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Ein junger Mann raucht einen Joint (Archivbild).

© IMAGO/Sven Simon

Update

Großer Überblick zur Cannabis-Legalisierung: Wo das Kiffen verboten bleibt und was für Autofahrer gilt

Der große Überblick zur komplizierten Legalisierung von Cannabis. Wir erklären im Detail, was nun für Besitz, Anbau und Strafen gilt, wie sich die Preise entwickeln könnten – und was im Straßenverkehr erlaubt ist.

Egal, wie man inhaltlich dazu steht: Das nun in Kraft getretene Cannabis-Gesetz der Ampelregierung markiert einen Meilenstein der deutschen Drogenpolitik. Bisher waren Anbau, Besitz und Handel von Cannabis strafbar – doch die strikten Vorgaben sind Vergangenheit.

Ist der Hanf nun frei, so wie es Aktivisten seit Jahrzehnten fordern? So einfach ist die Lage wiederum nicht. Der Handel mit Cannabis bleibt bis auf Weiteres verboten und damit wird es die aus anderen Ländern bekannten „Coffeeshops“ in Deutschland – zumindest vorerst – nicht geben. Allerdings sind Anbau und Besitz unter bestimmten Auflagen jetzt erlaubt. Die wichtigsten Fakten zuerst:

  • Ab 1. April ist der private Eigenanbau von drei Cannabispflanzen pro Erwachsenen erlaubt. Jeder Erwachsene darf maximal 25 Gramm Cannabis mit sich führen, im privaten Bereich sind 50 Gramm erlaubt.
  • Ab 1. Juli dürfen sogenannte Anbauvereinigungen Cannabis an ihre erwachsenen Mitglieder abgeben – höchstens 25 Gramm täglich und 50 Gramm monatlich.

So viel als grober Überblick, bevor es nun in die Details geht. Denn das deutsche Cannabisgesetz ist weltweit einzigartig und sieht Regeln vor, die manche als lebensfremd kritisieren – ganz so, wie man es dem Klischee nach erwarten konnte, wenn ausgerechnet die „Bürokratie-Nation“ Deutschland Cannabis legalisiert. Im Folgenden erklären wir unter anderem, welche Besonderheiten für 18- bis 21-Jährige gelten, was in der Disco und im Auto erlaubt beziehungsweise verboten ist, wie sich die Cannabispreise entwickeln könnten und welche kuriosen Folgen das neue Gesetz hat.


Cannabis-Konsum: Wer, wo, wann?

Ab welchem Alter darf man kiffen?

Ab 18 Jahren. Für Jüngere sind neben dem Konsum auch der Besitz und Anbau der Droge untersagt. Im Alter zwischen 18 und 21 Jahre gilt eine weitere Einschränkung: Der THC-Gehalt des konsumierten Cannabis darf bei maximal zehn Prozent liegen. Außerdem dürfen diese jungen Menschen von Anbauvereinigungen monatlich maximal 30 Gramm bekommen. Der Handel mit Cannabis – das „Dealen“ also – bleibt ohnehin für alle Altersgruppen verboten.

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Dürfen Erwachsene Cannabis im öffentlichen Raum konsumieren?

Ja. Doch wer nun glaubt, sich überall sorglos einen Joint anzünden zu dürfen, sollte weiterlesen. An bestimmten Orten und zu bestimmten Uhrzeiten darf NICHT konsumiert werden:

  • In unmittelbarer Nähe von Personen unter 18 Jahren.
  • In den Anbauvereinigungen (sogenannten Cannabis-Social-Clubs) – und in deren Sichtweite.
  • In Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr.
  • In Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen und öffentlich zugänglichen Sportstätten sowie in deren Sichtweite. Laut Gesetz ist eine Sichtweite bei mehr als 100 Meter Entfernung zum Eingangsbereich nicht mehr gegeben. Wie der Grünen-Bundestagsabgeordnete Janosch Dahmen im Podcast „Lage der Nation“ betonte, könne das Kiffen aber auch bei weniger als 100 Metern Entfernung legal sein, eben wenn es nicht in Sichtweite passiere (zum Beispiel, weil andere Gebäude die Sicht verhindern).

