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Preiswerte Alternative: Weit über 30 TV-Programme können in Berlin über DVB-T empfangen werden. Foto: dpa

© picture alliance / dpa-tmn

Medien: Abkehr vom Rückzug Ringelpiez mit Anquatschen?

RTL will am Antennenfernsehen DVB-T unter bestimmten Bedingungen nun doch festhalten Trotz Bundestagswahl strömen die Zuschauer 2013 nicht zu allen Talks. Und jetzt drohen GroKo-Runden.

Die Zukunft des digitalen Antennenfernsehens sieht wieder etwas rosiger aus: Die Privatsendergruppe RTL erwägt, den angekündigten DVB-T-Rückzug ausfallen zu lassen. RTL hatte angekündigt, sich Ende 2014 komplett aus der terrestrischen TV-Versorgung zu verabschieden. Durch den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD habe sich die Situation nun jedoch in entscheidenden Punkten geändert.

Konkret bezieht sich RTL auf jene Passage im Koalitionsvertrag, die sich mit der Frequenzplanung beschäftigt. So habe sich die große Koalition darauf verständigt, bei der Frequenzplanung die Voraussetzungen für den Umstieg auf DVB-T2 zu erhalten. „Nachdem Bund und Länder es in den vergangenen zwei Jahren versäumt hatten, die für uns notwendige Planungssicherheit für eine Fortsetzung der terrestrischen Fernsehverbreitung zu schaffen, begrüßen wir dieses deutliche Signal der Politik. Es ist ein erster wichtiger Schritt, um diesen Verbreitungsweg neu zu bewerten“, sagte Tobias Schmid, Bereichsleiter Medienpolitik der Mediengruppe RTL Deutschland. In Bayern hatte die RTL-Gruppe ihre DVB-T-Ausstrahlung bereits im August eingestellt. Die Konkurrenten von Pro Sieben Sat 1 hatten sich hingegen für die bundesweite Beibehaltung des Antennenfernsehens ausgesprochen.

Das vor zehn Jahren eingeführte digitale Antennenfernsehen wird besonders in Ballungsräumen als Alternative zum Empfang über Kabel und Satellit angesehen. In Berlin, wo weit über 30 TV-Kanäle über DVB-T übertragen werden, schauen 22 Prozent der Haushalte über diesen Verbreitungsweg fern. Allerdings ist die derzeitige Technik an ihre Grenzen gestoßen. Erst mit dem Nachfolgestandard DVB-T2 ist die Ausstrahlung von HD-Programmen sowie die von den Privatsendern geforderte Verschlüsselung des Signals möglich. ARD und ZDF planen, DVB-T2 von 2017 an einzuführen.

Für Hans Hege, Direktor der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) kommt es insbesondere darauf an, dass es danach weiterhin ein Basisangebot gibt, das frei und ohne Zusatzkosten zu empfangen ist. „Als Kabel light würde DVB-T2 für die Verbraucher an Attraktivität verlieren“, sagte Hege. Für den DVB-T2-Empfang sind allerdings neue Geräte notwendig. Es müsse darum die Frage gestellt werden, ob sich der Umstieg noch lohnt, wenn im Jahr 2020 in den Ballungszentren die geplante Versorgung mit Breitband-Internet verfügbar ist.

Eine endgültige Entscheidung über das weitere DVB-T-Engagement will RTL im kommenden Jahr fällen. Zunächst wird „die Verlängerung der Zuweisung der DVB-T-Frequenzen über das Jahr 2014 hinaus“ beantragt. Als die Sendergruppe zu Anfang dieses Jahres den DVB-T-Ausstieg angekündigt hatte, war dies mit drei Punkten begründet worden. Die fehlende Planungssicherheit sei nun durch die Ausführungen im Koalitionsvertrag beseitigt worden, sagte ein Sendersprecher auf Nachfrage. Ein zweiter Kritikpunkt betrifft weiterhin das Wettbewerbsrecht, das nach Auffassung von RTL die deutschen Sender gegenüber internationalen Investoren benachteiligt – wie unter anderem beim Verbot einer gemeinsamen Mediathek der Privatsender. Dass die neue Bundesregierung eine gemeinsame Bund-Länder-Kommission gründen wolle, die sich mit Fragen von Medienordnung und Wettbewerbsrecht beschäftigen soll, zeige, dass es in diesem Feld zumindest Bewegung gibt.

Die Entscheidung für oder gegen die weitere DVB-T-Nutzung hängt für RTL allerdings auch von einem dritten Punkt ab: den wirtschaftlichen Konditionen. Die Aufwendungen für das Antennenfernsehen sind erheblich höher als für Kabel oder Satellit. Darüber muss sich RTL allerdings mit Media Broadcast unterhalten. Das Unternehmen beitreibt in Deutschland 180 DVB-T-Sender. Kurt Sagatz

Der Tag wird kommen, so sicher wie Heiligabend am 24. Dezember. Der Tag, an dem die Zuschauer Claudia Roth und Rainer Brüderle vermissen werden. Nicht unbedingt als aktive Regierungspolitiker, wohl aber als „Grünen-Sirene“ und „FDP-Anmacher“. Sie werden gebraucht – siehe nur die „Günther Jauch“-Ausgabe am vergangenen Sonntag, die auch die Premiere der künftigen „GroKo“-Nummer in den politischen Talkshows war. Die Ministerinnen Andrea Nahles (SPD) und Ursula von der Leyen (CDU) übten sich im Liebhaben, dass es nur so eine Art war. Die lächelten alles weg, da konnte der Linkenpolitiker Gregor Gysi so eifrig das Versagen der Schwarz-Roten via Koalitionsvertrag anprangern, wie er wollte.

