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Medien: Die fränkischen Brüder

Porträt von Henry und Walter Kissinger aus Fürth

In Deutschland war lange Zeit unbekannt, dass der amerikanische Politiker Henry Kissinger, geboren als Heinz Kissinger im fränkischen Fürth, einen Bruder hat. Alle Auskünfte zu seinem Privatleben wurden vom vormaligen nationalen US-Sicherheitsberater und späteren Außenminister strikt verweigert. Aber das Alter, Kissinger ist mittlerweile über achtzig, hat ihn offenbar versöhnlicher und offener gestimmt; jedenfalls haben sein nur wenig jüngerer Bruder Walter und er unabhängig voneinander freimütig der Journalistin Evi Kurz Fragen zur Familiengeschichte beantwortet. Nur einmal stockt das Gespräch, während man Walter Kissinger, einen erfolgreichen Wirtschaftsmanager, vor den Bergen Colorados sieht. Gerade hat Evi Kurz gezeigt, wie sehr der Vater, Louis Kissinger, als Lehrer am Mädchenlyzeum Fürth verhaftet war, und wie stark die Brüder mit der Stadt sympathisieren, es ist ihre Heimat. Fürth war eine liberale Stadt, bis die Nazis kamen. Wie die Eltern erklärt hätten, will Evi Kurz wissen, warum die Buben von einem Tag auf den anderen nicht mehr in der Altmühl schwimmen durften? Da schweigt Walter Kissinger lange, räuspert sich dann und sagt: „Können wir den Film anhalten?“

Der Vater wäre geblieben, die Mutter Paula drängt auf die Ausreise. In Amerika beginnen die Kissingers von vorne, beide Söhne ziehen in den Krieg, Heinz als Henry wieder nach Europa; Walter nach Asien. Beide studieren in Harvard, beide zieht es ins diplomatische Fach.

Als Henry Kissinger 1973 Außenminister wird, hält die Mutter Paula bei der Vereidigung die Bibel. Als die Brüder aber zwei Jahre später zum ersten Mal seit dem Krieg gemeinsam mit den Eltern die Heimatstadt Fürth besuchen, ist es der Vater, der in eindrucksvollen Worten über die deutsche Heimat redet. In Evi Kurz’ oft musikalisch überzuckerten, zudem die Autorin ein wenig zu sehr in den Vordergrund rückenden Film sieht man dazu im Hintergrund, wie die Zeilen des handschriftlichen Manuskripts abrollen. Gerne hätte man gehört, was der Vater zu sagen hatte. Henry Kissinger, soviel sagt er selbst, fand die Ansprache des Vaters besser als seine eigene.

„Die Kissinger-Saga“, 23 Uhr 15, ARD

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