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Mit breitem Pinselstrich. In seinen knapp 30-minütigen Mal-Sessions hat Bob Ross stets heile, idyllische Landschaften gefertigt. Menschen kamen darin nicht vor. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Malen mit dem Fernsehen und gegen die Pandemie: Just paint it!

„The Joy of Painting“: Warum Fernsehmaler Bob Ross unverändert populär ist.

Sie heißen „Winter Moon“ (1983), „Mountain at Sunset“ (1987), „Wilderness Day“ (1994). Gemalt hat diese Bilder wie auch 400 andere Bob Ross. Vor der Videokamera, für American Public Television, in je halbstündigen Sessions. Danach war die Leinwand voller Landschaft, übervoll mit Farbe und leer von Menschen. Die Sendung heißt „The Joy of Painting“ und sie ist unverändert ein globaler Erfolg. Es gibt einen eigenen Bob-Ross-Kanal bei Youtube mit Millionen Followern, die Mal-Session läuft bei BBC 4 und in ARD alpha. Alle Streamings, alle Ausstrahlungen sind Wiederholungen, Bob Ross starb 1995 in Florida an Lymphdrüsenkrebs. „The Joy of Painting“ wurde vom 11, Januar 1983 bis zum 17. Mai 1994 produziert.

Bob Ross darf als Amerikas bekanntester Maler gelten. Wenn Ross mit dickem Pinsel und breiter Spachtel seine Nass-auf-nass-Bilder vor der Kamera ausführte, dann säuselte seine leise, sonore Stimme von „glücklichen Bäumen“, „heiteren kleinen Wölkchen" oder „fröhlichen kleinen Bergen“. Er sprach mit seinen Farben und den Dingen und er ermutigte seine Zuschauerinnen und Zuschauern, es selber zu versuchen, sein Credo hieß: „Jeder Tag ist ein guter Tag, wenn Du malst.“ Es konnte nichts schiefgehen, „wir machen keine Fehler, wir machen glückliche kleine Unfälle“. Da lächelte der schmale Mann mit Bart unterm Haar-Turm, den er nicht der Natur, sondern einer Dauerwelle verdankte.

Ein Bild in 30 Minuten

30 Minuten sind eine verdammt kurze Zeit für ein Ölbild, also ging der Mann aus Daytona Beach auf Nummer sicher. Welches Motiv er auch immer malte, er hatte es vor der TV-Aufzeichnung bereits einmal gefertigt, in seiner Sendung hat er sich selbst kapiert und danach hat er eine dritte, elaborierte Version produziert. Kaum ein Bild kam jemals in die Öffentlichkeit, die allermeisten gehören der Bob Ross, Inc., wenige gingen zum Smithsonian American History Museum nach Washington, kommt jemals eines zur Versteigerung, kann die Taxe bis zu 10 000 Dollar gehen.

(Bob Ross - The Joy of Painting, auf Youtube, in ARD-alpha und in der BR-Mediathek).

American History Museum, nicht American Art Museum, das klingt nach einem schmeichlerisch-vernichtenden Urteil über die Malkunst des Bob Ross. Der wusste, was er tat, was er konnte. In der „Phil Donahue Show“ sagte er zu seinem Gastgeber: „Es ist nicht traditionelle Kunst. Es ist nicht feine Kunst. Und ich versuche niemand zu erzählen, dass es das ist.“

„The Joy of Painting“ vermittelt die reine Kunst und Kraft des Positiven, jede Session ist so meditativ wie instruktiv – und so lukrativ. Ross lebte nicht vom Fernsehen, er lebte von seiner Bob Ross, Inc., ein immer weiter wachsendes Merchandising-Unternehmen; T-Shirts, Toaster, Decken, Cornflakes, überall prangte sein Gesicht, tausendundeine Malutensilie wurde lizensiert, es wurden sogenannte Bob-Ross-Instructors ausgebildet, seine Maltechnik über den Erdball zu verbreiten. Bob Ross ist eine Marke, eine Weltmarke.

Sohn eines Zimmermanns und Ex-Soldat

Wenn der Sohn eines Zimmermanns und ehemalige Soldat der US Air Force eine Session beginnt, dann will er nicht nur Farbe auftragen, sondern seinen Zuschauerinnen und Zuschauern klarmachen, dass sie und er auf diese Weise ein erfülltes Leben gewinnen können, egal was die sonstigen Herausforderungen des Lebens auch sein mögen: „Just beat the devil out of it.“ Er wollte nicht zeigen, was für ein guter Maler er ist, sondern welch ein guter Maler jeder sein könnte. Eines seiner Mantras lautete: „You can do it!“ Klingt nach Joseph Beuys, war aber Bob Ross, der auch verkündete: „In jedem von uns ist ein Künstler versteckt.“ Er sagte das ohne (Schamanen-)Attitüde, dafür mit ehrlicher Inbrunst.

So wie Ross in seiner Malerei und seinen Motiven emotional tief verwurzelt war, so war er es auch mit seinen Fans. Etwas aus nichts zu kreieren, etwas Wunderschönes, Friedvolles, Harmonisches zu erschaffen, was in alle und genau auch in diese Zeiten der Pandemie passt(e).

Mit der Bob-Ross-Einstellung kann jeder seine eigene Welt erschaffen, in ihrer Spezifik vollständig, vollgültig, einvernehmlich, partizipativ statt ego-radikal. Für andere ist das esoterische Wohlfühlmalerei, verlogen, ja frivol, Gemütskunst, nicht mehr. Boss Ross, ein Maler? Geht ja gar nicht, er malt ja im Fernsehen!

Der Gegenwart entkommen

„Zeit“-Kritiker Hanno Rauterberg urteilte über „The Joy of Painting“: „In seiner Kunst wollte Ross der Gegenwart entkommen; nur dem Zwang zum Entkommen entkam er nicht.“ Bob Ross hätte dazu wohl gesagt: „I'd like to wish you happy painting, and God bless my friend.“

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