Darf in Kneipen oder Discos gekifft werden?

„Da, wo nach den gesetzlichen Vorschriften der Bundesländer das Rauchen noch erlaubt ist, ist auch Cannabis-Konsum grundsätzlich gestattet“, erklärte Jürgen Benad, Rechtsexperte und Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

In Raucherkneipen, in Raucherräumen oder vor der Tür darf also gekifft werden. Wer aber schon mal in der Nähe eines brennenden Joints war, kennt den damit zusammenhängenden Geruch, der neutral mit „intensiv“ beschrieben werden kann und nicht jedem Gast gefallen dürfte – oder jedem Wirt. Laut dem Experten steht das Hausrecht über der grundsätzlichen Erlaubnis zum Kiffen. „Klar ist: Jeder Gastronom darf aufgrund seines Hausrechts den Gästen den Konsum von Cannabis – auch in Raucherkneipen – verbieten. Das gilt auch in der Außengastronomie.“

Kann man sich jetzt legal in der Mittagspause einen Dübel reinfahren?

Der Cannabiskonsum in Deutschland ist nun zwar grundsätzlich legal, das gilt aber nicht automatisch für den Arbeitsplatz. Beschäftigte schulden ihrem Arbeitgeber „ihre ungetrübte Arbeitsleistung“, sagte der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Professor Michael Fuhlrott, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Das heißt: Wer seine Arbeit nicht mehr mit einem klaren Kopf erledigen kann, muss schlimmstenfalls mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen rechnen – das gilt übrigens auch, wenn es im Betrieb kein explizites Cannabis-Verbot gibt. Auch ein Joint auf dem Weg zur Arbeit kann die Arbeitsleistung beeinträchtigen und ist damit nicht zu empfehlen. Was hingegen nach der Arbeit und auf dem Weg nach Hause passiert, bleibt den Arbeitnehmern überlassen, solange der Dienst am nächsten Tag nicht gefährdet wird.


Gesundheitliche Risiken des Cannabis-Konsums

Wie schädlich ist Kiffen für die Gesundheit?

Marihuana ist eine Droge. Wer sie konsumiert, riskiert die Entwicklung einer Abhängigkeit. Insbesondere vorerkrankte Menschen können bei längerem Konsum psychische Störungen wie Depressionen und Psychosen entwickeln.

Wie genau ein Mensch auf die Inhaltsstoffe von Cannabis reagiert, ist dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) zufolge individuell sehr unterschiedlich und von Faktoren wie dem Gesundheitszustand und der Konsumart abhängig. Nach dem Konsum können innerhalb von Stunden bis Tagen verschiedene Nebenwirkungen auftreten, darunter Angst- und Panikgefühle, verminderte Reaktionsfähigkeit und Halluzinationen.

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Wie gefährlich ist Kiffen für Heranwachsende?

Junge Menschen bis 25 Jahre sind besonders anfällig für die negativen Auswirkungen des Kiffens, schreibt das Gesundheitsministerium. Ihre Gehirnentwicklung könne durch den Konsum gestört werden. Außerdem sei gezeigt worden, dass Cannabiskonsumierende schlechter in der Schule sind und weniger akademische Abschlüsse machen.


Strafen in Zusammenhang mit Cannabis

Welche Strafen drohen Dealern?

Das Dealen mit Cannabis bleibt strafbar. Um den Schutz von Minderjährigen auch nach der Legalisierung zu gewährleisten, werden zudem einige Strafen verschärft. Wer etwa die Droge illegal an Minderjährige verkauft, bekommt dafür jetzt nicht mehr nur ein Jahr, sondern mindestens zwei Jahre Freiheitsstrafe. Zudem gibt es in solchen Fällen keine Strafe auf Bewährung mehr.

Mit Cannabis erwischt: Welche Strafen drohen Minderjährigen?

Minderjährige dürfen zwar weiterhin kein Cannabis konsumieren, sind aber von der Strafverfolgung ausgeschlossen und dürfen daher nicht belangt werden. 

