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Ein Inselreich für ein Pferd.

© privat

Familie in Berlin: Der Traum von der Insel

Ein Berliner Anwalt kaufte Werder bei Lindow und bietet nun auf dem Eiland Outdoor-Projekte für Kinder und Familien an.

Eigentlich hatte Stefan Schacht etwas anderes gesucht: ein Wassergrundstück mit Ferienhaus für seine Familie. Doch daraus wurde nichts. Die Insel Werder bei Lindow kam dazwischen, knapp 80 Kilometer vom Berliner Stadtzentrum entfernt.

„42 Hektar, zwei Teiche, keine Bebauung möglich“ – als Stefan Schacht diese Beschreibung in einem Auktionskatalog las, regte sich seine Fantasie. „Das Thema Insel faszinierte mich einfach“, sagt der 49-jährige Anwalt aus Mitte. Er stellte sich vor, was er aus Werder im Gudelacksee machen könnte: beispielsweise ein Naturerlebnis-Projekt für Kinder. Er dachte an seine fünfjährige Tochter und ihre Klassenkameraden: „Heute wachsen Kinder inmitten von Beton auf, der Natur sind sie völlig entfremdet. Ich hatte von Anfang an die Vision, sie zur Natur zurückzuführen.“ Und er dachte daran, dass die Insel in falsche Hände gelangen könnte, in die „von jemandem, der den Wert nicht zu schätzen weiß“.

Schacht kaufte die Insel, so groß wie etwa sechs Fußballfelder, für 150 000 Euro. „Ein Wahnsinnsmoment“, erinnert er sich. Ende 2007 fand er allerdings ein komplett zugewachsenes Areal mit einer Menge Müll vor. „Viele Jahre lang war auf der Insel nichts passiert“, sagt er. Nachdem die örtliche LPG nach der Wende die Bewirtschaftung aufgegeben hatte, weidete auch kein Vieh mehr auf Werder. Die Insel gehörte dem deutschen Staat, und die Wassertouristen „hinterließen einfach, was sie nicht mehr brauchten“, sagt Schacht. Er fand rostige Stühle, Campinggeschirr, Zelte, sogar Boote. Nester waren zerstört, Bäume abgeholzt worden. „Einerseits herrschte Freiheit, andererseits Anarchie pur.“

Seitdem ist viel auf Werder passiert: In zweieinhalb Jahren, während derer die Öffentlichkeit lange rätselte, wer der neue Eigentümer ist, wurde ein Rundweg angelegt, Obstplantagen wurden gepflanzt und Ruderboote gekauft. Auch einen Inselverwalter hat Schacht gefunden: Ein studierter Land- und Forstwirt kümmert sich die ganze Saison hindurch um alles Praktische inklusive der Dauerbewohner der Insel: Das sind die vielen Fische in den Teichen, 50 Ziegen und Schafe, acht Rinder, fünf Pferde und zwei Hunde.

Für Schacht und seine Vision wird es nun ernst. Sobald das Wetter mitmacht, starten die ersten Projekte für Kinder – mit und ohne Eltern. Ein Outdoor-Wochenende auf der Insel hat jeweils einen Schwerpunkt, das Angebot reicht von „Bienenhonig“ über „Fische“, „Obst“ bis zu „Arbeiten mit Holz“ und „Pferde“. Stets ist mindestens ein Experte als Projektleiter dabei. Beim „Pferde-Wochenende“ stehen beispielsweise „Brennholz holen mit den Tieren“, „Baden mit Pferden“ und „Voltigieren“ auf dem Programm. Ein wenig Theorie gibt es außerdem. Die Wochenenden beginnen Freitagnachmittag oder Samstagvormittag im Lindower Yachthafen. 20 Minuten dauert die Überfahrt, in Werder wird dann zunächst das Zelt bezogen. Auch die übrige Ausstattung ist rustikal: Nur eine Komposttoilette steht zur Verfügung, ein Wasserschlauch dient als Dusche.

Die Praxis-Tests der letzten Jahre mit Kindern von Freunden hätten gezeigt: Die Stadtzöglinge fremdeln rund eine Stunde, berichtet Schacht. Rennt dann der erste los, sind auch die anderen nicht mehr zu bändigen. Kommt der Abend, wird Feuer gemacht und gekocht. „Eines muss klar sein“, sagt Schacht. „hier wird nichts von uns serviert.“ Vielmehr geht es darum, dass jeder beim Kochen an der Kochstelle mitmacht und die Fische bei der Angeltour auch mal selbst fängt. „Vielleicht klappt das beim ersten Mal nicht perfekt“, sagt Schacht, „aber wer Perfektion sucht, ist bei uns wahrscheinlich einfach falsch.“

Am heutigen Sonnabend finden auf Werder ganztägig Inselführungen statt, Anmeldung unter 0174-8460465. Preis 8 Euro. Informationen zu den Projekten gibt es unter www.inselkind-lindow.de oder per Mail an info@inselkind-lindow.de. Zwei Übernachtungen inkl. Vollpension kosten etwa 150 Euro pro Person.

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