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''Süddeutsche'': Schwäbische Lösung

Das Verlagshaus mit der "Süddeutschen Zeitung" wird verkauft. Die Südwestdeutsche Medien Holding übernimmt die Mehrheit zum 29. Februar 2008. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Am Schluss ging alles rasend schnell. Am Donnerstag machte die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) den verkaufswilligen Gesellschaftern des Süddeutschen Verlags (SV) ein so verlockendes Angebot, dem sie nicht wiederstehen konnten: Etwa 625 Millionen Euro soll die SWMH für die 62,5 Prozent der Anteile bezahlen, die den vier Altgesellschafterfamilien Goldschagg, Schwingenstein, von Seidlein und Dürrmeier gehören. Die SWMH, die zuvor schon mit 18,75 Prozent an der „Süddeutschen“ beteiligt war, wird damit Mehrheitseigentümer des SV mit 80,25 Prozent. Mit 18,75 Prozent weiterhin beteiligt bleibt die Familie Friedmann („Abendzeitung“). Bereits in der vergangenen Woche hatte die SWMH die Übernahme des SV zur Genehmigung beim Bundeskartellamt vorgelegt, um wettbewerbsrechtliche Hürden auszuloten.

Noch zu Wochenbeginn hieß es aus den beteiligten Kreisen, dass die Verkaufsverhandlungen auf den Januar vertagt werden müssten. Doch dann kam Tempo in den Prozess. Bereits Ende November war die vertragliche Bindung unter den verkaufswilligen Altgesellschaftern ausgelaufen, nur zusammen ihre Anteile verkaufen zu können. Auf einer Gesellschafterversammlung am Donnerstagabend soll dann die Familie Schwingenstein die übrigen drei Gesellschafter damit überrascht haben, dass sie ihre Anteile von 16,67 Prozent an die SWMH verkauft habe. Den Familien Goldschagg, von Seidlein und Dürrmeier blieb nichts anderes übrig, als sich dem Verkauf an die SWMH anzuschließen. Zu dritt wären sie in eine Minderheitenposition gerutscht. Denn auf der anderen Seite hätten die SWMH mit ihrem neuen Anteil und die nicht verkaufswillige Familie Friedmann mit zusammen 54,17 Prozent gestanden. Den Minderheitenanteil an einen externen Käufer loszuwerden, wäre für die drei verbliebenen Familienstämme schwierig geworden. Vor allem zu ihren Preisvorstellungen. Am Freitag fiel damit die endgültige Entscheidung, das Gesamtpaket an die SWMH zu verkaufen. „Zähneknirschend“, wie ein Beteiligter sagte. Das Vertrauen unter den verkaufswilligen Familien habe durch die plötzliche Entscheidung der Schwingensteins einen Bruch erlitten.

Der geschäftsführende SV-Gesellschafter Christian Goldschagg sagte der Nachrichtenagentur AP: „Ich hoffe, dass die Zeitung dadurch mehr Zukunft hat als in der alten Gesellschafterstruktur.“ Das Redaktionsstatut der „Süddeutschen Zeitung“ bleibe unverändert so, wie es nach dem Krieg geschaffen worden sei. Die „SZ“ ist Marktführer unter den überregionalen Zeitungen.

Der Verkaufsprozess hat sich über Monate hingezogen, zwischen den SV-Gesellschaftern hatten sich verfeindete Blöcke gebildet. Denn seit bekannt wurde, dass vier Altgesellschafterfamilien ihre Anteile verkaufen wollen, hatte die SWMH ihr Interesse daran bekundet, das Vorkaufsrecht auszuüben. Den von den Familien geforderten Preis zahlen wollte sie nie zahlen – und versuchte sich sogar gerichtlich gegen eine Bewertung des SV und die Zulassung von externen Kaufinteressenten zu wehren. Denn den sparsamen Schwaben war die Folge klar: Je mehr Bewerber es gibt, desto höher wird der Preis getrieben. Doch die SWMH zog den Kürzeren und musste die Vendor Due Diligance, eine Art Buchprüfung, zulassen. Zahlreiche Verlage und Investoren bewarben sich anschließend um den mit etwa einer Milliarde bewerteten SV. Aus diesem Kreis wählten die verkaufswilligen Altgesellschafter eine Handvoll Kandidaten aus, dazu gehörten die Medienhäuser M. DuMont Schauberg („Kölner Stadt-Anzeiger“), Holtzbrinck (Tagesspiegel, „Die Zeit“) und die WAZ-Gruppe sowie Finanzinvestoren.

Die SWMH wird aus drei Gesellschaftern gebildet: Jeweils knapp 44 Prozent halten die Gruppe Württembergischer Verleger („Südwest-Presse“) und die Medien Union Gruppe („Die Rheinpfalz“) sowie Altgesellschafter mit acht Prozent. Zur SWMH gehören mehrheitlich die „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“.

Die Übernahme des Süddeutschen Verlages wurde in der „SZ“-Redaktion mit Überraschung aufgenommen. Ein Mitarbeiter sagte, es sei von Vorteil, dass die SWMH als neuer Mehrheitsbesitzer das Haus bereits kenne. Zudem sei man lieber „die Premiummarke“ in der SWMH als nur ein Blatt unter anderen – wie es vielleicht der Fall gewesen wäre, wenn ein anderer Interessent die „Süddeutsche“ gekauft hätte. sop/jbh

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