Wird ein Teenager unter 18 Jahren beim Kiffen oder mit Cannabis in den Taschen erwischt, dann muss die Polizei die Eltern informieren. Besteht bei der minderjährigen Person der Verdacht auf „Gefährdung des Wohls“, dann können die Behörden dem Gesundheitsministerium zufolge auch die Jugendämter einschalten. In jedem Fall soll betroffenen Jugendlichen künftig die Teilnahme an sogenannten Interventions- und Präventionsprogrammen angeboten werden.

Ein Mann raucht zu unbestimmter Tageszeit einen Joint.
Ein Mann raucht zu unbestimmter Tageszeit einen Joint.

© Elsa Olofsson/Unsplash

Cannabis-Amnestie: Werden alte Strafen jetzt erlassen?

Befürworter von Marihuana verweisen gerne auf die entspannende Wirkung eines Joints. Ganz in diesem Geiste will der Gesetzgeber nun auch mit alten Verstößen umgehen. Frühere Cannabis-Delikte sollen im Rahmen des neuen Gesetzes künftig erlassen werden. Wer in der Vergangenheit straffällig geworden ist, kann bereits eingetragene Verurteilungen im Bundeszentralregister durch einen Antrag bei der Staatsanwaltschaft wieder löschen lassen. 

Auch laufende Straf- und Ermittlungsverfahren sollen vorzeitig beendet werden. Die Justiz blickt dieser Amnestieregelung jedoch weniger entspannt entgegen. Der Deutsche Richterbund warnte vor einer massiven Überlastung der Gerichte. Gerechnet wird bundesweit mit mehr als 210.000 Altfällen, die nochmals zu überprüfen sind. 


Cannabis im Straßenverkehr

Darf man bekifft mit dem Auto, Fahrrad oder E-Roller fahren?

Ob nun benebelt oder betrunken – der gesunde Menschenverstand sagt, dass es eine schlechte Idee ist, sich intoxikiert hinter ein Steuer oder einen Lenker zu begeben. Was die rechtliche Frage angeht, kommt es darauf an, ob die Fahrtüchtigkeit und die Straßenverkehrssicherheit nach dem Cannabis-Konsum weiterhin gewährleistet sind.

Entscheidend ist der THC-Gehalt im Blut. Das Verkehrsministerium (BMDV) hat dazu Ende März einen Grenzwert vorgeschlagen, der von einer Expertengruppe aus Sachkundigen ermittelt wurde. Der Vorschlag sieht einen Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum vor. Dieser Wert erscheint niedrig, wie es auch die Experten selbst einräumen.

Zwar sei bei Erreichen dieses THC-Grenzwertes „eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeuges nicht fernliegend“. Doch die Wirkung sei trotzdem deutlich von einem allgemeinen Unfallrisiko entfernt, heißt es in der Mitteilung des Verkehrsministeriums. Es sei „ein konservativer Ansatz“, „vom Risiko vergleichbar mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille.“

Darüber hinaus empfehlen die Experten, ein absolutes Alkoholverbot für Cannabiskonsumierenden am Steuer auszusprechen, wegen der „besonderen Gefährdung durch Mischkonsum“. Ob die Vorschläge der Experten dann aber tatsächlich im Straßenverkehrsgesetz verankert werden, bestimmt der Gesetzgeber. 

Ein Cannabis-Konsument sitzt mit einem Joint zwischen den Fingern am Steuer eines Autos.
Ein Cannabis-Konsument sitzt mit einem Joint zwischen den Fingern am Steuer eines Autos.

© dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Bemerkenswert: Bis zu einer gesetzlichen Anpassung gilt weiterhin der aktuelle Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. Dieser Wert sei jedoch so niedrig, dass er nur den Cannabiskonsum nachweise und nichts über die Fahrtüchtigkeit aussage, schreibt der ADAC unter Berufung auf Expertinnen und Experten.

Daher fordert Dr. Markus Schäpe, Leiter der ADAC Rechtsabteilung: „Wir brauchen wie bei Alkohol einen unzweifelhaften Grenzwert, der sich ausschließlich an den Auswirkungen von Cannabis im Straßenverkehr orientiert.“

Welche Strafen drohen bei Cannabis hinterm Steuer?

