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Gleiches Recht gleich gleiche Pflicht?

© imago images/Everett Collection/imago stock | Bearbeitung: Tagesspiegel

Nach 66 Jahren „Gleichberechtigung“: Welche Frauenrechte müssen noch erkämpft werden?

Ein Meilenstein der bundesdeutschen Geschichte – Frauen waren laut einem Nachkriegsgesetz „berechtigt, erwerbstätig zu sein“. Die Männerdominanz in der Ehe endete damit nicht.

Von Caroline Fetscher

1 Der Traditionsbruch

Auf dem Weg zur Emanzipation erließ das Parlament ein neues Gesetz. Damit waren Frauen „berechtigt, erwerbstätig zu sein“. Das war purer Fortschritt. Im Juni 1957 entstand das „Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts“, im Juli 1958 trat es in Kraft. Es gilt als Meilenstein der bundesdeutschen Rechtsgeschichte.

Davor hatten Ehepaare „im Güterstand der Verwaltung und Nutznießung des Mannes“ gelebt. Er verfügte über Vermögen und Gehalt der Ehefrau, er konnte ihre Verträge kündigen, er entschied, ob sie arbeiten gehen durfte. Dazu war sie nun berechtigt, mit der noch bis 1977 geltenden Einschränkung: „soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist“. Und sie durfte sogar ein eigenes Konto eröffnen.

Hatten die Ehegatten etwa einen Möbelladen aufgebaut oder eine Bäckerei, stand der Frau ihr Anteil zu. Beide Eheleute waren verpflichtet, im Betrieb der oder des jeweils anderen mitzuarbeiten. Auch teilten sich beide nun die „elterliche Gewalt“, worunter noch das Ende 2000 abgeschaffte „Züchtigungsrecht“ fiel.

2 Das Erbe

Aus dem Kaiserreich und generell aus dem Patriarchat stammten Gesetze, die Frauen Rechte verwehrten. Erst in der Weimarer Republik, im November 1918, erhielten Frauen das aktive und passive Wahlrecht. Im Januar 1921 beschloss die wachsende NSDAP, dass Frauen keine leitenden Funktionen in der Partei haben konnten.

Nach der Machtübernahme 1933 sank der Frauenanteil im Reichstag auf kaum vier Prozent. Die NSDAP pries und belohnte zwar die Mutterrolle. Allerdings waren Frauen in Landwirtschaft, Industrie und Arbeitsdienst massenhaft tätig. NS-Verfolgte, ob männlich oder weiblich, waren rechtlos.

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Ab 1949 galt mit Artikel 3 der Verfassung der Bundesrepublik: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Durchgesetzt hatten das die vier Frauen, die neben 61 Männern in der verfassungsgebenden Versammlung saßen. 1952 legte das „Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter“ die Grundlage zum Mutterschutz. 1977 fiel die gesetzlich vorgeschriebene Verteilung der Aufgaben in der Ehe fort. Haushalt, Küche, Kinder – das war nicht mehr per se Sache der Frau. 

3 Die Hoffnung

Auf der Baustelle der Gleichberechtigung ist noch einiges zu tun. Bekannt ist der Gender-Pay-Gap, die ungleiche Bezahlung für vergleichbare Arbeit. Heftige aktuelle Debatten gelten der unbezahlten weiblichen Care-Arbeit in Haushalt und Pflege.

Vergewaltigung in der Ehe ist seit Juli 1997 strafbar, der Bundestag stimmte mit 470 zu 138 Stimmen dafür. Dagegen gestimmt hatten unter anderem Volker Kauder, Horst Seehofer und Friedrich Merz. Gewalt gegen Frauen geht zwar zurück, ist aber noch immer Realität. Etwa 100 Frauen im Jahr werden von Partnern oder Ex-Partnern getötet, täglich registriert die Polizei einen Tötungsversuch an einer Frau. Das Dunkelfeld ist dabei groß.

Laut einer aktuellen Studie der Vereinten Nationen halten sich Vorurteile im Bereich Gender weltweit zäh, insbesondere da, wo die Rolle von Frauen für die Gesellschaft wichtig ist, in der arabischen Welt zum Beispiel. Lichtblicke gibt es auch. Den stärksten Rückgang an Vorurteilen innerhalb eines Jahrzehnts verzeichnen Uruguay, Neuseeland, Singapur, Japan, und, ganz vorne, Deutschland.

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