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Kanzleramt-Gipfel: LeFloid interviewt Angela Merkel

© dpa

Update

LeFloid interviewt Angela Merkel: Youtube-Star trifft Kanzlerin: Alles andere als peinlich

Ortstermin im Neuland: Kanzlerin Merkel lässt sich von Youtube-Star LeFloid interviewen. Das Fazit: Ruhm ist teilbar. Inzwischen gibt es erste Reaktionen auf Twitter und Facebook.

Ist halt ein Star. Und der lässt warten. Statt wie angekündigt um 18 Uhr schickt LeFloid sein Ich-war-mit-Angela-Merkel-Schnacken-Video erst um 19.20 Uhr in den Youtube-Kosmos. Der denkt eben nicht in "Tagesschau"-Kategorien, der denkt nonlinear. Es fängt an, wenn er anfängt. Und dann fängt es an: LeFloid und die Bundeskanzlerin gegenüber, im Hintergrund schaut der Bundestag im Reichstag durchs Fenster rein. 30 Minuten und 43 Sekunden wird das Gespräch dauern.

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Der Youtuber will erst mal wissen: "Warum das Interview jetzt?" Merkel: "Jetzt passt gut, weil wir unseren Dialog mit den Menschen in Deutschland beginnen." Den Bürgerdialog nämlich. Ist ein bisschen ulkig, weil eigentlich jeder annehmen durfte, dass der Dialog längst begonnen hatte. Egal. Schon geht es um das Glück des Einzelnen in der Gesellschaft. Merkel sagt, jeder solle nachhaltig leben, schauen und beachten, wie viel Schaden er anderen zufüge. Keine Zufriedenheit ohne Rücksichtnahme.

LeFloid nickt, er wird noch sehr oft nicken, Merkels Aussagen verschiedentlich als "sehr cool" klassifizieren. Er legt die Fragen, die er aus der Community #netzfragtmerkel ausgewählt hat, nicht kontrovers an. LeFloid fragt zuweilen umständlich, die Hände malen in der Luft, aber der Nutzer muss nie Angst haben, dass LeFloid den Faden verliert. Er hat einen Fragebogen, er hat einen Frageplan.

Homo-Ehe ist für Merkel das Mann-Frau-Ding

Bei Frage drei geht es um die "Homo-Ehe". Merkel ist da ganz klar: "Ehe ist das Zusammenleben von Mann und Frau", andere Meinungen akzeptiert sie, von der eigenen, unmissverständlichen rückt sie nicht ab. "Das muss man aushalten", sagt sie. LeFloid hält es aus. Schon an dieser Stelle wird klar, dass er im brutal engen Zeitkorsett steckt. Er soll, er muss, so sieht es jedenfalls aus, in einer knappen halben Stunde verdammt viele Fragen loswerden, das erwarten die Zuschauer. Da bleibt kein Minütchen für vertieftes, streitiges Nachhaken, was schade ist, weil Angela Merkel weder ihre Antworten so filibustert, dass der Fragezeitraum immer kleiner und kleiner wird, noch weil sie ausweicht. Sie sagt, was sie zu sagen hat, LeFloid wirkt, obwohl er in der Offensive des Fragenden ist, im Nachteil - er kann aus den Aussagen Merkels keine neue Fragen generieren.

Beim Thema Fremdenhass sind sich beide einig, bei NSA bleibt die Kanzlerin mehr im Ungefähren als dass sie konkret wird. LeFloid wird sicherer, selbstbewusster. "Können Sie sich vorstellen, als Whistleblower zu arbeiten?" Merkel: "Ich habe anderes zu tun." Dann geht es um Kopf- und Bauchgefühle, um Merkels Bekenntnis, dass sie im Mündlichen besser sei als im Schriftlichen, Horst Seehofer wird gestreift - es droht eine Kaffeekränzchen-Atmosphäre.

LeFloid kriegt jedoch die Kurve, mit Fragen zur Bildung, vielleicht Fragen, die einem professionellen Journalistenkreis der Merkel-Exegeten so nicht eingefallen wären, so nicht auf der Seele gebrannt hätten. LeFloid wagt das Intro: "Ein Brandenburger Abitur an einer Münchner Uni - das ist schon eine Herausforderung". Sind jetzt alle Brandenburger Schüler und Lehrer beleidigt? Mit der Frage nach dem einheitlichen Abitur in Deutschland, mit den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP macht LeFloid Punkte, das sind Fragen aus seinem Milieu, aus der vorherrschenden Altersschicht seiner 2,6 Millionen Abonnenten. Da bramarbasiert die Kanzlerin, will in Sachen TTIP LeFloid "drei CDU-Broschüren" schicken. Der Youtuber ist überraschenderweise einverstanden, er lobt Merkel, das habe er so noch nie gehört. Merkel trocken: "Wahrscheinlich hören Sie mir nicht immer zu."

Mutti und Sohn auf einer Linie

Bei der Legalisierung von Cannabis gehen Mutti und Sohn auch auf einer Linie: Merkel will den Gebrauch nur auf medizinisch notwendige Ausnahmen zulassen. Die Augenringe des uneitlen Studenten aus Berlin müssen aus einer anderen Quelle herrühren. Wahrscheinlich aus dem übermäßigen Internet-Gebrauch. Die Kanzlerin folgt auch im Rest der Frage-und-Antwort-Runde ihrem Kompass treu: Sie sagt bei "LeNews" nichts anderes in die Kamera als bei ARD oder ZDF. Ob sie in oder out bei ihren Wegen sei - das sei nicht ihre Frage an sich selbst.

Einmal, und zwar zum guten Schluss, wird sie raffiniert, als wollte sie den "Neuland"-Geruch, der sie umweht, endgültig vertreiben. Sie sagt, sie habe bei Google schon mal einen Hangout gemacht. Donnerwetter, da ist sie aber ganz vorne. LeFloid bedankt sich für die "ehrlichen Antworten". Griechenland kam gar nicht vor, das allerdings war merkwürdig.

Ruhm ist teilbar. Also war LeFloid der erste Youtuber, der die Kanzlerin interviewen konnte, und Angela Merkel die erste Kanzlerin, die sich von einem Youtuber interviewen ließ. Ruhm ist teilbar, keine Frage. Ob Ruhm auf diesem Weg unbedingt vermehrbar ist, ist seit Montag keine Frage mehr. Er ist es nicht, nur die Aufmerksamkeit. Reicht vielleicht schon. Share economy, jetzt habe ich das verstanden.

Inzwischen gibt es erste Reaktionen auf Twitter und Facebook. In den vielen Kommentaren auf der Facebook-Seite von LeFloid fanden manche der Kommentatoren die Fragen an Merkel zu zahm, andere lobten die Seriosität des Fragestellers.

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PS: Schon haben weitere Youtuber Blut geleckt. Bianca Heinicke von „Bibi’s Beauty Palace“ mit sagenhaften 2,1 Millionen Abonnenten, will jetzt SPD-Chef Sigmar Gabriel interviewen. So ein Jungs-Mädchen-Ding, also Bibi und Sigi, im „Beauty“-Sprech unheimlich süß. Da können LeFloid und Angela nun wirklich nicht mit.

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