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Kommissarin Saga Norén (Sofia Helin) kommt von der Brücke über den Öresund nicht los.

© Carolina Romare

ZDF-Krimi: Öko kann Terror sein

Das Serienhighlight ist zurück: „Die Brücke“ schlägt die Zuschauer wieder in ihren Bann. Mit einem bemerkenswerten stillen Star.

Die Szene ist unvergessen. Auf der Öresundbrücke wird eine Frauenleiche gefunden. Die Tote ist zweigeteilt: die eine Hälfte ist eine Prostituierte aus Kopenhagen, die andere eine Stadträtin aus Malmö. Die „Todesfuge“ markiert millimetergenau die Grenze zwischen Dänemark und Schweden auf der wichtigsten Verbindung beider Länder.

Damit sind die schwedische Kommissarin Saga Norén (Sofia Helin) und ihr dänischer Kollege Martin Rohde (Kim Bodnia) herausgefordert – und mit den beiden der Zuschauer. Was „Die Brücke – Transit in den Tod“ über fünf Doppelfolgen im ZDF erzählt, ist atemberaubend. Ein Krimi-Narrativ mit einem monströsen Radius an Verwirrungen, Verwicklungen und Verwerfungen. Die Taten und der Täter, die Aufklärung und die Fahnder bündeln sich zu einem komplexen, komplizierten Ereignisstrom. Brutal, von expressiver Kälte, dem Autorenteam um Hans Rosenfeldt ist Empathie vollkommen egal. „Die Brücke“ verbreitet Angst und Schrecken – und eine magnetische Anziehungskraft.

Ein Schiff rammt die Brücke

13 Monate sind vergangen. Ein Schiff rammt die Öresundbrücke. Es gibt keinen Steuermann und keine Mannschaft, dafür fünf Jugendliche, drei aus Schweden, zwei aus Dänemark. Sie wurden mit K.-o.-Tropfen überwältigt und angekettet. Im Krankenhaus stellt sich heraus, dass sie mit Pestbakterien infiziert wurden. Es bleibt nicht der letzte Anschlag auf die Bevölkerung der Grenzregion. Schon bald sterben arglose Verbraucher an vergiftetem Obst. Offensichtlich stecken Öko-Terroristen dahinter.

„Die Brücke II – Transit in den Tod“ wirft wieder ein ganz großes Schleppnetz aus. Viele Spuren, viele Verdächtige, viele Irrwege, der Tod im Säurebad gehört dazu. Tausend Blicke in tausend Abgründe, kein Überblick. In der Inszenierung von Henrik Georgsson und in der Bildersprache von Carl Sundberg kann der Zuschauer die Kunst des langen Krimi-Atems erleben und genießen. In seiner Spannweite bietet die zehnstündige dänisch-schwedische Produktion unter Beteiligung des ZDF Fernsehen im Dan-Brown-Maßstab, nur läuft hier kein supermännischer Professor Robert Langdon durch Zeit und Raum, dafür sorgen die beiden Pole Saga Norén und Martin Rohde für die notwendige Aufladung.

Kommissarin und Kommissar haben sich seit der Frauenleiche auf der Öresundbrücke nicht mehr gesehen. Rohde hat in der ersten Staffel den Tod seines Sohnes miterleben müssen, seine Familie hat er verlassen. Der Mann mit dem Knut-Eisbär-Blick hat zuweilen die Hosen schneller unten als den Verstand oben. Er geht fremd, nicht schiere Geilheit zwingt, sondern die Gelegenheit verführt ihn. Das sind nur Schritte zur Seite, Martin Rohde will seine Verlassenheitsmomente überwinden und zurück in die Normalität, eine Paartherapie soll helfen, was vielleicht hilft, ist der neue Fall.

Saga Norén, die in ihren Ermittlungen deutlich mehr Zug und Zielgerichtetheit hat als der dänische Kollege, lebt jetzt in einer Beziehung. Emotion und Bindung und zwischenmenschliche Freundlichkeiten sind immer noch nicht ihre Sache, zwischendurch geht sie ins Hotel. Sie hat das Asperger-Syndrom, eine abgeschwächte Form des Autismus. Sex ist möglich, muss aber nicht am Aktenstudium hindern. Sinn für Ironie ist immer noch nicht möglich. „Brücke II“ spinnt die Spleens, Probleme und Neurosen der Protagonisten fort. Das sind dann die Entspannungsaugenblicke im rasenden Geschehen.

Ein ganz besonderes Alleinstellungsmerkmal besitzt diese ZDF-Koproduktion vor allem dadurch, dass die namensgebende Öresundbrücke zwischen Malmö und Kopenhagen der stille Star der Handlung ist. Immer wieder ist zu leiser Musik vor allem sie im Bild. Tag und Nacht macht sie bella figura. Mit Kamerafahrten von atemberaubender Schönheit und als Kulisse für teuflische Taten und Dialoge von abgründigem Witz. Über die Brücke fahren die Mörder genauso wie ihre Verfolger. Eine Brücke ist nur eine Brücke? Vergiss es!

„Die Brücke II – Transit in den Tod“, ZDF, Sonntag, 22 Uhr

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