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Der Kanzlerkandidat. Franz Josef Strauß (gespielt von Bernhard Ulrich) musste sich vor allem 1980 heftig gegen Kritik und Anfeindungen wehren.

© BR

Franz-Josef-Strauß-Porträt: „Ich bin der Beste, ja“

Manchmal sieht die Sache mit dem Selbstbewusstsein schon anders aus: Die ARD versucht sich an einem Porträt über Franz Josef Strauß.

„Buback, Ponto, Schleyer, der Nächste ist ein Bayer!“ (Parole auf einer Häuserwand). „Das ist ein Mann des Unfriedens.“ (Helmut Schmidt). „Er steckt bis zu den Knien im rechten Sumpf.“ (Willy Brandt). Es gab wenig Schmeichelhaftes, was Franz Josef Strauß in den Zeiten seiner großen Kanzlerkandidatur 1980 über sich sehen, lesen und hören musste, von den Schlagzeilen im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ gegen den CSU-Mann ganz zu schweigen. Wie muss sich der Mensch Franz Josef Strauß im Innersten eigentlich gefühlt haben? Das Erste versucht eine Antwort auch auf diese Frage und würdigt den Bundespolitiker und bayerischen Ministerpräsidenten mit einem Filmporträt anlässlich seines 100. Geburtstages am 6. September.

Es zeichnet den Aufstieg des Franz Josef Strauß vom Metzgerssohn in der Münchner Vorstadt über den Klassenprimus und Wehrmachtoffizier zum mehrfachen Minister und Kanzlerkandidaten nach, zu einem der umstrittensten Politiker der bundesdeutschen Nachkriegszeit. Vorab: Es sind Schlaglichter auf das Leben eines Mannes, der polarisierte. Ein schlüssiges Psychogramm liefert der Film nicht, kann er vielleicht auch gar nicht liefern, wenn man von dem ausgeprägten Selbstbewusstsein absieht, das dem besten Abiturienten und Radsportler seines Jahrgangs in ganz Bayern später in Rhöndorf bei Kanzler Adenauer, nach seinem Lieblingsministerposten befragt, nachgeht. Strauß will das Verteidigungsministerium, er will die Bundeswehr aufbauen. „Ich bin der Beste, ja.“

Eine Gefahr für Frieden und Rechtsstaat?

So kennt man ihn, besser, so glaubt man, ihn zu kennen. Franz Josef Strauß. Anhänger verehrten den langjährigen CSU-Chef und ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten mit nahezu kultischer Hingabe fast wie einen König, gerade auch bei seiner geradezu monarchisch inszenierten Beerdigung 1988. Gegner wie „Spiegel“-Gründer Rudolf Augstein sahen in dem genussfreudigen Mann mit der barocken Figur stets eine Gefahr für Frieden und Rechtsstaat. Der durfte höchstens in Bayern wirken, bloß nicht in Bonn.

Rahmenhandlung des ungewöhnlichen Dokufilms aus teils deftigen Spielszenen, Archivmaterial und Zeitzeugenkommentaren – von Edmund Stoiber und Strauß-Tochter Monika Hohlmeier über Journalist Peter Merseburger bis zum Ex-„Spiegel“-Redakteur Wolfgang Bickerich – sind die Geschehnisse rund um die Bundestagswahl 1980, in der Strauß als Kanzlerkandidat der Union gegen Helmut Schmidt und dessen sozialliberale Koalition unterlag. Dazwischen Rückblenden: alte Aufnahmen, von Darstellern gespielte Szenen, Interviews mit Verwandten und Weggefährten. Kritiker kommen eher oberflächlich zu Wort, Stichwort „Spiegel“-Affäre oder Starfighter-Skandal, bei dem über Schmiergeld für Strauß gemunkelt wurde.

"Marianne, was soll ich tun?“

Manches mag überraschen: die Prägung durch Kriegserlebnisse, den Russlandfeldzug (Strauß konnte dem Inferno in Stalingrad knapp entkommen), der Verve, mit dem der Wehrmachtoffizier seine resignierenden Soldaten im April 1945 vor SS-Kommandos schützte, die „Vaterlandsverräter“ aufhängen wollten. Manches mag übertrieben sein, wie Strauß’ Antwort auf die Frage des verhörenden US-Offiziers, was der „Nazi“, der kein Nazi sein will, in Friedenszeiten zu tun gedenke. Strauß sagt: „Atmen, schlafen, und, ja, Frauen, und am Ende Millionär werden.“ Oder auch, Jahre später, das stete Hilfesuchen des Kandidaten daheim bei seiner Frau, wenn die Kampfmaschine „Spiegel“ und sein Erzfeind Augstein am Montag mit heftigen Strauß-Geschichten aufmachten: „Marianne, was soll ich tun?“ Da sieht die Sache mit dem Selbstbewusstsein schon anders aus.

Alles in allem bietet das 85-minütige Porträt von Erica von Moeller nach dem Drehbuch von Werner Biermann („Strauß: Aufstieg und Fall einer Familie“) aber doch recht wenig Neues. Ein Erklärungsversuch, warum Strauß wie kaum ein anderer Politiker gleichzeitig so sehr gehasst und geliebt wurde, fehlt. Am Ende bleibt der Eindruck eines großen schweißgesichtigen Politikers haften, der mit bebender Stimme vom Rednerpult gegen seine Gegner donnert: „Ihr seid ja Gehirnprothesenträger, Ihr habt ja gar keine eigene Meinung, Ihr brüllt ja bloß!“

„Der Primus – Franz Josef Strauß“, Montag, ARD, 22 Uhr 50.

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