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"heute+"-Moderator Daniel Bröckerhoff in der Greenbox im Mainzer Studio

© dpa

Zu PAPIER gebracht: Tausche News gegen Jugendwahn

Seit einer Woche ist das ZDF mit "heute+" online und im Fernsehen präsent. Weniger Newssendung als Magazin mit Beliebigkeit - aber überall verfügbar

Es ist ein Experiment, ein mutiges dazu. Ein lineares Medium, in diesem Falle das ZDF, sucht seinen Weg in die Zukunft. Und das wieder auf verchiedenen Wegen: linear und nichtlinear und zugleich mit der Auflösung der klassischen Nachrichten – „heute+“ ist seit einer Woche auf Sendung.

Beiträge der Nachfolgesendung von „heute nacht“ werden über soziale Medien ausgespielt, bereits um 23 Uhr steht eine Version in der ZDF-Mediathek zum Abruf bereit, dann erst wird „heute+“ im ZDF-Hauptprogramm ausgestrahlt. Die Inhalte folgen nicht dem gängigen Muster von „heute“ und „Tagesschau“. Diese Klassiker sollen in 15 bis 20 Minuten Geschehen und Ereignisse zusammenfassen. „heute+“ gibt dieses beim Zuschauer unverändert erfolgreiche Schema auf. Die News-Sendung konkurriert mit dem Magazinformat. Der Bahn-Streik besitzt keine größere Wichtigkeit als Video-Gaming im Mannschaftsformat. Erkennbar wird über dieses Muster – Diffusion statt Konzentration – junges Publikum angesteuert. Linear im Fluss des Hauptprogramms, nonlinear im Online-Universum.

Joachim Huber
Joachim Huber

© Kitty Kleist-Heinrich

"heute+" will als Potpourri überzeugen

Den Tagesspiegel zum Vergleich genommen: Über die Homepage werden permanent die Akualitäten des Tages aufgearbeitet, das Printprodukt bietet ein Best-of des Nachrichtentages. In beiden Anstrengungen steckt ein Versprechen an die Nutzer und Leser: Informationen, so schnell und so gründlich wie nötig und möglich.

„heute+“ geht einen entscheidenden Schritt weiter. Es will als Potpourri überzeugen, stets mit der doch bemühten Ansage, so und nicht anders müssten junge Leute angesprochen werden. Das ist irritierend. Die Autorität des Nachrichtengebers – seht her, das ist wichtig, das ist relevant – wird aufgebeben für Allerlei-Informationen. Durchaus anbiedernd sieht und hört sich das an. Öffentlich-rechtlicher Kniefall vor dem Jugendwahn.

Wenn die Annahme stimmt, dass gegen Mitternacht wohl jeder mitbekommen hat, was die Nachrichten des Tages waren, dann zieht das ZDF mit „heute+“ den richtigen Schluss. Doch muss dies die Abkehr von der Tagesschau sein und zugleich die Hinwendung zum „Alles! Nichts! Oder!“?

Nonlinearität kann nicht bedeuten, dass es egal ist, was ein öffentlich-rechtlicher Sender unter der Überschrift „Nachrichten“ verbreitet, dass nur noch wichtig ist, ein Surrogat für ein junges Zielpublikum anzubieten. Eine größere, eine gelungere und notwendigere Anstrengung muss für die „heute+“-Macher Leitlinie werden: eine andere, meinetwegen „junge“ Aufbereitung von News.

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