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Re:publica12: Du bist aber groß geworden!

Die Re:publica ist erwachsen geworden, schick und professionell. Wenigsten hat das Internet nicht funktioniert.

Von Anna Sauerbrey

Das Web 2.0 ist erwachsen. In Berlin hat in dieser Woche die sechste Re:publica stattgefunden, die wichtigste deutsche Konferenz für Blogger und das Mitmachinternet, und sie ist groß geworden. Insgesamt 4000 Besucher kamen, noch einmal 1000 mehr als im vergangenen Jahr, und die meisten waren eher Ende dreißig als Mitte zwanzig. Wegen des Andrangs sind die Veranstalter umgezogen in einen alten Postbahnhof. Und da sah es auch erwachsen-schick aus: Der post-industrielle Charme harmonierte mit den bunten Plastikstühlen. Es gab Slow Food, zahlungskräftige Sponsoren, Grußwortaufsager aus der Politik und elektronische Musik. Alles so lässig, wie es nur Profis hinbekommen.

Prompt maulten die Ersten los: Nicht mehr so gemütlich, die skurrilen Vorträge fehlten. Ein „Damals“ steht im Raum: Damals, als wir noch unter uns waren. „Eigentlich“, sagte die Mitorganisatorin Tanja Haeusler bei der Eröffnung, „sind wir doch die Organisatoren des legendären Klassentreffens.“ Wie zum Trost für die Nostalgiker funktionierte fast die ganze Zeit über das WLAN-Netz nicht. Eine Internetkonferenz ohne Internet – das ist doch herrlich improvisiert.

Die zarte Sehnsucht ist vielleicht auch eine Sehnsucht nach dem Damals, als noch alle gegen uns waren. Der ursprüngliche Reflex, sagt Organisator Markus Beckedahl, war es, Leute zu treffen, die verstehen, was am Netz so großartig ist, weil diese Sorte Menschen selten ist. Inzwischen ist es auch außerhalb der Re:publica leicht, unter Netzoptimisten zu sein. Die breite Masse und gerade auch die Eliten entdecken das Web 2.0 für sich. Das spiegelt die Konferenz. Die Europäische Union schickt ihre Kommissarin für die digitale Agenda. Der Regierungssprecher spricht über das Twittern. Für zahlreichen Start-up-Unternehmer ist das Web 2.0 zur Geldmaschine geworden. Behörden, Verlage, selbst die Charité: Alle denken hier laut darüber nach, wie sie das Mitmachinternet für ihre Zwecke nutzen können.

Manch revolutionäre Idee verebbt dabei in der Realität. Viele Behörden bekennen sich inzwischen zu „Open Data“, also dazu, ihre Daten offen im Netz zur Verfügung zu stellen. In der Praxis wird dann aber doch um jede Datei gefeilscht. Doch die Konferenz ist weiterhin ein Treffpunkt für Visionäre – ob das nun Menschen sind, die das Ich als Datensteinbruch propagieren, das „quantified self“. Oder Menschen, die überlegen, wie sie die Schwarmintelligenz für die Stadtentwicklung nutzen können. Für sie ist es gut, dass sie nicht immer nur dieselben Leute treffen. Das Klassentreffen ist zur Vernetzungsplattform geworden. Und wird schon deshalb weiterwachsen.

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