtige Begriff für gutes Design ist, meint Franco Clivio. Er spricht lieber von „richtig“. Und richtig ist ein Gegenstand nur dann, wenn Material und Handhabung perfekt zusammenspielen. Die „ästhetische Komponente“ mache das Produkt dann noch „vollständig“.

Der Muselet ist so perfekt, dass er seit dem 19. Jahrhundert verwendet wird – so nennt sich der Maulkorb aus Draht, mit dem der Korken in der Sektflasche gehalten wird. Wer mag die Wicklung von Nähgarn auf einem schlichten Pappröhrchen erfunden haben? Oder den Knopf, der vermutlich schon in der Bronzezeit verbreitet war? Das dazu passende Knopfloch wurde erst im 13. Jahrhundert entwickelt und löste die Schlaufen und Ösen ab, mit denen bis dahin die Kleidung zusammengehalten wurde.

Das Wichtigste bei richtigem Design, so Clivio, sei das Weglassen. Die hohe Kunst liegt in der Reduktion – wie etwa bei der Wäscheklammer. Ein Minimum an Teilen, die optimal zusammenspielen. Die Objekte in der Sammlung zeigen, dass sich die Qualität von Design oftmals erst im Detail zeigt, wo Einzelteile zusammengefügt werden. Denn Scharniere, Ösen oder Gelenke müssen einer dauerhaften Belastung standhalten. Bei den frühen Brillengestellen, die Clivio für seine Sammlung aufgetrieben hat, waren die Bügel an die Fassung gelötet. Das stellte sich als Schwachstelle heraus, sodass bei späteren Modellen der Draht gewickelt wurde.

Design aus Naturprodukten. Abteilung aus Franco Clivios „No Name Design“-Sammlung.

© Hans Hansen

„Gutes Design besteht aus guten Verbindungen“, meint Franco Clivio – und weiß natürlich auch, dass die heutige Konsumgesellschaft lieber auf Produkte mit kurzen Lebenszyklen setzt. Designer, die aus der Überfülle an Gegenständen herausstechen wollen, greifen da gern zu einer Gestaltung, die ins Auge springt. Trotzdem könnte es gut sein, dass was schnelle Erfolge feiert, bald wieder vergessen sein wird. Ob ein Gegenstand ein Designklassiker ist, meint Clivio, zeigt sich frühestens nach dreißig Jahren. Es genüge nicht, eine prägnante Lösung für eine Aufgabe zu finden, sie müsse auch nach dreißig Jahre noch gültig und akzeptiert sein.

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