Die Talkmacher werden sich gleich im ersten Jahr der großen Koalition mächtig anstrengen müssen, damit das Fernsehpublikum treu bleibt oder neues Interesse entwickelt. Selbst 2013, im Jahr der Bundestagswahl, fallen die Einschaltquoten für die (politischen) Talks schon durchwachsen aus.

„Strahlemann“ ist und bleibt „Günther Jauch“. Die ARD-Talkshow, immer bestens nach dem Krimi platziert, kann ihre durchschnittliche Zuschauerzahl von 4,57 Millionen im Jahr 2012 auf 4,86 Millionen in diesem Jahr steigern, auch der Marktanteil klettert von 15,8 auf 17 Prozent. Auch „Hart aber fair“ meldet nach den Zahlen der ARD-Medienforschung (Stand: 16.12.) ein Plus: 3,05 Millionen Zuschauer in 2012, 3,21 Millionen in 2013 (MA 9,7 Prozent/10,6 Prozent).

Gemischtes Bild bei der ZDF-Talkshow „Maybrit Illner“: Von durchschnittlich 2,50 Millionen Zuschauern geht es runter auf 2,41 Millionen, der Marktanteil bleibt mit 11,9 Prozent unverändert. „Menschen bei Maischberger“ muss den größten Verlust realisieren. Nach 1,69 Millionen Zuschauern im vergangenen Jahr haben 2013 im Schnitt 1,54 Millionen eingeschaltet (der Marktanteil reduziert sich von 11,8 auf 11,1 Prozent). „Anne Will“ verliert 100 000 Zuschauer und kommt auf 1,45 Millionen, dafür wächst der Marktanteil von 10,2 auf 10,6 Prozent. Der Zuspruch bei „Beckmann“ verringert sich von 1,3 auf 1,0 Millionen Zuschauer, für die Marktanteile gilt: 7,2 Prozent 2012, 7,3 Prozent 2013.

Dass sie mit der Donnerstagsrunde leicht verloren hat, liege aber nicht am geringen Interesse der Zuschauer für die Wahl, sagte Maybrit Illner: „Die Wahl war sicher nicht das spannendste Thema des Jahres.“ Sie führt ihre Verluste auf die starke Konkurrenz am Donnerstag zurück, auf die Castingshows wie die Fußballspiele Euro-League – die gab es allerdings auch schon in den Vorjahren. Vielmehr entspricht Illner dem allgemeinen Abwärtstrend. Dass es im Jahr der großen Koalition womöglich noch schwieriger wird, glaubt sie nicht. „Wir haben ja schon vier Jahre Erfahrung damit gemacht. Auch das war damals kein ,Friedhof der Kuscheltiere‘!“.

Auch Plasberg fürchtet nicht, dass es bei „Hart aber fair“ künftig zum gegenseitigen Dauer-Schulterklopfen zwischen SPD und CDU kommt. „Ich vertraue da auf das Diskussions- und Konflikpotenzial innerhalb der großen Koalition.“ Opposition gebe es genug im Land, „die muss man nicht organisieren, sondern nur finden.“ Dass es mit seiner Sendung aufwärts ging, erklärt er mit einem sichereren Gefühl der Redaktion dafür, was am Montag geht und was nicht: „Wir haben da am Anfang gebraucht, aber wie sich jetzt gezeigt hat, funktionieren die Sendungen, in denen es um unseren alten Markenkern geht, gut. Also harte politische Themen, wo nachgehakt wird.“ Sein persönliches Highlight sei allerdings kein politisches Thema gewesen, sondern die Sendung zum Thema Demenz, die mehr als fünf Millionen Zuschauer gehabt habe.

Andreas Schneider, Redaktionsleiter bei „Anne Will“, setzt wie ARD-Kollege Plasberg darauf, dass zwischen den Regierungsparteien „früher oder später auch die Fetzen fliegen.“ Der SPD-Teil der großen Koalition habe ja schon klargemacht, dass dies keine Liebesheirat sei und nur ein Bündnis auf Zeit. „Und wenn es wirklich zu gemütlich wird im gut beheizten GroKo-Gehege, dann werden wir Sturm läuten und überprüfen, was von den guten und schlechten Koalitionsvorsätzen übrig geblieben ist.“

Will selbst ist in diesem Jahr Talkgast in der ARD gewesen, bei Günther Jauch diskutierte sie über den Ausgang des TV-Duells – ein einmaliger Auftritt. Die Talkshowkönige mit den meisten Einladungen in die sechs Sendungen sind nach Recherchen des Tagesspiegels: Peter Altmaier (CDU) und Jürgen Trittin (Grüne). Sie waren jeweils zehn Mal zu Gast; gefolgt von Wolfgang Bosbach (CDU) mit neun Auftritten und Thomas Oppermann (SPD) mit acht. Dann kommen die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht, die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt und die FDP-Kombo Wolfgang Kubicki und Christian Lindner (jeweils 7). CDU-Kraft Ursula von der Leyen war ebenso wie der ARD-Wissenschaftsjournalisten Ranga Yogeshwar sechs Mal eingeladen.

Damit steht eine eminente Frage im Talkraum: Wer gibt der großen Koalition künftig Contra?

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