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Medien: Wer erschoss Pim Fortuyn?

„Der sechste Mai“, der letzte Film des ermordeten Regisseurs Theo van Gogh

Es ist kein unfertiges, aber doch ein von seinem Schöpfer nicht beendetes Werk, erzwungenermaßen. Theo van Gogh war mit der Nachbearbeitung seines gerade abgedrehten Filmes „06/05“ beschäftigt, als er am 2. November 2004 in Amsterdam von dem radikalen Muslim Mohammed Bouyeri ermordet wurde. Makabrer Weise handelt „06/05“ ausgerechnet von dem ersten Attentat, das die Niederlande 30 Monate zuvor aufgerüttelt hatte, von der Ermordung des Rechtspopulisten Pim Fortuyn am 6. Mai 2002.

Unter dem Titel „Der sechste Mai“ zeigt 3sat heute diesen letzten Film des niederländischen Provokateurs Theo van Gogh kurz vor dessen zweiten Todestag in deutscher Erstausstrahlung. Da es dem öffentlich-rechtlichen Sender nach eigenen Angaben an Geld für eine Synchronisation mangelte, wird er mit deutschen Untertiteln gezeigt. 3sat wird getragen von ARD, ZDF, dem österreichischen ORF und der Schweizer SRG, allesamt ja als Hungerleider bekannt ...

Zum „Sechsten Mai“: Theo van Gogh breitet in Form eines spannenden Thrillers seine Theorie von den Hintergründen der Ermordung Fortuyns aus: Pressefotograf Jim de Booy (Thijs Römer) hat zufällig vor dem Eingang der Fernsehstudios in Hilversum zu tun, als dort der Politiker von einem militanten Tierschützer getötet wird. Die Fotos, die de Booy von einem prominenten Starlet schießt, bringen ihn auf die Spur der Organisation, der der Mörder angehört hat, der „Grünen Offensive“. Ihr gehört auch die junge Türkin Ayse Him an. De Booy entdeckt, dass sie vom Geheimdienst observiert wurde, ja, dass Agenten bereits vor den Schüssen auf Fortuyn am Tatort waren. Warum verhinderte der Geheimdienst das Attentat nicht? Nach van Goghs Deutung stand Fortuyn einem Rüstungsgeschäft im Weg, das er ablehnte, aber nach seinem Tod und der kurz darauf abgehaltenen Wahl im Den Haager Parlament eine Mehrheit fand.

Van Goghs Verschwörungsfilm hat in den Niederlanden keine nachhaltige Resonanz gefunden, vielleicht weil das große Thema Einwanderung, angeheizt durch den brutalen Mord am Islamkritiker van Gogh selbst, hier nur eine untergeordnete Rolle spielt. Dennoch gewinnt „Der sechste Mai“ seinen Reiz gerade durch die Verknüpfung mit den realen Ereignissen. Immer wieder montiert der Regisseur Fernsehaufnahmen von den Tagen nach Fortuyns Ermordung in seine ansonsten fiktionale Handlung. Das verleiht seinem etwas verworren erzählten Thriller zusätzliche Dynamik und Spannung.

Während de Booy recherchiert, befinden sich die Niederlande im Schockzustand, wird Pim Fortuyn für seine Anhänger zum Märtyrer. Dass van Gogh auch einen Ausschnitt aus einer Fernsehdiskussion zeigt, in der Fortuyn von einem führenden Politiker der Partei der Arbeit als „außerordentlich minderwertiger Mensch“ beschimpft worden war, soll wohl auf eine Mitschuld der vermeintlich liberalen Politikerklasse am Tod des Rechtspopulisten verweisen.

Für Theo van Gogh war Pim Fortuyn ausschließlich ein Opfer, am Ende auch das seiner Parteigenossen. Das ist alles in allem reichlich zweifelhaft, aber als fiktionaler Stoff und cineastisches Zeugnis aus einem aufgewühlten Land besitzt „Der sechste Mai“ besondere Qualität.

„Der sechste Mai“, 22 Uhr 50, 3sat

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