Wer unter der Wirkung von THC ein Kraftfahrzeug führt, begeht dem Bundesverkehrsministerium zufolge eine Ordnungswidrigkeit. Eine Sprecherin des Ministeriums erklärte dem Tagesspiegel, dass eine Überschreitung des zulässigen THC-Grenzwertes „mit einer Geldbuße von bis zu 3000 Euro und einem Fahrverbot bis zu 3 Monaten“ geahndet werden kann. Zusätzlich kommen zwei Punkte in Flensburg hinzu. 


Anbau von Cannabis

Im Berliner Hanfmuseum stehen Nutzhanf-Pflanzen der Sorte Futura 75 in einem extra gesicherten Raum.
Im Berliner Hanfmuseum stehen Nutzhanf-Pflanzen der Sorte Futura 75 in einem extra gesicherten Raum.

© dpa/Sebastian Gollnow

Wie viel Cannabis darf man anbauen?

Wer nun glaubt, dass man im Rahmen der Cannabis-Legalisierung die eigene WG künftig zur Hanf-Großplantage umfunktionieren darf, wird vermutlich enttäuscht sein. Das neue Gesetz schiebt diesem Kiffertraum einen Riegel vor.

Eine erwachsene Person darf zu Hause maximal drei Cannabispflanzen gleichzeitig anbauen. Das gilt für jede volljährige Person in einem Haushalt, die seit mindestens sechs Monaten in Deutschland wohnhaft ist.

Jungpflanzen oder Samen für den Anbau kann man entweder über das Internet beziehen oder in den Anbauvereinigungen (Cannabis Social Clubs) erwerben. Hier dürfen für den privaten Anbau monatlich bis zu sieben Cannabissamen oder bis zu fünf Stecklinge pro Person ausgegeben werden. Das ist insofern bemerkenswert, als dass sieben ausgewachsene Pflanzen weitaus mehr Cannabis produzieren dürften, als es eigentlich erlaubt ist.

Wo darf man Cannabis-Pflanzen anbauen?

Die Cannabispflanzen können Erwachsene „an ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt“ anbauen, schreibt das Gesundheitsministerium. Allerdings ist dafür Sorge zu tragen, dass junge Menschen unter 18 Jahren und Dritte keinen Zugriff zu den Pflanzen oder zu der Ernte haben. Es empfiehlt sich daher, die Pflanzen in abschließbaren Räumen anzubauen und zu lagern. Damit dürften in vielen Fällen der Garten und Balkone als künftige Hanfplantage ausfallen.


Cannabis-Clubs

Cannabis-Club: Welche Daten müssen angegeben werden – und haben Behörden Zugriff?

Zur Anmeldung in einem Cannabis-Social-Club (CSC) müssen normalerweise Name, Geburtsdatum und Adresse vorgelegt werden. Der jeweilige Club wiederum muss später dokumentieren, welches Mitglied wie viel Cannabis, Samen und Stecklinge erhalten hat.

Einmal jährlich teilen die Cannabis-Clubs den zuständigen Landesbehörden mit, wie viel Marihuana geerntet und an die Mitglieder weitergegeben wurde. Zudem können die Behörden bei Kontrollen vor Ort die Dokumentation sowie personenbezogene Mitgliederdaten einsehen. Weiß der Staat also bald darüber Bescheid, wer wie oft kifft?

Das soll verhindert werden. Die Daten zu den Marihuana-Mengen sollen anonymisiert vom CSC zur Behörde fließen. Außerdem sieht das Gesetz keine zentrale behördliche Erfassung von Mitgliederdaten vor, wie Karl Lauterbachs Ministerium dem Tagesspiegel auf Anfrage mitteilte.


Cannabis-Preise

Wie viel wird Cannabis in Zukunft kosten?

Der Schwarzmarktpreis von Marihuana liegt in Deutschland bei durchschnittlich zehn Euro pro Gramm, sagen Zahlen des Portals Statista für das Jahr 2021. Grob gerechnet können aus einem Gramm drei Joints gedreht werden.

Die Beitragshöhe eines Social Clubs wird einen großen Einfluss darauf haben, ob sich eine Mitgliedschaft lohnt, oder ob man lieber weiterhin (illegal) zum Dealer des Vertrauens geht. Und ja: Auch der Eigenanbau ist nun eine Option, erfordert aber weitaus mehr Aufwand und Wissen.

Derzeit ist noch nicht absehbar, welche Mitgliedsbeiträge in den Social Clubs erhoben werden. Die Preisgestaltung obliegt dem jeweiligen CSC, daher können die Kosten für die Mitglieder von Ort zu Ort variieren. Zumal neben den laufenden Beiträgen auch zusätzliche Pauschalen für die Abnahme von Cannabis und Pflanzen verlangt werden können.

Zwei Experten-Einschätzungen zum Schwarzmarkt

Wie werden sich die Schwarzmarktpreise nach der Legalisierung von Marihuana entwickeln? Der Wettbewerbsökonom Justus Haucap von der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität sagte dem Tagesspiegel: „Ich gehe davon aus, dass am 1. April noch nicht viel geschehen wird, da der Anbau (auch zu Hause) ja etwas dauert. Die Clubs kommen dann erst ab dem 1. Juli – kurzfristig würde ich nicht allzu große Preiseffekte erwarten.“

Dann heißt es Schwarzmarkt, adieu.

 Keno Mennenga (Dachverband Mariana Cannabis) zum möglichen Cannabis-Verkauf in Apotheken.

Aber auch langfristig erwartet Haucap keine allzu großen Preisveränderungen auf dem Schwarzmarkt, der schon heute von einer hohen Wettbewerbsintensität geprägt sei. „Tendenziell müssten die Schwarzmarktpreise zwar sinken, um konkurrenzfähig zu bleiben, aber schon heute ist Cannabis kein allzu margenstarkes Produkt.“

Anders sieht es Keno Mennenga, Pressesprecher beim Social-Club-Dachverband Mariana Cannabis. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel vermutet er, dass der Schwarzmarkt „tatsächlich zurückgedrängt wird“. Eigenanbau und die Anbauvereinigungen würden dazu führen, dass ein großer Teil der Kundschaft des Schwarzmarktes wegbricht. Die Clubs würden das Cannabis günstiger anbieten und eine gute Qualität garantieren. Für Dealer steige gleichzeitig das Risiko – vornehmlich wegen der erhöhten Strafen, die im Gesetz vorgesehen sind.

Mittel- bis langfristig erwartet Mennenga daher sogar einen Anstieg der Schwarzmarktpreise, da der Schleichhandel durch das Entstehen neuer Clubs unter Druck gesetzt werde. Stand Mitte März listet der Dachverband deutschlandweit bereits 180 Cannabis-Vereine.

Was passiert, wenn später auch noch Apotheken und Geschäfte Cannabis anbieten dürfen? „Dann heißt es Schwarzmarkt, adieu“, so Mennenga.

Wird der Cannabiskonsum nach der Legalisierung ansteigen?

2016 kam eine Studie der britischen Nichtregierungsorganisation Release zu dem Ergebnis, dass es zwischen der Drogenbekämpfungspolitik eines Landes und dem Ausmaß des Konsums nur eine „geringe Korrelation“ gibt. „Staaten mit einigen der härtesten Kriminalisierungssystemen“ gehörten demnach zu den Ländern, wo am meisten Drogen konsumiert werden.

Umgekehrt wurde beobachtet, dass in Ländern mit liberaler Drogenpolitik weniger konsumiert wird. Die Regierungen sollten stattdessen Faktoren wie Armut und die Unterstützung Betroffener in den Blick nehmen, wenn sie das Drogenproblem lösen wollen, regte die Studie an.

Fest steht: Die Droge Cannabis wird in Deutschland nun einfacher verfügbar sein als zuvor. Doch die Frage nach den Auswirkungen ist derzeit nur schwerlich abzusehen. Denn das deutsche Cannabisgesetz mit den Anbauvereinigungen anstelle von Verkaufsstellen ist weltweit einzigartig – und damit ein großes Experiment mit ungewissem Ausgang.

In Deutschland ist mit einem Anstieg des Cannabiskonsums zu rechnen – unabhängig von der geplanten Legalisierung.

Bericht des Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD)

Nur mit Uruguay gibt es bestimmte Gemeinsamkeiten, sagte der WHO-Berater Jakob Manthey dem Tagesspiegel auf Anfrage. Auch dort wurden Eigenanbau und Cannabis-Clubs legalisiert – und der Konsum stieg an.

„Der illegale Markt wurde in Uruguay nur wenig zurückgedrängt, aber es ist dafür ein größerer Graumarkt entstanden: Personen geben ihr Cannabis aus legalen Quellen an Freunde/Familie weiter“, so Experte Manthey. Der Unterschied zwischen Deutschland und Uruguay besteht jedoch darin, dass Cannabis in dem südamerikanischen Land außerdem in ausgewählten Apotheken gekauft werden kann (was für Deutschland erst in einem weiteren Schritt vorgesehen ist).

Eine vom Gesundheitsministerium finanzierte Studie zu den Auswirkungen der Cannabislegalisierung kam 2023 für die Länder Kanada, Uruguay und einige US-Bundesstaaten zu dem klaren Ergebnis, dass langfristig sowohl der Konsum, als auch die verbundenen Gesundheitsprobleme anstiegen. Zumindest in den US-Bundesstaaten wurde zudem ein erhöhter Cannabiskonsum unter Jugendlichen festgestellt. In allen betrachteten Ländern stieg der Konsum unter Erwachsenen, die legal Zugang haben, etwas schneller an.

Eine junge Frau hält bei einer Pro-Cannabis-Demo einen Joint in die Kamera.
Eine junge Frau hält bei einer Pro-Cannabis-Demo einen Joint in die Kamera.

© IMAGO/Eyepix Group/IMAGO/Amaresh V. Narro / Eyepix Group

Studie zum Cannabis-Konsum: Gekifft wird so oder so mehr

Doch der genannte Anstieg unter Erwachsenen ist nur mäßig. Außerdem deutete der Trend schon vor den Gesetzesänderungen nach oben. „Auch in Deutschland ist mit einem weiteren Anstieg des Cannabiskonsums zu rechnen, unabhängig von der geplanten Legalisierung“, steht im Fazit der Studie.

Das Cannabisgesetz will den Konsum ohnehin nicht verringern. Stattdessen zielt es auf einen besseren Gesundheitsschutz ab, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Darüber hinaus soll die Aufklärungsarbeit verbessert und die organisierte Drogenkriminalität bekämpft werden. Es gilt außerdem ein allgemeines Werbe- und Sponsoringverbot für Cannabis und Anbauvereinigungen.

Entscheidend scheint also weniger der steigende Konsum zu sein. Es wird darauf ankommen, ob es tatsächlich gelingt, negative Auswirkungen der Legalisierung zu verhindern. (mit epd/dpa)

Hinweise zur Suchtberatung: Im Internet, per Telefon und vor Ort gibt es unterschiedliche Angebote. Die Caritas bietet kostenfreie Suchtberatung per Mail, Chat oder in Beratungsstellen an. Die „Sucht & Drogen Hotline“ (01806 313031) bietet telefonische Beratung, Hilfe und Informationen durch Fachleute aus der Drogen- und Suchthilfe (Kosten: 0,20 Euro pro Anruf aus dem deutschen Festnetz und aus dem Mobilfunknetz). Auch das „Nottelefon Sucht“ kann man anrufen (neun Cent pro Minute Festnetz/Mobil). Fast jede Stadt verfügt über unterschiedliche Beratungsstellen, zu denen man hingehen kann (Suche per Postleitzahl oder Ort).

Korrekturhinweise: Aus dem Artikel wurde am 4. April die Infobox „Was Kiffer in einer Verkehrskontrolle auf keinen Fall sagen sollten“ entfernt. Dort wurde nicht deutlich, dass die zitierte Einschätzung einer Verkehrsanwältin vor der Gesetzesänderung vom 1. April 2024 vorgenommen wurde. Außerdem wurde im Text die Zahl der Cannabis-Vereine laut Dachverband von 81 auf 180 geändert und es wurden am 5. April die Angaben zum erforderlichen Abstand beim öffentlichen Cannabiskonsum korrigiert.

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